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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: II R 63/06
Rechtsgebiete: GrEStG, BewG, BGB
Vorschriften:
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 1 | |
GrEStG § 8 Abs. 1 | |
GrEStG § 9 | |
GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 1 | |
GrEStG § 9 Abs. 2 Nr. 2 | |
GrEStG § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 | |
GrEStG § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 | |
BewG § 13 | |
BGB § 96 | |
BGB § 889 |
Gründe:
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einem bis zum 4. Juli 2009 laufenden Erbbaurecht belastet ist. Der jährliche Erbbauzins betrug zuletzt ... DM.
Mit Vertrag vom 20. September 2001 verkaufte die Erbbauberechtigte das Erbbaurecht an die Klägerin. Die Klägerin sollte in den Erbbauvertrag mit allen Rechten und Pflichten anstelle der bisherigen Erbbauberechtigten als neue Erbbaurechtsnehmerin eintreten. Zwischen den Vertragsbeteiligten bestand Einigkeit, dass wegen der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner der Erbbaurechtsvertrag hinfällig werde. Dies sollte jedoch nicht für den "dinglichen Inhalt" des Erbbaurechts gelten. Die Klägerin übernahm die in Abteilung II Nummer 1 und 2 des Erbbaugrundbuchs eingetragenen Belastungen, darunter den Erbbauzins.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 13. August 2002 für den Erwerb des Erbbaurechts Grunderwerbsteuer in Höhe von ... € fest. In die Bemessungsgrundlage bezog das FA dabei neben dem Kaufpreis auch den Kapitalwert des Erbbauzinses ein. Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen dessen Berücksichtigung wandte, blieben erfolglos.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Grunderwerbsteuer auf ... € festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung war aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Finanzgericht (FG) hat zu Unrecht angenommen, der Kapitalwert des Erbbauzinses gehöre zur Gegenleistung.
1. Ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Zur Gegenleistung gehören gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GrEStG die Belastungen, die auf dem Erbbaurecht ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen und es sich nicht um dauernde Lasten handelt (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG). Der Erbbauzins gilt nicht als dauernde Last (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GrEStG). Zur Gegenleistung gehört damit grundsätzlich auch der nach § 13 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu kapitalisierende Wert der Erbbauzinsverpflichtung (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Oktober 2002 II R 81/00, BFHE 200, 416, BStBl II 2003, 199; vom 5. Dezember 1979 II R 103/76, BStBl II 1980, 135; vom 21. Dezember 1977 II R 47/73, BFHE 124, 381, BStBl II 1978, 318), soweit sie nicht schon deswegen zur Gegenleistung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gehört, weil der Erwerber sie ausdrücklich übernommen hat (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 9 Rz 47; Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 9 Rz 269 und 587).
2. Etwas anderes gilt, wenn das Erbbaurecht durch den Eigentümer des Grundstücks, das mit dem Erbbaurecht belastet ist, erworben wird. Zwar geht die Erbbauzinsreallast auch in diesem Fall wie bei einem Erwerb durch einen Dritten kraft Gesetzes auf den Erwerber über, so dass § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GrEStG dem Wortlaut nach erfüllt ist. Ihr Ansatz bei der Bemessungsgrundlage ist jedoch unter Berücksichtigung des in § 8 Abs. 1 und § 9 GrEStG verwendeten Begriffs der "Gegenleistung" und nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Fiktion des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GrEStG nicht geboten. Zwar bleibt die als Reallast verdinglichte Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses in diesen Fällen bestehen und erlischt gemäß § 889 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht durch Konsolidation, d.h. durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit beim erwerbenden Grundstückseigentümer; in dessen Person entsteht vielmehr eine Eigentümerreallast (vgl. Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl., § 1105 Rz 3 und ErbbRVO, § 33 Rz 3). Diese stellt aber keine Belastung für den das Erbbaurecht erwerbenden Grundstückseigentümer dar, weil keine Leistungspflicht einer anderen Person gegenüber gegeben ist. Vielmehr steht der Eigentümerreallast das ebenfalls in der Person des Grundstückseigentümers fortbestehende Zinsstammrecht einschließlich des Rechts auf die noch nicht fälligen Einzelleistungen als Bestandteil des Grundstückseigentums nach § 96 BGB gegenüber (MünchKommBGB/von Oefele, 4. Aufl., ErbbauVO § 9 Rz 7). Auf den Erwerber des Erbbaurechts geht damit die Verpflichtung zu einer solchen Leistung über, auf die er in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer einen Anspruch hat. Damit fehlt dem Übergang der verdinglichten Verpflichtung zur Zahlung des Erbbaurechts auf den Grundstückseigentümer der Charakter einer Gegenleistung für den Erwerb des Erbbaurechts.
Die Vorentscheidung entspricht nicht den vorgenannten Grundsätzen. Sie war daher aufzuheben.
3. Die Sache ist spruchreif. Der Erbbauzins als Reallast ist von Gesetzes wegen auf die Klägerin übergegangen. Da die Klägerin jedoch das Erbbaurecht als Grundstückseigentümerin erworben hat, gehört der Erbbauzins im Streitfall nicht gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 Sätze 1 und 3 GrEStG zur Gegenleistung. Der Steuerbescheid vom 13. August 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2003 ist daher zu ändern und die Steuer ohne Berücksichtigung des Kapitalwerts des Erbbauzinses festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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