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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 31.03.2004
Aktenzeichen: II R 67/01
Rechtsgebiete: BewG, EStG


Vorschriften:

BewG § 68
BewG § 91
BewG § 92 Abs. 5
BewG § 95 Abs. 1
BewG § 95 Abs. 1 Satz 1
BewG § 99
BewG § 99 Abs. 1 Nr. 1
BewG § 109 Abs. 1
BewG § 124 Abs. 1
EStG § 15 Abs. 1
EStG § 15 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, war zum Stichtag 1. Januar 1993 zusammen mit einer Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH Gesellschafterin einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zum Vermögen der GbR gehörte ein unbebautes Grundstück in B, für das Planungskosten (Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs, Architektenauftrag, Baugenehmigung etc.) zur Vorbereitung der Bebauung in Höhe von XX DM angefallen waren. Sie sind in der Steuerbilanz der GbR zum 31. Dezember 1992 als Gebäudeherstellungskosten aktiviert worden. Das Grundstück ist später unbebaut veräußert worden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat mit Änderungsbescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens vom ... den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1993 auf XXX DM festgestellt; darin sind das unbebaute Grundstück mit seinem Einheitswert und die Planungskosten mit XX DM enthalten.

Die Klägerin hat als Gesellschafterin Einspruch und Klage eingelegt und vorgetragen, die Planungskosten seien nicht eigenständig im Einheitswert des Betriebsvermögens zu erfassen, weil sie als Gebäudeherstellungskosten nur über den Einheitswert des Grundstücks in den Einheitswert für das Betriebsvermögen eingehen könnten. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 70 veröffentlicht.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1993 vom 12. Juli 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. November 1997 dahin zu ändern, dass der Einheitswert des Betriebsvermögens um XX DM vermindert wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1992 als Herstellungskosten aktivierten Planungskosten beim Einheitswert für das Betriebsvermögen auf den 1. Januar 1993 gemäß §§ 95 Abs. 1, 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) --BewG-- zu berücksichtigen sind.

1. Gemäß § 95 Abs. 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen bewertungsrechtlich "alle Teile eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören; § 92 Abs. 5 und § 99 bleiben unberührt". Diese Fassung des Gesetzes ist gemäß § 124 Abs. 1 BewG erstmals zum 1. Januar 1993, also auf den Streitfall anzuwenden. Danach richtet sich der Umfang des Betriebsvermögens für Zwecke der Einheitsbewertung für die Stichtage vom 1. Januar 1993 bis 1. Januar 1997 weitgehend danach, was ertragsteuerrechtlich dem Betriebsvermögen zugerechnet wird (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Januar 1999 II B 7/98, BFHE 187, 332, BStBl II 1999, 206). Bei bilanzierenden Gewerbetreibenden sind für den Ansatz der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung die Steuerbilanzansätze dem Grunde und der Höhe nach (§ 109 Abs. 1, § 109a BewG) maßgebend. Es besteht, soweit das Gesetz nicht etwas anderes vorsieht, Bestands- und Wertidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung (BFH-Urteil vom 16. Juni 1999 II R 24/98, BFH/NV 2000, 10).

Soweit das Gesetz für Zwecke der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens die Maßgeblichkeit der "Steuerbilanzwerte" anordnet, sind damit diejenigen Werte gemeint, die sich aus der "Steuerbilanz", d.h. derjenigen Bilanz ergeben, die der (Ertrags-)Besteuerung bzw. der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung durch das FA zugrunde gelegen hat. Die Bindung an die Steuerbilanz ist eine rein formale und erfolgt unabhängig davon, ob die Bilanzansätze nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zutreffend sind. Kommt es für ertragsteuerrechtliche Zwecke zu einer Bilanzberichtigung oder -änderung, erstreckt sich die Maßgeblichkeit auf die berichtigten Steuerbilanzwerte. Im Rahmen der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens für Stichtage ab dem 1. Januar 1993 findet demnach, soweit eine Steuerbilanz vorliegt, keine eigenständige (bewertungsrechtliche) Prüfung statt, ob ein Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und damit (ertragsteuerrechtlich) Betriebsvermögen vorliegt und mit welchem Wert dieses anzusetzen ist (BFH-Urteil vom 25. Oktober 2000 II R 58/98, BFHE 194, 238, BStBl II 2001, 363, m.w.N.).

Bewertungsrechtlich erfasst dabei der Begriff des Betriebsvermögens (§ 95 BewG) nicht nur Wirtschaftsgüter, worauf der ursprüngliche Wortlaut von § 109 Abs. 1 BewG schließen lassen könnte, sondern auch die sonstigen aktiven und passiven Ansätze in der Steuerbilanz, wie durch § 109 Abs. 1 BewG i.d.F. des Art. 9 Nr. 6 des Gesetzes vom 13. September 1993 (BGBl I 1569, Standortsicherungsgesetz --StandOG--) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 klargestellt worden ist (§ 124 Abs. 7 BewG; vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses BTDrucks 12/5016, S. 106).

2. Die Planungskosten sind in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1992 als Herstellungskosten aktiviert worden. Darauf, ob dies ertragsteuerrechtlich zutreffend ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 23. November 1978 IV R 20/75, BStBl II 1979, 143, im Anschluss an BFH-Beschluss vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620), kommt es wegen der rein formalen Bindung der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens an die Steuerbilanz nicht an. Ebenso kann deswegen die im Verfahren aufgeworfene Frage, ob durch die Planungsaufwendungen ein immaterielles Wirtschaftsgut entstanden, aber mangels entgeltlichen Erwerbs nicht bilanzierbar sei, dahinstehen. Denn die Bindung an die Steuerbilanz erfolgt unabhängig davon, ob die Bilanzansätze nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zutreffend sind. Infolgedessen sind die Planungskosten ohne weiteres als (sonstiger) aktiver Ansatz in den Einheitswert für das Betriebsvermögen auf den 1. Januar 1993 zu übernehmen (§ 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 BewG).

3. Dieses Ergebnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach die "nahezu vollständige Übernahme der Steuerbilanzwerte in die Vermögensaufstellung" beabsichtigt war (Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1992, BTDrucks 12/1108, S. 72), und dies nicht nur für Wirtschaftsgüter im engeren Sinne, sondern auch für Schulden und sonstige aktive und passive Ansätze (Art. 9 Nr. 6 StandOG; vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses BTDrucks 12/5016, S. 106).

Die Rechtsauffassung der Klägerin, dass Planungskosten (Herstellungskosten) das Schicksal des herzustellenden Gebäudes bewertungsrechtlich auch dann teilen sollen, wenn mit dem Bau des Gebäudes noch nicht begonnen ist und ein Einheitswert nach § 91 BewG und mit ihm die Planungskosten daher noch nicht anzusetzen sind, verkennt zum einen, dass solche Planungskosten im Streitfall einem Betriebsgrundstück nicht zugerechnet werden können. Zu den Betriebsgrundstücken zählt gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG das in § 68 BewG umschriebene Grundvermögen; das sind insbesondere der Grund und Boden sowie die Gebäude (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Der Wert eines unbebauten Grundstücks § 72 BewG), wie es im Streitfall vorliegt, kann begrifflich Planungskosten für ein Gebäude nicht enthalten. Ein bebautes Grundstück (§ 74 BewG) oder ein Grundstück im Zustand der Bebauung (§ 91 BewG) liegen im Streitfall nicht vor. Zum anderen überdehnte die Rechtsauffassung der Klägerin den in § 95 Abs. 1 Satz 1 BewG enthaltenen Vorbehalt für Betriebsgrundstücke (§ 99 BewG). Dieser greift nur, soweit ein Einheitswert für Betriebsgrundstücke anzusetzen ist. Ist ein solcher --wie im Streitfall-- nicht anzusetzen, bleibt es bei dem in § 95 Abs. 1 Satz 1 BewG angeordneten Grundsatz der Bestands- und Wertidentität zwischen Steuerbilanz und Vermögensaufstellung. Gemessen an diesem Grundsatz stellt sich die Rechtsauffassung der Klägerin als teleologische Reduktion dar, die angesichts des Wortlautes und der mit dem Gesetz verfolgten Absicht nicht veranlasst ist.

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