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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.08.2008
Aktenzeichen: II R 7/07
Rechtsgebiete: ErbStG, BewG, BGB


Vorschriften:

ErbStG § 12 Abs. 1
ErbStG § 12 Abs. 3
ErbStG § 13a
BewG § 9
BewG § 138
BGB § 2174

Entscheidung wurde am 17.09.2008 korrigiert: unter II. B. S. 4 muß es statt "vorstehenden Ausführungen unter B. Übernahme-" richtig "vorstehenden Ausführungen unter A. Übernahme-" heißen
1. Erwerbsgegenstand eines Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnisses ist die aufschiebend bedingte Forderung des Vermächtnisnehmers gemäß § 2174 BGB gegen den Beschwerten (Aufgabe der Rechtsprechung vom Gestaltungsrecht als Erwerbsgegenstand).

2. Die Forderung aus Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnissen ist nicht mit dem Steuerwert des vermachten Gegenstandes zu bewerten, sondern mit dem gemeinen Wert.

3. Ist gemäß § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen vermacht, stehen dem Vermächtnisnehmer die dort vorgesehenen Vergünstigungen auch bei einem Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnis zu.


Gründe:

I.

Der im November 1997 verstorbene Landwirt und Hofeigentümer B hinterließ seine 67 Jahre alte Ehefrau und vier Söhne. Durch Erbvertrag zwischen den Eheleuten vom 21. März 1983 in der geänderten Fassung vom 7. Mai 1991 waren die Söhne zu je 1/4 als Erben eingesetzt. Zugunsten der Ehefrau waren eine Reihe von Vermächtnissen angeordnet, und zwar u.a. eine wertgesicherte lebenslängliche Rente, die sich im Todeszeitpunkt des B auf monatlich 1 360 DM belief, und ein Wohnrecht auf dem Hof. Hinsichtlich des Hofes hatte B dem erstgeborenen Sohn, nämlich dem Kläger, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger), ein Übernahmerecht unter der Voraussetzung eingeräumt, zur eigenen Bewirtschaftung des Betriebes bereit zu sein. Das Übernahmerecht war innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall auszuüben. Geschah dies nicht, stand das Recht einem anderen Sohn zu. Der übernehmende Sohn hatte die Rentenlast bezüglich der der Ehefrau vermachten Rente zu tragen und das Wohnrecht gegen sich gelten zu lassen. Der Kläger machte von seinem Übernahmerecht Gebrauch.

Der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitzwert des Hofes ist durch Bescheid vom 10. Oktober 2001 zum Todeszeitpunkt des B einheitlich und gesondert auf 415 000 DM festgestellt worden. Davon entfielen 116 626 DM auf den Betriebsteil und 299 200 DM auf den Wohnteil.

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ist der Ansicht, das dem Kläger vermächtnisweise eingeräumte Übernahmerecht sei entsprechend den Grundsätzen, die der Bundesfinanzhof (BFH) zum Kaufrechtsvermächtnis entwickelt habe, mit dem gemeinen Wert zu bewerten und verweigerte ihm außerdem die Steuervergünstigungen des § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Auf dieser Grundlage setzte er die Erbschaftsteuer gegen den Kläger zunächst durch Bescheid vom Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom Dezember 2004 fest. Während des anschließenden Klageverfahrens, in dem sich die Beteiligten darauf verständigt hatten, der gemeine Wert des Hofes betrage 3 736 300 DM, wovon 300 000 DM auf den Wohnteil entfielen, erließ das FA am 4. April 2006 einen Änderungsbescheid, durch den es die Steuer bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 2 505 900 DM auf 476 121 DM festsetzte und einen Teilbetrag von 44 574 DM wegen des Renten- und des Wohnrechts der Ehefrau stundete.

Die Klage, mit der der Kläger eine Bewertung seines Übernahmerechts mit dem land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwert und die Gewährung der Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG verlangt hatte, war nur im zweiten Streitpunkt erfolgreich. Außerdem korrigierte das Finanzgericht (FG) den Reinnachlass um die vom FA bislang nicht berücksichtigten sonstigen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Es gelangte auf diese Weise bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 1 157 100 DM zu einer Steuer von 219 849 DM, von der es einen Teilbetrag in Höhe von 48 199 DM stundete. Der Hof war dabei dem Kläger zu 1/4 des Grundbesitzwerts als Erben und zu 3/4 des gemeinen Werts als Vermächtnisnehmer zugerechnet. Zur Berechnung des begünstigten Vermögens i.S. des § 13a ErbStG in Höhe von 2 606 382 DM hatte das FG 1/4 des Betriebswerts und 3/4 des um den Wohnteil bereinigten gemeinen Werts des Hofes angesetzt. Die Bewertung des Übernahmerechts mit dem gemeinen Wert des Hofes begründete das FG damit, dass anders als beim reinen Sachvermächtnis Erwerbsgegenstand ein vom Kläger nach dem Erbfall noch eigens auszuübendes Gestaltungsrecht sei. Für die Anwendung des § 13a ErbStG komme dieser Besonderheit aber nach dem Sinn und Zweck der Begünstigungsnorm keine Bedeutung zu.

Gegen das Urteil des FG haben beide Beteiligten Revision eingelegt. Der Kläger rügt fehlerhafte Anwendung des § 12 Abs. 1 und 3 ErbStG i.V.m. den §§ 9 und 138 Abs. 3 und 5 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes in der beim Tod des B geltenden Fassung (BewG). Seiner Ansicht nach sei das Übernahmerecht mit dem land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwert zu bewerten. Außerdem verlangt er, ihm den Hof als Erben nicht mit 1/4, sondern nur mit 1/8 zuzurechnen, wie es in dem Feststellungsbescheid vom 10. Oktober 2001 --wenn auch fälschlich-- geschehen sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Änderungsbescheid vom 4. April 2006 dahin zu ändern, dass die Erbschaftsteuer auf 0 € festgesetzt wird.

Das FA ist der Revision entgegengetreten und rügt mit seiner Revision fehlerhafte Anwendung des § 13a ErbStG. Es meint, da Gegenstand des Übernahmevermächtnisses weder eine Sache noch ein Sachleistungsanspruch sei, habe der Kläger kein begünstigtes Vermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 2 ErbStG erworben.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist der Revision des FA entgegengetreten.

II.

Die Revisionen sind unbegründet; sie waren daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sowohl die Bewertung des vermächtnisweisen Erwerbs des Klägers mit dem gemeinen Wert als auch die Gewährung der Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG ist rechtens. Der nachgelassene Hof ist dem Kläger auch zu Recht zu 1/4 als Erbe zugerechnet worden.

A. Revision des Klägers

1. Hat der Erblasser einem von mehreren Erben das Recht eingeräumt, einen Gegenstand oder Vermögen, das eine wirtschaftliche Einheit bildet, aus dem Nachlass mit oder ohne Gegenleistung zu übernehmen, liegt dann, wenn der Erblasser dem Übernahmeberechtigten durch das Übernahmerecht einen Vermögensvorteil gegenüber den anderen Miterben zuwenden wollte, ein Vorausvermächtnis i.S. des § 2150 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 8. November 1961 V ZR 31/60, BGHZ 36, 115). Gegenstand derartiger (Voraus-)Vermächtnisse ist nach der Rechtsprechung des BFH zu den Kaufrechtsvermächtnissen ein durch den Erbfall begründetes Gestaltungsrecht, den Gegenstand oder die wirtschaftliche Einheit zu übernehmen (Urteile vom 16. März 1977 II R 11/69, BFHE 121, 519, BStBl II 1977, 640; vom 6. Juni 2001 II R 76/99, BFHE 195, 415, BStBl II 2001, 605, sowie vom 1. August 2001 II R 47/00, BFH/NV 2002, 788).

2. Diese Rechtsprechung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen. Die Annahme eines Gestaltungsrechts sei zivilrechtlich verfehlt und widerspreche § 2174 BGB, wonach Gegenstand eines Vermächtnisses stets nur eine Forderung sein könne (so Meincke in Festschrift für Walter Jagenburg 2002, S. 579; Daragan in Der Betrieb 2004, 2389). Die Kritik ist berechtigt. Zwar ist auch in der Rechtsprechung der Zivilgerichte (so BGH in BGHZ 36, 115) und in der Literatur (so Böhmer in Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1949, 287) im Zusammenhang mit derartigen, letztwillig verfügten Übernahmerechten wiederholt von Gestaltungsrechten die Rede; jedoch hat bereits der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 22. September 1948 II ZS 3/48 (MDR 1949, 287) erkannt, ein solches Übernahmerecht sei auf Leistung des Grundstücks und nicht etwa nur auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages gerichtet. Die Ausübung des Übernahmerechts bezwecke lediglich die Erfüllung der dem Vermächtnisnehmer auferlegten Bedingung und begründe damit nur dessen Verpflichtung, die Gegenleistung zu erbringen. Die Verpflichtung der Miterben zur Erfüllung der vermachten Forderung ergebe sich dagegen bereits aus der letztwilligen Verfügung.

Im selben Sinne heißt es im Urteil des BGH vom 27. Juni 2001 IV ZR 120/00 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2001, 2883), der Erblasser könne die Leistungspflicht des Beschwerten --also etwa der Miterben-- auch einschränken, indem der Bedachte den Anspruch aus dem Vermächtnis nur durchsetzen könne, wenn er sich zur Übernahme einer Gegenleistung entschließe. Der Bedachte könne dann den Anspruch aus dem Vermächtnis nur geltend machen, wenn er die in der letztwilligen Verfügung vorgesehene Gegenleistung anbiete.

Besonders deutlich sind die Ausführungen des BGH bereits in dem Urteil vom 30. September 1959 V ZR 66/58, und zwar in den Teilen, die in der amtlichen Sammlung BGHZ 31, 13 nicht, aber in NJW 1959, 2252 abgedruckt sind. Danach ist Rechtsgrund der Übereignungspflicht der Beschwerten die Verfügung von Todes wegen und Rechtsgrund der Zahlungspflicht die Verpflichtungserklärung des Vermächtnisnehmers. Werde aber --so der BGH-- der Übereignungsanspruch bereits durch die letztwillige Verfügung (ohne Zwischenschaltung eines Kaufvertrages) begründet, so seien die vermachten Gegenstände selbst und nicht nur das (zur Erfüllung der Bedingung auszuübende) Gestaltungsrecht Gegenstand des Vermächtnisses. Denn das Wesen des Vermächtnisses bestehe gemäß § 2174 BGB in nichts anderem als in der Begründung eines schuldrechtlichen Anspruchs des Bedachten auf Leistung des vermachten Gegenstandes, wobei eine Bedingung nicht entgegenstehe (vgl. § 2177 BGB).

3. Von diesen Grundsätzen ist auch für die Erbschaftsteuer auszugehen, und zwar mit der Maßgabe, dass ein Gestaltungsrecht jedenfalls als maßgeblicher Erwerbsgegenstand ausscheidet. Festzuhalten ist dagegen für Zwecke der Erbschaftsteuer trotz der anderslautenden Formulierung des BGH in dem Urteil in NJW 1959, 2252, dass --wie bei einem reinen Sachvermächtnis-- auch bei Übernahme- bzw. Kaufrechtsvermächtnissen, die auf Grundstücke gerichtet sind, nicht diese Grundstücke, sondern die Forderungen i.S. des § 2174 BGB auf Übertragung der Grundstücke den zu bewertenden Erwerbsgegenstand bilden.

4. Unter dem Gesichtspunkt der Bewertung derartiger auf Grundstücke gerichteter Forderungen aus Übernahme- bzw. Kaufrechtsvermächtnissen ändert sich damit zunächst gegenüber der bisherigen steuerrechtlichen Beurteilung nichts, sofern es dabei bleibt, dass diese Forderungen als Sachleistungsansprüche gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind (vgl. dazu BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 68/95, BFHE 183, 248, BStBl II 1997, 820, m.w.N.). Sollte allerdings die geänderte Auffassung zum Erwerbsgegenstand bei Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnissen dazu führen, dass sie für Zwecke der Bewertung den reinen Sachvermächtnissen gleichzustellen sind, ergäbe sich die Frage, ob die für die Bewertung von Ansprüchen aus Sachvermächtnissen in der Vergangenheit gemachte Ausnahme, wonach diese Ansprüche mit dem Steuerwert der vermachten Sache zu bewerten sind (dazu BFH-Urteile vom 25. Oktober 1995 II R 5/92, BFHE 179, 148, BStBl II 1996, 97, unter II. 1. a, sowie vom 15. März 2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588, unter II. 2. a), auf die Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnisse zu erstrecken ist.

Eine derartige Gleichstellung liegt allerdings nur bei den Übernahmevermächtnissen nahe, bei denen die Wahrnehmung der Rechte aus dem Vermächtnis nicht mit der Verpflichtung verbunden ist, eine Gegenleistung zu erbringen. Sie liegt dagegen ferner bei den Kaufrechtsvermächtnissen, weil sich hierbei zwei Rechtsverhältnisse überlagern, die zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen geführt haben. Da ist zunächst das mit jedem Vermächtnis verbundene Gegenüber von Sachleistungsanspruch und Sachleistungsverpflichtung; dazu kommt aber eine über die aufschiebende Bedingung der Ausübung des Ankaufsrechts bewirkte Verknüpfung des Sachleistungsanspruchs mit einer Verpflichtung, dem Beschwerten eine Gegenleistung --in welcher Höhe auch immer-- zu erbringen. Aus Ersterem ist im Hinblick auf die Tatsache, dass der Beschwerte zugleich Erwerber der Sache geworden ist, die Notwendigkeit abgeleitet worden, Sachleistungsansprüche und -verpflichtungen ausnahmsweise mit dem Steuerwert der Sache zu bewerten, während anhand der Rechtsverhältnisse aus gegenseitigen Verträgen der Grundsatz entwickelt worden ist, Ansprüche und Verpflichtungen mit dem gemeinen Wert zu bewerten.

Welchem der Rechtsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen bewertungsmäßigen Gleichstellung der Kaufrechtsvermächtnisse mit den reinen Sachvermächtnissen der Vorzug zu geben wäre, kann jedoch auf sich beruhen. Der erkennende Senat hat bereits mit Entscheidung vom 2. Juli 2004 II R 9/02 (BFHE 207, 42, BStBl II 2004, 1039, unter II. 2. b) Zweifel daran angedeutet, ob an der Ausnahme für die Bewertung von Ansprüchen und Verpflichtungen aus Sachvermächtnissen bei Erwerbsvorgängen nach 1995 unter der Geltung des § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. den §§ 138 ff. BewG über die Bewertung von Grundbesitz noch festzuhalten ist. Die Zweifel wurden damit begründet, dass die gemäß § 138 Abs. 5 BewG gesondert festzustellenden Grundbesitzwerte i.S. der Abs. 2 und 3 der Vorschrift anders als die bisherigen und für die Grundsteuer noch fortgeltenden Einheitswerte nicht mehr auf einen (typisierten) gemeinen Wert gerichtet (vgl. zu den Einheitswerten: BFH-Urteil vom 3. Juli 1981 III R 53/79, BFHE 134, 41, BStBl II 1981, 761, unter 2. d), sondern typisierende Werte sind, die ausdrücklich von den jeweiligen gemeinen Werten abweichen sollen. Als solche stellen sie in den Fällen, in denen sie tatsächlich die gemeinen Werte unterschreiten, bewusste Begünstigungen dar, die einer teilweisen Steuerbefreiung gleichkommen. Von daher erschien es dem Senat nicht ausgeschlossen, bei den Erben die vermächtnisweise Verpflichtung zur Herausgabe des Grundstücks als eine mit diesem wirtschaftlich zusammenhängende Last anzusehen, die gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG nur mit dem Betrag abzugsfähig ist, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht. Dadurch würden sich die Ansätze für das Grundstück und die Sachleistungsverpflichtung bei den Erben ohnehin vollständig ausgleichen, so dass auf Seiten des Vermächtnisnehmers kein Grund mehr bestünde, den Sachleistungsanspruch ausnahmsweise anders zu bewerten als mit dem gemeinen Wert.

5. Mit Urteil vom 9. April 2008 II R 24/06 (BFH/NV 2008, 1379) hat der Senat allerdings entschieden, aus Gründen des Vertrauensschutzes für die Dauer der Fortgeltung des ErbStG in allen seinen Fassungen, die es bis zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 1 BvL 10/02 (BVerfGE 117, 1) erfahren hat, von einer Änderung seiner Rechtsprechung zu den Sachvermächtnissen abzusehen. Einen derartigen Vertrauensschutz kann es aber weder bei den Kaufrechtsvermächtnissen noch bei den Übernahmevermächtnissen geben, weil bislang auf Seiten der Vermächtnisnehmer keine Bewertung mit dem Steuerwert der Sache, sondern wegen der Annahme eines Gestaltungsrechts als Erwerbsgegenstand eine Bewertung mit dem gemeinen Wert --also mit dem Verkehrswert der Sache-- erfolgte bzw. (bei einem Übernahmevermächtnis) hätte erfolgen müssen. Bei Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnissen ist vielmehr aus den Gründen, wie sie sich aus dem oben zitierten BFH-Urteil in BFHE 207, 42, BStBl II 2004, 1039 ergeben, der Sachleistungsanspruch des Vermächtnisnehmers mit dem gemeinen Wert zu bewerten.

6. Dies gilt sowohl für Vermächtnisse, die die Übernahme bzw. den Ankauf von wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und Betriebsgrundstücke betreffen, als auch für solche, die sich auf wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens beziehen, obwohl § 138 Abs. 2 BewG im Gegensatz zu Abs. 3 der Vorschrift den Zusatz "abweichend von § 9 BewG" nicht enthält. Wenn schon die Typisierung beim Grundvermögen und bei den Betriebsgrundstücken erklärtermaßen nicht am Ziel eines gemeinen Werts ausgerichtet ist, muss dies erst recht für land- und forstwirtschaftliches Vermögen gelten, bei dem die Abweichung vom gemeinen Wert regelmäßig noch größer ausfällt.

Auch die Streichung des Zusatzes "abweichend von § 9 BewG" in § 138 Abs. 3 BewG durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) führt zu keiner anderen Beurteilung --schon gar nicht rückwirkend auf den im Streitfall maßgeblichen Bewertungsstichtag--. Sie vermag an der einmal erfolgten Ausrichtung der Typisierung nichts zu ändern, vermeidet lediglich deren weitere Offenlegung und ist auch nicht geeignet, etwa als Fiktion Rechtswirkung zu entfalten.

7. Damit ist die Revision des Klägers insoweit unbegründet, als er eine Bewertung seines vermächtnisweise erworbenen Sachleistungsanspruchs mit dem Steuerwert (Grundbesitzwert) des Hofes verlangt. Dabei kann auf sich beruhen, ob das ihn begünstigende Vermächtnis ein Übernahme- oder ein Kaufrechtsvermächtnis war. Die von ihm zu übernehmenden Verpflichtungen zur Zahlung einer Leibrente an die Mutter und die Belastung mit dem Wohnrecht der Mutter sprechen allerdings für ein Kaufrechtsvermächtnis. Eine Teilungsanordnung scheidet aus, da B dem übernehmenden Sohn allein schon wegen des Wertverhältnisses zwischen dem Hof und dem übrigen Nachlassvermögen einen erheblichen Vermögensvorteil gegenüber seinen Geschwistern hat zuwenden wollen. Die Revision des Klägers ist auch in dem Streitpunkt, zu welchem Anteil ihm der Hof als Erbe --und damit zusammenhängend als Vermächtnisnehmer-- zuzurechnen ist, unbegründet. Das FA war bei Festsetzung der Erbschaftsteuer zwar an den gesondert und einheitlich festgestellten Grundbesitzwert gebunden (§ 182 Abs. 1 der Abgabenordnung), nicht aber an dessen Zuordnung auf die einzelnen Miterben. Wie der Senat bereits im Urteil vom 29. November 2006 II R 42/05 (BFHE 215, 529, BStBl II 2007, 319) entschieden hat, kommt der Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit nach § 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BewG keine Bindungswirkung für den (Erbschaftsteuer-)Folgebescheid zu. Das FA brauchte daher die fehlerhafte Zuordnung des Hofes auf die vier Söhne des Erblassers in dem Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert zu 1/8 nicht zu übernehmen und konnte stattdessen die zutreffende Erbquote zugrunde legen.

B. Revision des FA

Auch die Revision des FA ist unbegründet. § 13a ErbStG ist auch auf den Erwerb begünstigten Vermögens im Wege eines Sachvermächtnisses anwendbar, wie sich daraus ergibt, dass nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift allgemein der Erwerb solchen Vermögens von Todes wegen begünstigt ist (so auch Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 13a Rz 6 a; Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 13a Rz 48/49). Dass der Vermächtnisnehmer zunächst nur einen Anspruch auf die vermachte Sache gegen den mit dem Vermächtnis Beschwerten erwirbt und nicht unmittelbar vom Erblasser die Sache selbst, ist dabei unschädlich. Nachdem gemäß den vorstehenden Ausführungen unter A. Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnisse im Hinblick auf den Bewertungsgegenstand dem reinen Sachvermächtnis gleichen, stehen auch dem mit einem Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnis Bedachten die Begünstigungen des § 13a ErbStG zu. Soweit nach R 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 die Anwendung des § 13a ErbStG auf reine Sachvermächtnisse beschränkt sein soll, ist dies zu eng.

Ende der Entscheidung

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