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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 30.09.1998
Aktenzeichen: II R 76/96
Rechtsgebiete: GrEStG 1983


Vorschriften:

GrEStG 1983 § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Satz 1
GrEStG 1983 § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 20. Dezember 1989 von ihrer Tochtergesellschaft (T) ein Grundstück. T hatte das Grundstück im Jahre 1988 von der Stadt S (Stadt) für ca. 18 Mio. DM erworben. In dem Vertrag verpflichtete sich die T, das Grundstück nach dem Ergebnis eines Architektenwettbewerbs zeitgebunden zu bebauen und mit der Nutzung des Gebäudes 480 Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Am 21. Juni 1989 schloß die T mit der A-GmbH (GmbH) einen Generalunternehmervertrag über die Errichtung eines Gebäudes auf dem erworbenen Grundstück. Es wurde ein Pauschalfestpreis vereinbart (ca. 62,5 Mio. DM). Hinzukommen sollten im einzelnen noch nicht berechenbare Leistungen in Höhe von höchstens ca. 11,3 Mio. DM.

Nachdem mit der Errichtung des Bauwerks bereits begonnen worden war, sollte aufgrund einer Meinungsänderung innerhalb des Konzerns der Klägerin nunmehr nicht die T, sondern --wie bereits ursprünglich einmal erwogen-- die Klägerin Bauherrin werden. Auf diese wurde deshalb durch den Vertrag vom 20. Dezember 1989 das Grundstück mit dem bereits begonnenen Bauvorhaben übertragen. Bis zum Abschluß dieses Vertrages waren der T knapp 7 Mio. DM Planungs-, Bauvorbereitungs- und Baukosten für das Projekt entstanden. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 24 652 545 DM vereinbart. Der Betrag sollte am 22. Dezember 1989 fällig sein. In dem Kaufpreis waren die bis zu diesem Tag angefallenen Planungs-, Bauvorbereitungs- und Baukosten berücksichtigt. Das Grundstück sollte mit dem Tag der Kaufpreiszahlung übergeben werden. In dem Vertrag heißt es in § 6 Abs. 3 Satz 2 wörtlich wie folgt:

"Soweit zum Verrechnungstag erbrachte Leistungen noch nicht bezahlt oder Leistungen noch nicht erbracht sind, tritt der Käufer in die entsprechenden Vereinbarungen, die dem Käufer bekannt sind, unter Freistellung des Verkäufers ein."

Die Klägerin übernahm in dem Vertrag die von der T gegenüber der Stadt eingegangenen Verpflichtungen hinsichtlich der fristgerechten Fertigstellung des Gebäudes entsprechend den Ergebnissen des Architektenwettbewerbs.

Nach dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags informierte die T die GmbH über die Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin. Auf Veranlassung der T unterbreitete die GmbH der Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 1989 das Angebot, anstelle der T in den Generalunternehmervertrag hinsichtlich der Errichtung des Gebäudekomplexes unter gleichzeitiger Entlassung der T aus diesem Vertrag einzutreten. Die Klägerin und die T nahmen dieses Angebot am 25. Januar 1990 an.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte durch Bescheid vom 28. Februar 1990 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst Grunderwerbsteuer nach einer Gegenleistung von 24 652 545 DM gegen die Klägerin fest. Durch Änderungsbescheid vom 22. Juni 1990 erhöhte das FA die Grunderwerbsteuer auf 1 828 486 DM. Als Bemessungsgrundlage sah das FA nunmehr den Kaufpreis für das Grundstück (24 652 545 DM) sowie die übernommenen Verbindlichkeiten aus dem Werkvertrag über die Errichtung des Gebäudes (66 771 765 DM) an. Während des Einspruchsverfahrens setzte das FA durch weiteren Änderungsbescheid vom 22. November 1990 die Steuer auf 1 799 554 DM herab. Damit berücksichtigte es eine Minderung des Kaufpreises und die Tatsache, daß (nicht der Grunderwerbsteuer unterliegendes) Inventar mitveräußert worden war.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 8. November 1994 änderte das FA erneut den Grunderwerbsteuerbescheid und setzte die Grunderwerbsteuer nunmehr --ankündigungsgemäß-- auf 1 890 692 DM fest. Im übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der dagegen gerichteten Klage wurde geltend gemacht, das FA habe zu Unrecht auch die außerhalb des eigentlichen Grundstückskaufvertrags begründeten Verpflichtungen der Klägerin gegenüber der GmbH in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mit einbezogen. Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei das Grundstück in dem Zustand gewesen, den es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags gehabt habe.

Das Finanzgericht (FG) hat mit seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 120 abgedruckten Entscheidung der Klage stattgegeben und antragsgemäß unter Änderung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Grunderwerbsteuer auf 463 617 DM herabgesetzt. Die Aufwendungen der Klägerin für das Gebäude, soweit sie nicht in dem im Kaufvertrag vom 20. Dezember 1989 vereinbarten Grundstückskaufpreis enthalten seien, gehörten nicht zur Gegenleistung i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983).

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Gerügt wird die Verletzung von §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet. Zutreffend hat das FG unter Änderung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Grunderwerbsteuer dem Klageantrag entsprechend herabgesetzt.

Die Auffassung des FG, daß im Streitfall Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in dem tatsächlichen Zustand ist, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags befand (Zustand der Bebauung) und dementsprechend in die Bemessungsgrundlage i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 nur die Leistungen der Klägerin einzubeziehen sind, die sich auf das Grundstück in diesem Zustand beziehen, ist rechtsfehlerfrei. Sie entspricht der Rechtsauffassung, die der Senat in seinem gegenüber den Beteiligten ergangenen Beschluß vom 2. September 1993 II B 71/93 über die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Grunderwerbsteuerfestsetzung (BFHE 172, 534, BStBl II 1994, 48; vgl. auch Senatsurteil vom 17. September 1997 II R 24/95, BFHE 183, 265, BStBl II 1997, 776) vertreten hat. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest.

Gegenstand des Erwerbsvorgangs könnte im Streitfall das Grundstück mit noch fertig zu errichtendem Gebäude allenfalls dann sein, wenn zwischen dem der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 unterliegenden Grundstückskaufvertrag vom 20. Dezember 1989 und dem Generalunternehmervertrag mit der GmbH ein objektiv sachlicher Zusammenhang bestünde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es fehlt insoweit an einem zielgerichteten Zusammenwirken zwischen T und der Generalunternehmerin (GmbH), welches darauf gerichtet war, daß die Klägerin das Grundstück in fertig bebautem Zustand erhält. Verpflichtet sich der Erwerber eines im Zustand der Bebauung befindlichen Grundstücks gegenüber dem Grundstücksverkäufer, an dessen Stelle in einen bestehenden Vertrag mit einem Dritten über die Errichtung bzw. Fertigstellung des Bauvorhabens einzutreten, kann daraus nicht --jedenfalls nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände-- der Schluß gezogen werden, der Grundstücksverkäufer und der Dritte hätten in Abstimmung untereinander darauf hingewirkt, dem Erwerber ein Grundstück in fertig bebautem Zustand zu verschaffen. Im Streitfall hat das FG ausdrücklich festgestellt, daß derartige Umstände, die auf ein abgestimmtes Verhalten der T und der GmbH schließen lassen, nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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