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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.12.2007
Aktenzeichen: II S 11/07 (1)
Rechtsgebiete: BauNVO


Vorschriften:

BauNVO § 20 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Anhörungsrüge ist unbegründet.

Die geltend gemachten Gründe ergeben nicht, dass das Gericht den Anspruch des Klägers, Revisionsklägers und Rügeführers (Kläger) auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 133a der Finanzgerichtsordnung).

1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder bleiben kann (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 14. Juni 1960 2 BvR 96/60, BVerfGE 11, 218; vom 27. Mai 1970 2 BvR 578/69, BVerfGE 28, 378, und vom 5. Oktober 1976 2 BvR 558/75, BVerfGE 42, 364, 367 f.).

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG-Beschluss vom 15. April 1980 1 BvR 1365/78, BVerfGE 54, 43), zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 28, 378; vom 10. Juni 1975 2 BvR 1086/74, BVerfGE 40, 101, 104 f.; in BVerfGE 42, 364, 368, und vom 15. April 1980 2 BvR 827/79, BVerfGE 54, 86). Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. November 2005 X S 18/05, BFH/NV 2006, 595, m.w.N.).

Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (Entscheidungen des BVerfG vom 2. Dezember 1969 2 BvR 320/69, BVerfGE 27, 248, 252; in BVerfGE 28, 378, und vom 1. Februar 1978 1 BvR 426/77, BVerfGE 47, 182, 187 f.).

2. Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung des Klägers im Streitfall nicht vor. Mit der Entscheidung vom 11. Juli 2007 ist nicht das Recht des Klägers auf Gehör verletzt worden; ihr liegt vielmehr eine andere Rechtsauffassung darüber zugrunde, was unter einem Vollgeschoss i.S. der Tz. 4.2.2.1 ff. der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen betreffend die Bewertung von Fabrikgrundstücken, Lagerhausgrundstücken, Grundstücken mit Werkstätten und vergleichbaren Grundstücken (Gewerbegrundstücken) im Beitrittsgebiet ab 1. Januar 1991 vom 21. Mai 1993 (BStBl I 1993, 467) zu verstehen ist.

a) Der Kläger trennt die sich über einen Teil der Grundfläche erstreckende zweite Ebene der streitbefangenen Halle in einen Bereich mit Büro- und Sozialräumen sowie einen Bereich (Podestfläche), der Lagerzwecken dient, und spricht dieser Ebene die Eigenschaft eines Vollgeschosses ab, da der Büroteil weniger als 10 v.H. des gesamten umbauten Raumes ausmache und der andere Teil mangels eingehäuster Treppen, Feuerschutzwänden und Fenster nicht die baurechtlichen Anforderungen erfülle, die für eine "echte Zwischendecke" notwendig wären.

b) Dem Beschluss vom 11. Juli 2007 sowie dem vorausgegangenen Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2006, auf den Bezug genommen wurde, liegt demgegenüber die Auffassung zugrunde, dass es auf die baurechtlichen Erwägungen des Klägers aus zwei Gründen nicht ankomme: Zum einen gäbe es keinen bundes-(bau-)rechtlichen Begriff des Vollgeschosses, da § 20 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zur Ausfüllung des Begriffs auf die landesrechtlichen Regelungen verweise. Das dem Bundesrecht zuzuordnende Bewertungsrecht könne aber nicht nach Maßgabe unterschiedlichen Landesrechts angewendet werden. Daher sei der Begriff des Vollgeschosses losgelöst von § 20 Abs. 1 BauNVO einheitlich unter bewertungsrechtlichen Gesichtspunkten auszufüllen. Entscheidend sei danach, dass die zweite Ebene zusätzliche Baukosten wie ein zweites Geschoss erfordert habe. Damit sei dem Gesichtspunkt genügt, der sowohl in Tz. 4.2.2 als auch in Tz. 4.2.2.3 der o.a. Erlasse zu einer Differenzierung der Raummeterpreise nach eingeschossigen und zweigeschossigen Gebäuden geführt habe. Zum anderen wurde in dem Beschluss vom 11. Juli 2007 ausgeführt, dass die Nutzung der Zwischendecke zu Lagerzwecken der Beurteilung des Gebäudes als zweigeschossig nicht entgegenstehe, ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die o.a. Erlasse in Tz. 4.2.2.3 Raummeterpreise für "mehrgeschossige Lagergebäude" enthielten und dabei die Mehrgeschossigkeit in Tz. 4.2.2.1 nach der Anzahl der "Vollgeschosse" bestimmten.

c) Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung war auf die vom Kläger mit der Anhörungsrüge erneut vorgetragenen Gesichtspunkte --darunter auch den der verschiedenen Ausführungen der Zwischendecke-- nicht weiter einzugehen. Den geringeren Kosten einer zu Lagerzwecken dienenden zweiten Ebene gegenüber den Kosten einer zweiten Büroebene wird durch die niedrigeren Raummeterpreise nach Tz. 4.2.2.3 der o.a. Erlasse gegenüber den Preisen nach Tz. 4.2.2.2 Rechnung getragen. Diese niedrigeren Raummeterpreise waren nach Tz. 4.2.1 auch auf die Büro- und Sozialräume anzuwenden. Die Tatsache, dass diese Räume weniger als 10 v.H. des gesamten umbauten Raumes ausmachen, rechtfertigt gemäß Tz. 4.2.1 nicht deren Außerachtlassen, sondern führt lediglich dazu, dass für das gesamte Gebäude der (niedrigere) Raummeterpreis für Lagergebäude anzusetzen ist.

3. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz i.d.F. von Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004, BGBl I 2004, 718, Teil 6 Gebühr Nr. 6400 i.d.F. von Art. 11 Nr. 7 Buchst. h des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9. Dezember 2004; vgl. BFH-Beschluss vom 23. März 2006 XI S 5/06, BFH/NV 2006, 1483).

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