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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.02.2005
Aktenzeichen: III B 101/04
Rechtsgebiete: FGO, EStG, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 60 Abs. 3
FGO § 60 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
EStG § 26
EStG § 26 Abs. 1 Satz 1
EStG § 26 Abs. 2 Satz 1
EStG § 26a
EStG § 26b
AO 1977 § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es fehlt jegliche Darstellung der bis in die jüngste Zeit kontinuierlich fortgeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Verfahrens- und materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer geänderten Ausübung des Veranlagungswahlrechts sowie dem dieser Rechtsprechung einhellig zustimmenden Fachschrifttum. Insbesondere fehlt aber auch eine Darlegung auf der Grundlage einer inhaltlichen Auseinandersetzung, weshalb ein weiterer Klärungsbedarf hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfrage bestehen soll.

Liegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor, so können die Eheleute grundsätzlich zwischen Zusammenveranlagung und getrennter Veranlagung frei wählen. Dieses Wahlrecht wird weder durch den Wortlaut des § 26 EStG noch durch die Regelung in §§ 26a und 26b EStG eingeschränkt. Seine Ausübung ist an keine Frist gebunden. Die Eheleute sind an eine einmal getroffene Wahl nicht gebunden. Auch kann ein Ehegatte die gewählte Veranlagungsart grundsätzlich mehrfach ändern.

Die Rechtsprechung hat das Wahlrecht allerdings insoweit eingeschränkt, als sich ein Ehegatte nicht einseitig von der bisherigen Zusammenveranlagung lösen darf, sofern dafür keine wirtschaftlich verständlichen und vernünftigen Gründe vorliegen, sondern der Antrag als willkürlich erscheint. Diese Einschränkung wird aus dem auch im Steuerrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet.

Der Antrag nur eines Ehegatten auf getrennte Veranlagung ist rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam, wenn letzterer keine eigenen positiven oder negativen Einkünfte hat oder wenn diese so gering sind, dass sie weder einem Steuerabzug unterlegen haben noch zur Einkommensteuerveranlagung führen können. Im Übrigen ist die Zustimmung zur Zusammenveranlagung frei widerrufbar. Auf die Gründe, die ursprünglich zur Zusammenveranlagung geführt haben, kommt es steuerrechtlich nicht an (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980, 983, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 14. Februar 2000 VI B 181/99, BFH/NV 2000, 842).

Steuerrechtlich besteht keine Verpflichtung, einer Zusammenveranlagung zuzustimmen. Die Zustimmung zur Zusammenveranlagung ist im Besteuerungsverfahren auch nicht erzwingbar (BFH-Urteil vom 12. August 1977 VI R 61/75, BFHE 123, 172, BStBl II 1977, 870; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 26 EStG Rz. 73). § 26 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt für das Besteuerungsverfahren, dass die Ehegatten getrennt veranlagt werden, wenn einer der Ehegatten die getrennte Veranlagung wählt (Pflüger, a.a.O., Rz. 68). Demgegenüber richtet sich der zivilrechtliche Anspruch auf Zustimmung nach anderen Voraussetzungen. Unbeschadet des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG soll durch die zivilrechtlich durchzusetzende Zustimmung zu dieser Veranlagungsart dem betreffenden Ehegatten die Möglichkeit eröffnet werden, eine Entscheidung der hierfür zuständigen Finanzbehörden bzw. der Finanzgerichte (FG) darüber herbeizuführen, ob die Eheleute für einen bestimmten Veranlagungszeitraum zusammenveranlagt werden können. Deshalb sehen die Zivilgerichte einen Ehegatten --bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des Anspruchs auf Zustimmung-- auch dann als verpflichtet an, einer Zusammenveranlagung zuzustimmen, wenn es zweifelhaft erscheint, ob die Wahlmöglichkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG überhaupt besteht (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 3. November 2004 XII ZR 128/02, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 2005, 13).

Umgekehrt hat ein etwa bestehender zivilrechtlicher Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung, ausgenommen in den Fällen eines missbräuchlichen Antrags auf getrennte Veranlagung, keinen Einfluss auf das Besteuerungsverfahren.

2. Der Kläger hat ebenso wenig einen Verfahrensverstoß hinreichend substantiiert bezeichnet.

Wird eine notwendige Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO vom FG unterlassen, so liegt grundsätzlich ein mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu rügender Verfahrensmangel vor (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2002 III B 74/02, BFH/NV 2003, 195).

Indes ist die Ehefrau grundsätzlich nicht zu einem Klageverfahren notwendig beizuladen, mit dem der Ehemann die Durchführung einer Zusammenveranlagung begehrt, obwohl die Ehefrau ihrerseits die getrennte Veranlagung beantragt hat. Nach § 60 Abs. 3 FGO sind notwendig beizuladen Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derartig beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Über den Wortlaut dieser Vorschrift hinaus ist die Beiladung auch dann notwendig, wenn die Entscheidung unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, wie z.B. bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung. Indes ist im Falle der Zusammenveranlagung weder eine einheitliche Entscheidung notwendig noch hat sie eine die Rechte Dritter gestaltende Wirkung.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2000 ist ausschließlich gegen den Kläger ergangen und wirkt daher auch nur ihm gegenüber. Auch die Tatsache, dass der Kläger mit der Klage die Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau begehrt, begründet grundsätzlich keine notwendige Beiladung. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH stellt der zusammenveranlagende Bescheid keinen einheitlichen Bescheid dar, wie er im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren ergeht; vielmehr handelt es sich um die Zusammenfassung zweier Bescheide zu einem gemeinsamen Bescheid, den jeder der Ehegatten mit verschiedenen Gründen angreifen oder gegen sich gelten lassen kann. Dass zusammenzuveranlagende Personen gemäß § 44 der Abgabenordnung (AO 1977) Gesamtschuldner sind, schließt die Möglichkeit verschiedener Entscheidungen ihnen gegenüber nicht aus. Die Ehefrau könnte somit einen gegen sie später erlassenen zusammenveranlagenden Bescheid anfechten und unabhängig vom Kläger in diesem Verfahren uneingeschränkt eigene Einwendungen geltend machen (BFH-Urteil in BFHE 123, 172, BStBl II 1977, 870; ebenfalls BFH-Urteil vom 25. Juni 2003 X R 66/00, BFH/NV 2004, 19, m.w.N.).

Ein Ehegatte ist nur dann notwendig zum Verfahren beizuladen, wenn der andere Ehegatte statt der durchgeführten Zusammenveranlagung nunmehr eine getrennte Veranlagung erreichen möchte. Denn der Wechsel von der Zusammenveranlagung zur getrennten Veranlagung hat durch den Verlust des sog. Splittingvorteils im Regelfall eine höhere Steuerbelastung des anderen Ehegatten zur Folge (BFH-Beschlüsse vom 20. Mai 1992 III B 110/91, BFHE 168, 215, BStBl II 1992, 916, und vom 26. November 2004 III S 8/04, BFH/NV 2005, 351).

Im Streitfall begehrt der Kläger hingegen die Zusammenveranlagung, die sich im Ergebnis gerade hinsichtlich der Steuerbelastung auch für die Ehefrau des Klägers vorteilhaft auswirken würde, wie die Rückforderung des sich aufgrund der Zusammenveranlagung ergebenden Erstattungsbetrages und des erneuten Wechsels zur getrennten Veranlagung durch die Ehefrau belegt.

Ende der Entscheidung

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