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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.06.2006
Aktenzeichen: III B 119/05
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO
Vorschriften:
AO 1977 § 164 Abs. 1 | |
AO 1977 § 164 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb einen gewerblichen Grundstückshandel. In den Jahren 1994 und 1996 erwarb der Kläger unbebaute Grundstücke, die er mit zwölf Eigentumswohnungen bebauen ließ. Zehn der zwölf Wohnungen konnte er kurzfristig veräußern, für die übrigen zwei fand er keinen Käufer. Die eine der beiden Wohnungen vermietete er ab 1. April 1995 und veräußerte am 14. Juni 1995 den halben Miteigentumsanteil an dieser Wohnung. Am 4. Oktober 1996 veräußerte er an den Erwerber dieses Anteils auch den halben Miteigentumsanteil der anderen Wohnung, die nach ihrer Fertigstellung ab 1. Oktober 1997 ebenfalls vermietet wurde.
Der Kläger erklärte die ihm aus den Mietverhältnissen über die beiden Wohnungen anteilig zuzurechnenden Verluste bei seinen gewerblichen Einkünften. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte die Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre 1995 und 1996 gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, die Verluste aus den beiden Mietverhältnissen seien bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Das FA erließ dementsprechend nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderte Gewerbesteuermessbescheide, in denen es die Verluste aus den Mietverhältnissen nicht mehr berücksichtigte. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage nur zum Teil stattgegeben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Eigentumswohnungen seien durch die Unterbrechung der Verkaufsbemühungen hinsichtlich der verbliebenen Miteigentumsanteile bzw. durch die Vermietung der Wohnungen nicht aus dem Betriebsvermögen des Klägers ausgeschieden. Der Kläger dürfe aber keine Absetzungen für Abnutzung vornehmen, weil die Wohnungen zum Umlaufvermögen seines Gewerbebetriebs gehörten. Die zum Betriebsvermögen gehörenden Objekte eines Grundstückshändlers könnten während der Zeit ihrer Vermietung zwar ausnahmsweise dem Anlagevermögen zuzuordnen sein. Im Streitfall bleibe es jedoch bei der Zuordnung zum Umlaufvermögen, da sich eine die Verkaufsabsicht überlagernde Absicht des Klägers zur langfristigen Vermietung der Wohnungen in den Streitjahren nicht feststellen lasse. Gegen eine auf Dauer angelegte gewerbliche Vermietung spreche auch, dass der Kläger beide Objekte bereits im Jahr 1998 aus dem Betriebsvermögen entnommen habe. Dass sich die Nutzung der Wohnungen nach der Entnahme nicht geändert habe, sei wegen der Zäsurwirkung der Entnahme irrelevant. Auch die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung lägen nicht vor.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) geltend. Zu klären sei die Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen längerfristig genutztes Immobilienvermögen Anlagevermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers werde. Darüber hinaus sei die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen. Das Niedersächsische FG habe in seinem Urteil vom 17. April 2002 4 K 581/94 (Steuer-Eildienst --StE-- 2002, 625) bei fast identischem Sachverhalt eine vermietete Immobilie dem Anlagevermögen zugeordnet. Schließlich rügt der Kläger als Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), dass das FG von ihm gestellte Beweisanträge übergangen habe.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 132 FGO).
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.
Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen zum Betriebsvermögen eines Grundstückshändlers gehörende Grundstücke während der Zeit ihrer Vermietung zum Anlagevermögen gehören können (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1996 IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369, unter I.4.; BFH-Beschlüsse vom 26. Juli 2001 X B 5/01, Steuern und Bilanzen 2002, 133, und vom 4. Oktober 2001 X B 61/00, BFH/NV 2002, 329, jew. m.w.N.). Für die Beurteilung, ob ein bestimmtes, vermietetes Grundstück dem Anlage- oder Umlaufvermögen des Grundstückshändlers zuzuordnen ist, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Diese Beurteilung reicht über den konkreten Fall nicht hinaus und ist daher nicht von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2004 IX B 132/03, BFH/NV 2005, 371). Die Ausführungen des Klägers richten sich im Kern gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils, welche jedoch nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476).
2. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
Die vom Kläger behauptete Divergenz zum Urteil des Niedersächsischen FG in StE 2002, 625 ist schon deshalb nicht gegeben, weil dem Urteil kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt (vgl. BFH-Beschluss vom 16. April 2002 X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046, m.w.N.). Das Niedersächsische FG hat die streitbefangenen Wohnungen dem Anlagevermögen zugeordnet, weil nicht feststellbar gewesen sei, dass sie bereits bei ihrer Anschaffung oder Teilung zum Verkauf bestimmt gewesen seien. Im Streitfall hingegen geht es darum, ob der Kläger seine ursprüngliche Verkaufsabsicht aufgegeben hat und zu einer langfristigen Vermietung übergegangen ist. Hierfür liegen nach Auffassung des FG in den Streitjahren noch keine Anhaltspunkte vor. Die unterschiedlichen Ergebnisse beider Urteile beruhen nicht auf widersprechenden Rechtssätzen, sondern auf einer Würdigung der unterschiedlichen Sachverhalte.
3. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das Übergehen von Beweisanträgen kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger die unterlassenen Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat.
Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) gehört zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Das Rügerecht geht aber nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2003 VII B 51/03, BFH/NV 2004, 217, m.w.N.). Hat das FG die beantragten Beweise weder vorher noch in der mündlichen Verhandlung erhoben, muss dieses Unterlassen im Termin der mündlichen Verhandlung gerügt werden.
4. Soweit der Kläger rügt, das FG hätte unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, ist die Beschwerde bereits unzulässig. Der Kläger hat den Zulassungsgrund nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend dargelegt.
Zur ordnungsgemäßen Rüge bedarf es der Darlegung, welche Tatsachen das FG hätte aufklären müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunktes die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978, m.w.N.). Im Streitfall hat der Kläger insbesondere nicht vorgetragen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären müssen und aus welchen Gründen sich dem FG eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.
Ende der Entscheidung
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