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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.12.2002
Aktenzeichen: III B 124/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) sind verheiratet. Sie waren gesamthänderisch Eigentümer eines verschiedenartig genutzten Grundstücks. Ab 1. Dezember 1988 vermieteten sie einen Teil dieses bebauten Grundstücks an die Klägerin, die darin ein Beherbergungsgewerbe, nämlich Vermietung von Appartements, betrieb.

Anlässlich einer Außenprüfung dieses Betriebes, der die Jahre 1991 bis 1993 betraf, nahm die Prüferin zunächst diesen Grundstücksteil, soweit er im Eigentum der Klägerin stand, als notwendiges Betriebsvermögen in das Anlagevermögen der Klägerin auf.

Die Klägerin meldete den Betrieb zum 1. Januar 1994 steuerlich ab und der Kläger meldete ihn neu an. Verträge darüber liegen nicht vor. Die Betriebsprüferin ging von einer Betriebsaufgabe und nicht von einer Betriebsübergabe aus, weil die Klägerin ihren Grundstücksanteil nicht notariell auf ihren Ehemann übertragen hatte. Sie ermittelte den Aufgabegewinn zum 31. Dezember 1993 mit ... DM.

Die auf den Grundstücksanteil der Klägerin entfallenden AfA-Beträge und die sonstigen Betriebsausgaben berücksichtigte die Prüferin anteilsentsprechend.

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) folgte den Feststellungen der Prüferin und änderte den Einkommensteuerbescheid 1993 entsprechend. Den Einspruch der Kläger wies das FA zurück.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es war der Auffassung, es liege keine Betriebsaufgabe, sondern eine --unentgeltliche-- Betriebsübertragung im Ganzen vor, wenn sämtliche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens auf den Erwerber übergingen und keine Wirtschaftsgüter vom übertragenden Unternehmer zurückbehalten würden. Der Grundstücksanteil der Klägerin sei wesentliche Betriebsgrundlage gewesen. Er sei jedoch auch wesentliche Betriebsgrundlage für den Betrieb des Klägers geworden, ohne dass es --wie die Prüferin angenommen habe-- einer notariellen Beurkundung bedurft hätte.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde bringt das FA im Wesentlichen vor, insgesamt führten die widersprüchlichen Ausführungen des FG zu einer Unsicherheit in der Rechtsanwendung. Dies rechtfertige die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO).

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerde nicht.

1. Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und zum Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO enthält die Beschwerde nicht.

2. Das FA hat auch nicht dargelegt, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO eine Entscheidung des BFH im vorliegenden Fall erfordert.

a) Anhaltspunkte dafür, dass das FA eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts für geboten erachtet, sind der Beschwerde nicht zu entnehmen.

b) Das FA hat auch nicht hinreichend begründet, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert.

aa) Dieser Zulassungsgrund umfasst auch die Divergenz nach § 115 Abs. 2 FGO i.d.F. bis 31. Dezember 2000. Eine Divergenz in diesem Sinne liegt vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem ebenfalls tragenden Rechtssatz der Entscheidung eines anderen Gerichts abweicht. In der Beschwerdebegründung hat der Beschwerdeführer die abweichenden Rechtssätze im Einzelnen zu bezeichnen (vgl. Beschluss des BFH vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Zwar behauptet das FA eine Abweichung zu den BFH-Entscheidungen vom 27. Juli 1961 IV 295/60 U (BFHE 73, 679, BStBl III 1961, 514) und vom 31. August 1995 VIII B 21/93 (BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890). Es hat aber diese Abweichung nicht schlüssig dargetan. Wenn das FG --wie das FA meint-- zu dem Schluss gekommen wäre, dass die Klägerin bei Übertragung des Gewerbebetriebes auch ihren Grundstücksanteil auf den Kläger übertragen habe und ein Aufgabegewinn nicht habe ermittelt werden müssen, weil der Kläger gemäß § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) die Buchwerte der Klägerin zu übernehmen gehabt habe, so läge darin gerade die Anwendung des in den angeführten Entscheidungen aufgestellten Rechtssatzes durch das FG.

Nach Auffassung des FA sind diese Ausführungen widersprüchlich und führen zu einer die Zulassung der Revision rechtfertigenden Unsicherheit in der Rechtsanwendung. Widersprüchliche Ausführungen in einem finanzgerichtlichen Urteil sind aber grundsätzlich materielle Rechtsfehler, die nicht zur Zulassung der Revision führen. Nur wenn die angestrebte Revisionsentscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen zu einer Rechtsfrage zu verhindern, kommt eine Zulassung der Revision in Betracht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. Januar 2002 X B 94/01, BFH/NV 2002, 622). Hierzu hat das FA nichts vorgetragen.

bb) Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass das FG von Rechtsgrundsätzen vorausgegangener BFH- oder FG-Entscheidungen abgewichen ist. Vielmehr stellt es die vom FA zitierten Rechtssätze seiner Subsumtion ausdrücklich voran (so zur Definition des Betriebsvermögens in Abs. 4 der Entscheidungsgründe auf S. 4 und 5 des Urteils und zur Definition der unentgeltlichen Betriebsübertragung in Abgrenzung zur Betriebsaufgabe in Abs. 2 auf S. 5 des Urteils). Soweit das FA eine Abweichung zur Auffassung des Großen Senats des BFH (Urteil vom 23. August 1999 GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774) rügt, ist eine solche Abweichung dem Urteil nicht zu entnehmen. Das FG sagt nichts zur zutreffenden Höhe der Absetzung für Abnutzung (AfA) und des Betriebsausgabenabzugs während der eigenbetrieblichen Nutzung des Grundstücksteils durch die Klägerin. Es war dazu auch nicht veranlasst, da lt. Klageantrag nur der Aufgabegewinn streitig war und insoweit das Gericht an den Antrag gebunden war.

3. Im Grunde rügt das FA eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall, die nur dann die Zulassung der Revision rechtfertigt, wenn die Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler von einigem Gewicht erkennen lässt, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen oder es sich gar um eine willkürliche, jeder gesetzlichen Grundlage entbehrende Entscheidung handelt (Senatsbeschluss vom 9. August 2002 III B 34/02, BFH/NV 2002, 1616, m.w.N.).

Zu diesen Voraussetzungen fehlt ein schlüssiger Vortrag, der insbesondere über die Darstellung der Rechtsfehler des Urteils hinausgeht. Das FA hat keine über den entschiedenen Fall hinaus wirkenden Besonderheiten dargelegt, die eine Revisionsentscheidung erforderten. Es hat nicht dargetan, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich sei, weil sie auf sachfremden Erwägungen beruhe und unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sei (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Juli 2002 III B 54/02, BFH/NV 2002, 1488). Es ist kein Anhaltspunkt erkennbar, aus dem sich hier ein über die Fehlerkorrektur im Einzelfall hinausgehendes Interesse an einer Entscheidung des BFH begründen ließe.

Ende der Entscheidung

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