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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.07.2008
Aktenzeichen: III B 128/07
Rechtsgebiete: FGO, EStG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2 | |
EStG § 70 Abs. 4 |
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog für seinen im Jahr 1977 geborenen, im Studium befindlichen Sohn (S) Kindergeld. Mit Bescheid vom 10. Januar 2002 hob die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2001 auf, weil die Einkünfte des S --aus selbständiger Tätigkeit während eines Praxissemesters-- den maßgeblichen Jahresgrenzbetrag im Jahr 2001 von 14 040 DM (§ 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. für das Jahr 2001 --EStG--) überschritten hätten. Den Einspruch des Klägers verwarf die Familienkasse wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig. Die Einspruchsentscheidung wurde bestandskräftig.
Einen weiteren Antrag des Klägers im November 2002 auf Kindergeld für das Jahr 2001 wies die Familienkasse wegen Überschreitung des maßgeblichen Jahresgrenzbetrags ab. Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, die Einkünfte von S lägen unter dem Jahresgrenzbetrag, da die Krankenkassenbeiträge in Höhe von 440 DM von den Einkünften abzusetzen seien. Die Familienkasse wies den Einspruch zurück, weil Sozialversicherungsbeiträge und entsprechend auch Krankenkassenbeiträge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen seien. Auch gegen die Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2003 erhob der Kläger keine Klage.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2005 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260) erneut Kindergeld für das Jahr 2001. Nach der Entscheidung des BVerfG seien die Sozialversicherungsbeiträge --bei seinem Sohn entsprechend die Krankenkassenbeiträge-- von den Einkünften abzusetzen. Die Familienkasse lehnte den Antrag unter Hinweis auf die Bestandskraft des Kindergeldbescheids vom 10. Januar 2002 ab. Der Einspruch des Klägers war erfolglos. Das Finanzgericht ließ die Revision gegen das die Klage abweisende Urteil nicht zu.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde beruft sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO).
Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Senat bereits geklärt. Deshalb ist auch keine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
a) Nach dem Senatsurteil vom 19. Oktober 2006 III R 41/06 (BFH/NV 2007, 419) kann ein bestandskräftiger Bescheid, mit welchem die Familienkasse --wie im Streitfall-- die Festsetzung von Kindergeld für das abgelaufene Kalenderjahr wegen Überschreitens des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG aufgehoben hat, nicht aufgrund der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 aufgehoben oder geändert werden (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2007 III B 136/06, BFH/NV 2007, 902, m.w.N.).
§ 70 Abs. 4 EStG ermöglicht nur die Änderung oder Aufhebung eines Kindergeldbescheids, der vor Beginn oder während eines Kalenderjahres als Prognoseentscheidung über die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes im Kalenderjahr erlassen worden ist (Senatsurteil vom 28. Juni 2006 III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714). Darüber hinaus kann eine bestandskräftige Prognoseentscheidung auch nur dann nach § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben oder geändert werden, wenn nachträglich bekannt wird, dass sich die Einkünfte und Bezüge entgegen der Prognose im laufenden Kalenderjahr erhöht oder vermindert haben, nicht aber, wenn sich ein von der Prognose abweichender Betrag ergibt, weil sich nach Erlass des Kindergeldbescheids --wie hier aufgrund einer Entscheidung des BVerfG-- die Rechtsauffassung zur Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG geändert hat (Senatsurteile vom 28. November 2006 III R 6/06, BFHE 216, 138, BStBl II 2007, 717, und vom 21. Juni 2007 III R 94/06, BFH/NV 2007, 2066).
b) Ebenso ist geklärt, dass ein Kindergeldbescheid nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen nachträglichen Bekanntwerdens von Aufwendungen aufgehoben oder geändert werden kann, wenn die Aufwendungen im Zeitpunkt des Bescheiderlasses sowohl nach der Rechtsprechung des BFH als auch nach den die Familienkassen bindenden Verwaltungsanweisungen die Einkünfte des Kindes nicht minderten (Senatsurteil in BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714). Begrifflich den Sonderausgaben zuzuordnende Aufwendungen wie Krankenkassenbeiträge waren aber bis zu dem --im Mai 2005 durch Presseerklärung bekanntgemachten-- Beschluss des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566) und der Verwaltungsauffassung (Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --Stand Januar 2002, BStBl I 2002, 369-- 63.4.2.1 Abs. 2 Satz 6) nicht von den Einkünften abzusetzen.
c) Ebenfalls bereits entschieden hat der Senat, dass die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für das Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG nicht gelten (Beschluss vom 31. Januar 2007 III B 167/06, BFH/NV 2007, 865).
Ende der Entscheidung
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