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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.07.2003
Aktenzeichen: III B 129/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 110 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)

a) Wird eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache begehrt, so ist es erforderlich, in der Beschwerdebegründung eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage herauszuarbeiten und darzulegen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig ist. Hierzu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Sofern zu diesem Problemkreis bereits Rechtsprechung vorhanden ist, hat sich der Beschwerdeführer damit auseinander zu setzen und zu erörtern, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. März 2003 III B 110/02, BFH/NV 2003, 937).

Betrifft eine Rechtsfrage --wie im Streitfall-- auslaufendes oder bereits ausgelaufenes Recht, so sind an die Darlegungen der sog. Breitenwirkung einer erstrebten Revisionsentscheidung zudem besondere Anforderungen zu stellen (BFH-Beschluss vom 29. Mai 2000 III B 11/00, BFH/NV 2001, 209).

b) Die Klägerin hat bereits keine bestimmte, im Allgemeininteresse klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnet.

Im Kern bezweifelt sie lediglich die Richtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung, setzt sich indes nicht mit der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander, um zumindest einen weiteren Klärungsbedarf daraus abzuleiten.

Der Senat hat in jüngerer Zeit wiederholt zu den Sorgfaltsmaßstäben im Rahmen einer begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 des Investitionszulagengesetzes ff. (InvZulG 1991) bei Form- und Fristverletzungen Stellung genommen (vgl. BFH-Urteile vom 27. August 1998 III R 15/96, BFH/NV 1999, 368; vom 15. Oktober 1998 III R 58/95, BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237; vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313; vom 14. September 1999 III R 78/97, BFHE 189, 273, BStBl II 2000, 37).

Der Senat hat für Investitionszulagenanträge aus den neuen Bundesländern keine gemilderten Sorgfaltsmaßstäbe für gerechtfertigt erachtet und einen übergangsweisen Vertrauensschutz bei Nichtbeachtung gesetzlich geregelter formeller Voraussetzungen abgelehnt (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2002 III R 30/99, BFHE 198, 184, BStBl II 2002, 547, unter Ziff. II. 3. c der Gründe).

Der Senat hat aber, obwohl grundsätzlich ein bloßes Mitverschulden des Anspruchsberechtigten eine Wiedereinsetzung in Ausschlussfristen ausschließt, bei Vorliegen besonderer Umstände und bei schützenswertes Vertrauen begründenden Verhaltensweisen der Behörde ausnahmsweise das Verschulden des Betroffenen zurücktreten lassen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 189, 273, BStBl II 2000, 37, unter Ziff. II. 2. b cc der Gründe, m.w.N.; vom 9. Dezember 1999 III R 4/98, BFH/NV 2000, 987, 988; BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 209).

Die Unerfahrenheit der Verantwortlichen bei einer zutreffenden Belehrung hat der BFH dagegen nicht entlastend berücksichtigt, sondern den Anspruchsberechtigten grundsätzlich für verpflichtet angesehen, ggf. fachkundigen Rat einzuholen (BFH-Urteile vom 14. März 1989 VIII R 295/84, BFH/NV 1989, 754; vom 14. Juli 1989 III R 54/84, BFHE 158, 273, BStBl II 1989, 1074, unter Ziff. 2. der Gründe, m.w.N., und in BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237).

Der bloße Hinweis des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) auf die Fortführung der für die Klägerin unter ihrer alten Firma erteilten Steuernummer in allen steuerlichen Angelegenheiten bis einschließlich des Wirtschaftsjahres 1996 lässt sich schwerlich so weitgehend interpretieren, nicht mehr zur organschaftlichen Vertretung einer Körperschaft befugte ehemalige Geschäftsführer dürften und könnten noch in der Zukunft sämtliche den Zeitraum, in dem sie zum Geschäftsführer bestimmt gewesen sind, betreffende Rechtshandlungen wirksam vornehmen (zur alleinigen Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers im Gegensatz zum Prokuristen vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 III R 27/01, BFHE 198, 283, BStBl II 2002, 668, unter Ziff. II. 2. c der Gründe). Dieses naheliegende Ergebnis leitet sich bereits aus der Tatsache ab, dass etwa verstorbene oder vollständig ausgeschiedene Geschäftsführer zwangsläufig nicht mehr für die Körperschaft hätten handeln können.

Das FA hat schließlich bezüglich des am letzten Tag der Antragsfrist, nämlich am 30. September 1997 eingereichten Investitionszulagenantrages für 1996 offensichtlich auch keine Hinweispflichten verletzt, die für die eingetretene Versäumnis der Antragsfrist durch die Klägerin hätten ursächlich sein können (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 198, 184, BStBl II 2002, 547, unter Ziff. II. 2. c der Gründe, m.w.N.).

2. Erfordernis einer Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)

a) Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Die Rechtsfortbildung muss über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217). Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen in gleichem Maße, d.h. es muss eine bestimmte Rechtsfrage herausgestellt werden, die für den Rechtsstreit erheblich sein kann und ferner begründet werden, warum diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist (BFH-Beschluss vom 27. Januar 2003 II B 194/01, BFH/NV 2003, 792).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift --wie unter Ziff. 1. näher ausgeführt ist-- nicht.

b) Für die Rüge der Divergenz fehlt es bereits an der Gegenüberstellung tragender, sich widersprechender abstrakter Rechtssätze im angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und in den angeblichen Divergenzentscheidungen des BFH in BFHE 196, 464, BStBl II 2002, 159 und des FG des Landes Brandenburg vom 1. Juni 1999 3 K 212/97 I (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 915) andererseits (BFH-Beschluss vom 26. März 2003 III B 92/02, BFH/NV 2003, 939, 940).

Insbesondere betreffen die angeblichen Divergenzentscheidungen keine mit dem Streitfall vergleichbaren Sachverhalte.

Das Urteil des BFH in BFHE 196, 464, BStBl II 2002, 159 betrifft den Fall, dass ausnahmsweise auch ein ohne eigenhändige Unterschrift auf dem Formular gestellter Investitionszulagenantrag dann wirksam sein kann, wenn sich aus den dem Antrag beigefügten Unterlagen eine wirksame Unterschrift ergibt, die vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Äußerungswillen des Anspruchsberechtigten erbringt.

Im Streitfall ist indes sowohl der Investitionszulagenantrag für 1996 vom 30. September 1997 als auch das Begleitschreiben von dem zur Unterzeichnung im Jahr 1997 nicht mehr befugten Prokuristen unterschrieben worden.

Im Fall des FG des Landes Brandenburg in EFG 1999, 915 war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden, weil die Finanzbehörde trotz mehrfacher Prüfungen nicht auf den offensichtlichen Mangel der Unterschrift (Unterzeichnung durch den Prokuristen) hingewiesen hatte.

Im Streitfall ist hingegen ein derartiges Fehlverhalten des FA nicht festgestellt worden.

c) Ebenso wenig hat die Klägerin eine offensichtlich fehlerhafte materiell-rechtliche Rechtsanwendung des FG von einigem Gewicht in Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung dargetan (dazu BFH-Beschluss vom 13. Februar 2003 IX B 83/02, BFH/NV 2003, 805, m.w.N.). Vielmehr begehrt die Klägerin im Kern lediglich eine andere, für sie günstigere rechtliche Beurteilung ihres Streitfalles.

3. Von der Darstellung des Tatbestandes und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Ende der Entscheidung

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