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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.02.2005
Aktenzeichen: III B 129/04
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, ZPO, BGB


Vorschriften:

AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2
FGO § 54
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 222 Abs. 1
ZPO § 222 Abs. 2
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 188 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb ein Einzelhandelsunternehmen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gewährte mit Bescheiden vom 29. Januar 1998 und vom 27. November 1998 für die Jahre 1996 und 1997 jeweils eine Investitionszulage.

Zum 31. Dezember 1998 stellte der Kläger seinen Betrieb ein und schenkte den Betrieb seinem Sohn. Büro- und Lagerfläche, die sich auf einem dem Kläger gehörenden Grundstück befanden, vermietete der Kläger an seinen Sohn.

Das FA erließ am 2. August 2001 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Investitionszulagenbescheide und forderte die gewährte Investitionszulage zurück. Zur Begründung führte es aus, "eine ununterbrochene dreijährige Zugehörigkeit" der zulagebegünstigten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen sei nicht gegeben, weil der Kläger das Inventar entsprechend der Vereinbarung vom 1. Januar 1999 erst nach der Einstellung des Gewerbebetriebs zum 31. Dezember 1998 --und damit aus dem Privatvermögen heraus-- seinem Sohn geschenkt habe. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 3. September 2004 rechtzeitig Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützte. Er führte aber lediglich aus, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. "Die Beantwortung der Frage nach Art der Rechtsnachfolge (Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge) in Verbindung mit der schenkweisen Übertragung des Aktiv- und Passivvermögens eines Betriebes und den daraus resultierenden steuerlichen Konsequenzen (Investitionszulage des Anspruchsberechtigten)" sei "eine der aus rechtssystematischen Gründen bedeutsamste Frage des aktuellen Rechtszustandes". Es fehle "an einer entsprechenden einheitlichen gesetzlichen Regelung". Eine ausführliche Begründung werde nachgereicht.

Nach Ablauf der Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) wies die Geschäftsstelle des III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) den Kläger mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 darauf hin, dass die angekündigte ausführliche Begründung bisher nicht eingegangen sei. Am 1. November 2004 übermittelte der Kläger per Telefax einen Schriftsatz mit weiterer Begründung.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

1. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in dem vor Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 3. September 2004 entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.

a) Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO sind die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO darzulegen. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO sind substantiierte Ausführungen erforderlich zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Beantwortung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtsfrage abhängt. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat (BFH-Beschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.).

b) Der Kläger hat im Schriftsatz vom 3. September 2004 Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 FGO überhaupt nicht und den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nur unzureichend dargelegt. Mit seiner Begründung wirft der Kläger lediglich in einem allgemein gehaltenen Satz eine abstrakte Rechtsfrage auf, ohne dass hierbei ein bestimmter Bezug zum konkreten Streitfall erkennbar wird. Auch setzt er sich nicht mit Rechtsprechung des BFH, Äußerungen im Schrifttum oder mit hierzu veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander.

2. Ob die Ausführungen im Schriftsatz vom 1. November 2004 die Zulassung der Revision rechtfertigen, kann offen bleiben, da der Schriftsatz nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangen ist und die Ausführungen deshalb nur herangezogen werden können, soweit sie die innerhalb der Frist ordnungsgemäß dargelegten Zulassungsgründe ergänzen oder erläutern (BFH-Beschlüsse vom 4. Dezember 2001 X B 112/01, BFH/NV 2002, 346, und vom 6. Juni 2003 III B 98/02, BFH/NV 2003, 1214). Auch eine ordnungsgemäße Darlegung der Zulassungsgründe könnte daher aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden.

a) Die zweimonatige Beschwerdebegründungsfrist nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO für das am 6. August 2004 zugestellte Urteil ist im Streitfall nach § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung sowie §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 6. Oktober 2004 abgelaufen. Die erst am 1. November 2004 beim BFH eingegangene weitere Begründung der Beschwerde war mithin verspätet, da die Beschwerdebegründungsfrist nicht verlängert worden war (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO).

b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Begründungsfrist kommt nicht in Betracht.

Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert war (§ 56 FGO). Dies setzt bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von einem Monat nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergibt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO i.d.F. ab 1. September 2004). Ist die versäumte Rechtshandlung nachgeholt worden, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 56 Abs. 2 Satz 4 FGO), wenn die Wiedereinsetzungsgründe offenkundig oder amtsbekannt sind (BFH-Urteil vom 27. August 1998 III R 15/96, BFH/NV 1999, 368, 370).

Im Streitfall ist zwar innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die versäumte Rechtshandlung nachgeholt worden, da die angekündigte weitere Beschwerdebegründung binnen eines Monats nach Erhalt des auf die fehlende Begründung hinweisenden Schreibens des BFH vom 18. Oktober 2004 --und damit nach Wegfall des Hindernisses-- am 1. November 2004 eingegangen ist. Für etwaige Wiedereinsetzungsgründe, die ein fehlendes Verschulden an der Fristversäumnis belegen könnten, fehlen aber jegliche Anhaltspunkte.

Ende der Entscheidung

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