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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: III B 137/05
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt.
EStG § 31
EStG § 32 Abs. 6
EStG § 33a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die verheirateten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 machten sie für ihren im Jahr 1977 geborenen Sohn einen Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 4 200 DM geltend und begehrten darüber hinaus den Abzug von Studiengebühren in Höhe von 64 122,78 DM für das Auslandsstudium ihres Sohnes in den USA als Unterhaltsleistung.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid 2000 für den Sohn lediglich den Ausbildungsfreibetrag von 4 200 DM.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Kläger den Abzug von Studiengebühren zuletzt in Höhe von 44 262,96 DM begehrten, ab.

Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde berufen sich die Kläger im Wesentlichen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 132 FGO).

1. Die Rechtssache ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

a) Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handelt. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtslage bereits höchstrichterlich geklärt oder aus anderen Gründen eindeutig ist und der Beteiligte für seine widersprechende Auffassung keine neuen Argumente vorbringt (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. April 2003 X B 62/02, BFH/NV 2003, 1087, m.w.N.).

b) Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob und in welcher Höhe Ausbildungskosten der Eltern für ein volljähriges Kind, das im Ausland studiert, steuermindernd zu berücksichtigen sind, ist bereits geklärt.

§ 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belastungen, die durch die Berufsausbildung von Kindern erwachsen, zum Ziel. Die für den Steuerpflichtigen unvermeidbare Sonderbelastung durch Unterhaltsverpflichtungen mindert seine Leistungsfähigkeit und darf daher vom Gesetzgeber nicht unberücksichtigt gelassen werden (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--). Der Höhe nach muss der Staat bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit den Unterhaltsaufwand für Kinder des Steuerpflichtigen in dem Umfang als besteuerbares Einkommen außer Betracht lassen, in dem die Unterhaltsaufwendungen zur Gewährleistung des Existenzminimums der Kinder erforderlich sind (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--, vgl. Beschlüsse vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, und vom 10. November 1998 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182).

Aufwendungen für die Berufsausbildung von Kindern müssen jedoch von Verfassungs wegen nicht genauso behandelt werden wie Aufwendungen für die Sicherung des Existenzminimums, da sie nicht mit der gleichen Zwangsläufigkeit wie diese entstehen und für die Eltern auch nicht verloren sind; vielmehr stellen sie --zumindest auf längere Sicht-- Investitionen der Eltern in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft ihrer Kinder dar (BVerfG-Entscheidung vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307).

Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass die steuerliche Berücksichtigung solcher Belastungen vollständig in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt ist. Da sich die Eltern ihnen nicht beliebig entziehen können, vielmehr weitgehend hierzu bereits nach dem Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches verpflichtet sind und der Wert dieser Investition ebenso der Allgemeinheit zugute kommt, ist der Staat von Verfassungs wegen verpflichtet, einen gewissen Anteil der Ausbildungskosten entweder unmittelbar zu übernehmen oder ihn doch wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit anzuerkennen.

Allerdings hat das BVerfG offen gelassen, bis zu welcher Untergrenze der Gesetzgeber sich bei seiner Entscheidung über den zu berücksichtigenden Umfang dieser Kosten bewegen kann. Werde die Hälfte der Mehrkosten zum Abzug zugelassen, so sei diese Grenze jedenfalls nicht unterschritten (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307; Senats-Urteile vom 15. Mai 1997 III R 4/96, BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720; vom 17. Oktober 2001 III R 3/01, BFHE 197, 85, BStBl II 2002, 793, 794).

Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720 in Fortführung der Rechtsprechung des BVerfG klargestellt, dass Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes nicht der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dienen, sondern dem Kind besondere, über die Existenzsicherung hinausgehende Chancen einer beruflichen und damit auch wirtschaftlichen Entfaltung verschaffen. Infolgedessen komme dem Gesetzgeber ein weites Ermessen hinsichtlich der Entscheidung zu, in welchem Umfang eine besonders qualifizierte und aufwändige Ausbildung auf Kosten der Allgemeinheit vom Staat dadurch gefördert werde, dass dieser durch den Verzicht auf Steuereinnahmen den Eltern die Finanzierung einer derartigen Ausbildung erleichtere. Diese Gestaltungsfreiheit werde nicht dadurch begrenzt, dass Eltern sich Unterhaltsleistungen --auch zum Zwecke einer Berufsausbildung ihrer bereits volljährigen Kinder und einer auswärtigen Unterbringung-- aufgrund des bürgerlichen Unterhaltsrechts oder einer sittlichen Verpflichtung nicht beliebig entziehen könnten (dazu bereits BVerfG-Beschluss vom 23. November 1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108, BStBl II 1977, 135).

So wenig ein Heranwachsender aber einen verfassungsunmittelbaren Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung habe, wenn seine Eltern eine qualifizierte Ausbildung nicht finanzieren könnten, so wenig hätten die Eltern von Verfassungs wegen einen Anspruch auf die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für eine solche Ausbildung (Senatsurteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720, unter 1. b dd).

Bei der Ermittlung der Grenze, die dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der steuerlichen Behandlung von Unterhaltszahlungen zum Zwecke der Ausbildung insbesondere durch das Sozialstaatsgebot und die Grundsätze der Steuergerechtigkeit gezogen würden und bei deren Überschreiten die einkommensteuerliche Behandlung von Ausbildungsaufwendungen zu beanstanden wäre, seien die hohen Aufwendungen der öffentlichen Haushalte für den Bildungsbereich zu berücksichtigen, aufgrund deren den Eltern ihre finanzielle Verantwortung für die Ausbildung ihrer Kinder bereits weitgehend zu Lasten der Allgemeinheit abgenommen werde. Dass Steuerpflichtige dies nicht in Anspruch nähmen, sondern ihre Kinder im Ausland studieren ließen, müsse der Gesetzgeber nicht eigens berücksichtigen, zumal es für Auslandsstudien besondere Fördermaßnahmen gebe (Senatsurteil in BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720, unter 1. b ee).

Insbesondere ist in ständiger Rechtsprechung geklärt, dass bereits der Abzug sog. existenzsichernder Unterhaltsaufwendungen lediglich nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen, nicht hingegen nach den Maßstäben des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsrechts von Verfassungs wegen steuermindernd berücksichtigt werden müssen. Dies gilt erst recht für Ausbildungsaufwendungen, die nicht der Sicherung des Existenzminimums dienen (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2005 III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081, m.w.N.).

Bereits die steuerliche Entlastung der existenzsichernden Unterhaltsaufwendungen trägt entsprechend den typisierten und pauschalierten Beträgen nicht den individuellen Verhältnissen und Besonderheiten der einzelnen Unterhaltsverpflichteten Rechnung. Umso eher ist es nach den Maßstäben des BVerfG und des BFH gerechtfertigt, die Ausbildungsaufwendungen an den durchschnittlichen Aufwendungen für eine inländische Ausbildung im Regelfall zu orientieren und sie von den besonderen Umständen, wie sie bei einem Auslandsstudium im Einzelfall gegeben sind, zu lösen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1081, m.w.N.).

Ferner ist bereits entschieden, dass die Ausbildungsfreibeträge auch die Studiengebühren umfassen (BFH-Urteil vom 22. März 1996 III R 7/93, BFHE 180, 541, BStBl II 1997, 30).

Die Rechtsfrage, ob den Klägern für ihren Sohn neben dem Ausbildungsfreibetrag zusätzlich ein Kinderfreibetrag i.S. von § 32 Abs. 6 EStG zusteht, ist bereits durch das Gesetz geklärt.

Nach dem in § 31 EStG verankerten Günstigerprinzip haben die Kläger für ihren Sohn im Streitjahr bereits Kindergeld bezogen. Darüber hinaus kommt die Gewährung eines Kinderfreibetrages nicht in Betracht.

2. Soweit die Kläger vortragen, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung zuzulassen, weil das FG-Urteil von den näher bezeichneten Entscheidungen des BFH abweiche, ist die Beschwerde bereits unzulässig, weil die Kläger insoweit keine tragenden abstrakten Rechtssätze aus der Vorentscheidung sowie aus den angeblich abweichenden Entscheidungen so einander gegenübergestellt haben, dass eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschluss vom 27. Mai 2005 III B 5/05, BFH/NV 2005, 1758).

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