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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.12.2007
Aktenzeichen: III B 178/06
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Ehefrau des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) leidet an schwerem Asthma. Für sie ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt. Seine 1993 geborene Tochter wird ebenfalls wegen Asthma ärztlich behandelt.

Im Streitjahr 1998 schaffte der Kläger für seine Ehefrau und die 1993 geborene Tochter sowie für die jüngere Tochter und sich selbst Allergiematratzen sowie Allergiebetten und -kissen an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) lehnte es ab, die dafür entstandenen Anschaffungskosten in Höhe von insgesamt 4 160,85 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte aus, bei den angeschafften Gegenständen handele es sich um medizinische Hilfsmittel im weiteren Sinne, die nicht ausschließlich von Kranken erworben würden. Deshalb hätte die krankheitsbedingte Notwendigkeit der Anschaffung und damit die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen durch ein vorher erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest nachgewiesen werden müssen. Ein nachträglich erstelltes Attest könne nicht zur steuerlichen Anerkennung führen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger vor, die Rechtssache sei grundsätzlich bedeutsam und das Urteil des FG beruhe auf Verfahrensfehlern. Allergiebettzeug und -matratzen steigerten nicht den Lebenskomfort gesunder Menschen und zählten deshalb nicht zu den Heilmitteln im weiteren, sondern im engeren Sinne. Die Anschaffung für die nicht erkrankten Familienmitglieder sei ausschließlich wegen der kranken Mitglieder erfolgt. Das FG hätte den Sachverhalt auch noch im Verfahren durch ein amtsärztliches Attest aufklären können; die von der behandelnden Lungenfachärztin ausgesprochene Empfehlung zur Anschaffung des Allergiebettzeugs sei zudem ein Gutachten im Sinne einer krankheitsbedingen Empfehlung.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Der Streitfall wirft keine grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen auf (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

a) Durch die Rechtsprechung des Senats ist bereits hinreichend geklärt, dass Allergiebettzeug und -matratzen nicht --wie z.B. Brillen, Hörgeräte, Schuheinlagen oder Rollstühle-- zu den Heilmitteln im engeren Sinne zählen, die ohne besondere Nachweise typisierend als außergewöhnliche Belastung (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes) berücksichtigt werden.

Bettzeug und Matratzen werden von allen Menschen benötigt; auch Gesunde können z.B. aus hygienischen Gründen (Reduzierung der Hausstaubmilben) geneigt sein, antiallergene Gegenstände anzuschaffen. Die medizinische Notwendigkeit der Anschaffung von Gegenständen, die nicht ausschließlich von Kranken benötigt werden --z.B. Gesundheitsschuhe, orthopädische Stühle, Bett mit motorgetriebener Oberkörperaufrichtung-- ist jedoch nach der Rechtsprechung des Senats durch die Vorlage eines vor dem Kauf erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attests nachzuweisen (Senatsurteil vom 9. August 1991 III R 54/90, BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920).

Allergiebettzeug und -matratzen wirken zudem nicht im oder am menschlichen Körper, sondern sollen die räumliche Umgebung der Allergiker von Allergenen --insbesondere Hausstaubmilben und deren Ausscheidungen-- möglichst weitgehend freihalten. Die Anschaffung antiallergener Gegenstände ist daher weniger mit der Anschaffung von Brillen, Hörgeräten usw. zu vergleichen, als mit dem Fällen von Birken bei Birkenpollenallergie sowie der Ersetzung asbest- oder formaldehydhaltiger Gegenstände, deren medizinische Notwendigkeit durch ein vorher erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest nachzuweisen ist (Senatsurteile vom 9. August 2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240 --Asbestsanierung der Außenfassade eines Wohnhauses--; vom 23. Mai 2002 III R 52/99, BFHE 199, 287, BStBl II 2002, 592 --Neuanschaffung von Mobiliar wegen Formaldehydemission--; vom 15. März 2007 III R 28/06, BFH/NV 2007, 1841 --Birkenpollenallergie--).

b) Durch die Rechtsprechung ist ebenfalls geklärt, dass eine von dem behandelnden Facharzt ausgesprochene Empfehlung einem amts- oder vertrauensärztlichen Attest zur Frage, ob eine nicht nur zur Heilung oder Linderung einer Krankheit geeignete Maßnahme im konkreten Falle medizinisch erforderlich ist, nicht gleich steht.

2. Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor. Da sich die Sachbehandlung nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu richten hat (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Juli 2005 IX B 23/05, BFH/NV 2005, 2031; vom 9. Dezember 2004 V B 85/04, BFH/NV 2005, 712; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 79, m.w.N.), handelt es nicht verfahrensfehlerhaft, wenn es eine Beweiserhebung unterlässt, auf die es nach seiner Einschätzung der Rechtslage im Ergebnis nicht ankommen kann (BFH-Beschlüsse vom 8. August 2005 VI B 18/05, BFH/NV 2005, 2042; vom 14. März 2006 I B 198/04, BFH/NV 2006, 2078; vom 19. September 2007 III B 59/06, BFH/NV 2007, 2245).

Die Einholung eines nachträglichen amtsärztlichen Attests war danach entbehrlich, weil dieses nach dem --mit der Rechtsprechung des Senats übereinstimmenden-- materiell-rechtlichen Standpunkt des FG nicht geeignet gewesen wäre, die medizinische Notwendigkeit der Anschaffung von Allergiebettzeug und -matratzen nachzuweisen.

Ende der Entscheidung

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