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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: III B 204/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitig ist, in welchem Umfang steuerlich Aufwendungen für den Lebensunterhalt und das Studium der vier Kinder der verheirateten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1999 zu berücksichtigen sind.

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger haben vier Töchter, A, geboren im Oktober 1968, B, geboren im September 1969, C, geboren im März 1975 und D, geboren im Februar 1978. Während des Streitzeitraumes haben alle vier Kinder zu unterschiedlichen Zeiträumen studiert. A begann ihr Studium 1987 bis 1989 im Ausland und ist dann nach X gegangen. Sie hat über das 27. Lebensjahr hinaus studiert. B hat ihr Studium 1989 in Z begonnen und ebenfalls über das 27. Lebensjahr, somit über September 1996 hinaus, studiert. C hat ihr Studium in A aufgenommen und hat dann teilweise im Ausland weiterstudiert. Sie war im Streitzeitraum noch keine 27 Jahre alt. D hat ihr Studium 1997 in A aufgenommen und ab dem Wintersemester 1998/1999 in X fortgesetzt.

Die Kläger haben gegen die Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1999 Klage erhoben. Zur Begründung führten sie aus, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sei von Verfassungs wegen verpflichtet, ihnen denjenigen Teil ihres Einkommens, der zur Deckung der existenznotwendigen Kosten ihrer studierenden Kinder erforderlich gewesen sei, steuerfrei zu belassen. Zum Kernbereich des grundrechtlichen Familienschutzes gehöre es, dass der Staat die finanziellen Mittel einer Familie nicht antasten dürfe, soweit diese für eine menschenwürdige Existenz und Persönlichkeitsentwicklung aller Familienmitglieder benötigt werde. Der existenznotwendige Bedarf eines Studenten sei durch die jeweiligen BAföG-Sätze generalisierend festgelegt. Diese müsse der Staat für die Ausbildung der Kinder steuerfrei belassen. Der Staat verhalte sich zudem widersprüchlich, wenn er einerseits minderbemittelten Studenten Zahlungen nach dem BAföG gewähre, andererseits aber bei Familien, denen es gelinge, das Studium ihrer Kinder aus eigener Kraft zu finanzieren, auf eben diese Mittel steuerlich zugreife.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 1998 und 1999 mangels Durchführung eines Vorverfahrens als unzulässig und für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1997 als unbegründet ab, da die Einkommensteuerbescheide die jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben zur Berücksichtigung des Existenzminimums des Kindes berücksichtigten. Auch hinsichtlich der Ausbildungsfreibeträge könnten die Kläger in diesen Veranlagungszeiträumen keine höheren als die bereits berücksichtigten beanspruchen. Auch diese Beträge seien verfassungsgemäß. Die Kläger haben von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf Berücksichtigung höherer Ausbildungsfreibeträge. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Kläger in Höhe der BAföG-Sätze steuerfrei zu stellen. Es bestehe von Verfassungs wegen keine Verpflichtung des Gesetzgebers, die für Unterhaltszahlungen der Eltern an ihre Kinder benötigten Mittel auch insofern steuerfrei zu lassen, als sie über deren Existenzminimum hinausgingen.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) begehren.

Zu klären sei, ob die Steuerfreistellung von Aufwendungen kindererziehender Eltern allein mit den Kinderfreibeträgen in Höhe der den zum jeweiligen Zeitraum gültigen gesetzlichen Regelung entsprechenden Summen zur Erzielung der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung des Existenzminimums der Kinder steuerrechtlich ausreichend sei als und ob darüber hinaus steuerrechtlich auch die Einbeziehung weiter gehender Ausbildungsfreibeträge in den Umfang des nicht steuerpflichtigen Einkommens solcher Eltern zur Erreichung der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung erforderlich sei.

Es handele sich um aus rechtssystematischen Gründen und für eine einheitliche Rechtsprechung insofern wichtige Fragen, als die Bemessung der Höhe des Existenzminimums eines in der Ausbildung befindlichen Kindes allein mit den jeweiligen Kinderfreibeträgen sowohl hinter der Summe aus der Addition der jeweiligen Kinderfreibeträge zuzüglich der Ausbildungsfreibeträge als auch hinter der Höhe der BAföG-Beträge zurückbleibe. Insoweit bestehe, wie der Vergleich der jeweiligen konkreten Zahlen der Kinderfreibeträge und Ausbildungsfreibeträge einerseits und der BAföG-Sätze andererseits unschwer belege, ein von der angefochtenen Entscheidung des FG auch mit den Hinweisen auf die in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unberücksichtigt gelassener und nicht aufgelöster Wertungswiderspruch. Die Aufwendungen der Eltern für die Ausbildung eines Kindes dienten nämlich der Sicherung seiner zukünftigen Existenz über den Zeitraum der eigentlichen Ausbildung hinaus. Ein qualitativer Unterschied zwischen den Kosten der puren Existenz des Kindes während der laufenden Ausbildung und darüber hinaus anfallender Kosten der Ausbildung selbst sei nicht ersichtlich.

Damit seien zugleich die Zulassunsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in einer die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordernden Art und Weise gegeben.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Um die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) diesen Anforderungen entsprechend darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist. Diese Grundsätze gelten auch, wenn Verfassungsverstöße gerügt werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. März 2006 II B 147/05, BFH/NV 2006, 1320, m.w.N.).

Macht ein Beschwerdeführer geltend, eine Norm sei verfassungswidrig, so genügt es danach nicht, den Verfassungsverstoß nur mit allgemeinen Wendungen zu behaupten (BFH-Beschlüsse vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059; vom 10. März 2005 VI B 166/04, BFH/NV 2005, 1088, jeweils m.w.N., und vom 6. Oktober 2005 II B 132/04, BFH/NV 2006, 303). Erforderlich ist vielmehr eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes und der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik (BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2003 II B 152/02, BFH/NV 2004, 533, und in BFH/NV 2006, 303).

2. Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger setzen sich weder mit der gefestigten Rechtsprechung des BVerfG und des BFH auseinander noch legen sie eventuell von diesen abweichende Auffassungen in der FG-Rechtsprechung oder im einschlägigen Schrifttum dar. Die Beschwerde geht auch nicht auf die grundsätzlichen Unterschiede zwischen der aus steuerverfassungsrechtlichen Gründen gebotenen Freistellung des Existenzminimums des Kindes bei den Eltern und dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Leistungsgesetzen ein (vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, 263). Eine Divergenz ist noch nicht einmal ansatzweise begründet. Im Übrigen lassen die detaillierten Ausführungen des FG auch keine Rechtsverstöße erkennen.

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