Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.12.2000
Aktenzeichen: III B 43/00
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, InvZulG 1991


Vorschriften:

AO 1977 § 164 Abs. 2
AO 1977 § 171 Abs. 5
AO 1977 § 164 Abs. 4
AO 1977 § 170 Abs. 3
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AO 1977 § 88
FGO § 69
InvZulG 1991 § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine GmbH, betreibt ein Speditionsunternehmen. Ihr Geschäftssitz befand sich in den Räumen des ehemaligen VEB ... in X. Nach dem Erwerb der Geschäftsanteile durch die Firma W-KG, in Z, im November 1992 verlegte sie ihren Geschäftssitz innerhalb von X. Seit 1998 befindet sich der Ort der Geschäftsleitung in Z.

Im März 1993 beantragte die Antragstellerin für zwischen dem 30. Oktober 1992 und 2. Dezember 1992 angeschaffte zehn LKW und zehn dazugehörende Anhänger die Gewährung einer Investitionszulage. Die Frage im Antragsformular nach dem dreijährigen Einsatz der Investitionsgüter im Fördergebiet hatte die Antragstellerin nicht beantwortet, was von dem Beklagten, Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) nicht beanstandet wurde. Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 18. Juni 1993 setzte das FA die Investitionszulage für das Streitjahr (1992) antragsgemäß auf ... DM fest.

Am 26. September 1996 leitete die Steuerfahndungsstelle des FA S (Steufa) gegen die beiden Geschäftsführer der Antragstellerin W und L ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs für die Jahre 1992 und 1994 ein, das am 25. Oktober 1996 auf das Jahr 1995 erweitert wurde. Die Einleitung des Strafverfahrens wurde zunächst streng vertraulich behandelt. Am 2. Mai 1997 beantragte die Steufa den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses, welcher am 14. Mai 1997 erlassen wurde, allerdings nur wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs betreffend die Investitionszulage 1994 und 1995. Die Durchsuchung der Geschäftsräume in X und Z sowie der Wohnräume von W und L erfolgte am 18. Mai 1997. Ob W und L zu diesem Zeitpunkt auch über das Ermittlungsverfahren betreffend die Investitionszulage 1992 informiert worden sind, ist nicht bekannt. Im August und September 1997 hatten die jeweiligen Verteidiger des W Einsicht in die gesamten Ermittlungsakten, in denen sich der Vermerk über die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs betreffend die Investitionszulage 1992 und 1994 befindet. Im Laufe des Ermittlungsverfahrens stellte die Steufa fest, dass die im Jahre 1992 angeschafften LKW einschließlich der Anhänger im Jahre 1993 überwiegend außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden waren. Mit dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid vom 14. April 1999 setzte das FA die Investitionszulage 1992 auf 0 DM fest. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein.

Nach erfolgloser Antragstellung beim FA setzte das Finanzgericht (FG) die Vollziehung des geänderten Bescheids vom 14. April 1999 aus. Es war der Auffassung, keine ernstlichen Zweifel bestünden insoweit, als das FA das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage 1992 als nicht erfüllt ansehe, weil die geförderten Fahrzeuge innerhalb der dreijährigen Verbleibensfrist überwiegend außerhalb des Fördergebiets eingesetzt waren. Es sei jedoch ernstlich zweifelhaft, ob eine Änderung des begünstigenden Bescheides vom 18. Juni 1993 am 14. April 1999 noch möglich gewesen sei.

Nach den Feststellungen der Steufa habe die Antragstellerin die 1992 angeschafften Fahrzeuge im Jahre 1993 fast ausschließlich außerhalb des Fördergebiets eingesetzt. Entsprechendes habe wohl auch für die Jahre 1994 und 1995 zu gelten. Auflistungen der Steufa über die Fahrten wie für das Jahr 1993 lägen zwar nicht vor, doch habe die Antragstellerin --trotz Aufforderung-- weder dargelegt noch durch Vorlage von Unterlagen glaubhaft gemacht, dass sie die strittigen Fahrzeuge in diesen Jahren überwiegend im Fördergebiet eingesetzt habe. Eine solche Annahme erscheine auch lebensfremd, weil auch die in den Folgejahren angeschafften Fahrzeuge überwiegend außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden seien.

Das FA habe jedoch den Bescheid vom 18. Juni 1993 nicht mehr nach § 164 Abs. 2 AO 1977 ändern dürfen, weil der Vorbehalt der Nachprüfung bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1996 entfallen sei und bis dahin der Antragstellerin weder die den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 AO 1977 hemmenden Ermittlungshandlungen der Steufa noch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gewesen seien. Gemäß § 164 Abs. 4 AO 1977 entfalle der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist ablaufe, die für Steuervergütungen vier Jahre betrage (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977). Sie beginne grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden sei (§ 170 Abs. 1 AO 1977). Die "Festsetzungsfrist" i.S. des § 164 Abs. 4 AO 1977 sei im Streitfall somit am 31. Dezember 1996 abgelaufen. Der Ablauf der Frist sei nicht durch Handlungen i.S. des § 171 Abs. 5 AO 1977 gehemmt gewesen. Zwar habe die Steufa im September 1996 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren betreffend die Investitionszulage 1992 eingeleitet. Dies sei jedoch zumindest bis zur Durchführung der Durchsuchungen im Mai 1997 streng vertraulich gewesen. Im Jahre 1997 sei der Vorbehalt der Nachprüfung jedoch bereits entfallen.

Eine andere, nach § 170 Abs. 3 AO 1977 noch bis zum 31. Dezember 1997 zulässige Änderungsmöglichkeit des Investitionszulagenbescheides 1992 habe nicht bestanden.

Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 komme nicht in Betracht, weil die Tatsache, dass die begünstigten Fahrzeuge die Verbleibensvoraussetzungen nicht erfüllten, dem FA zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung am 18. Juni 1993 bereits bekannt gewesen sein müsste. Die Antragstellerin habe die im Jahre 1992 angeschafften Fahrzeuge zwischen dem 1. Januar und dem 18. Juni 1993 fast ausschließlich außerhalb des Fördergebiets eingesetzt. Ab diesem Zeitpunkt dürfte ein überwiegender Einsatz im Fördergebiet i.S. der sog. 183-Tage-Regelung nicht mehr möglich gewesen sein, denn dann hätten sich die Fahrzeuge innerhalb der restlichen sechseinhalb Monate ausschließlich im Fördergebiet aufhalten müssen. Aus den von der Steufa ermittelten Daten ergebe sich weiterhin, dass die strittigen Fahrzeuge bereits zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung jeweils länger als 14 Tage vom Fördergebiet ohne fahrbedingten Grund abwesend gewesen sein dürften.

Zwar habe das FA erst nach Abschluss der Ermittlungen der Steufa davon Kenntnis erlangt, dass die Fahrzeuge 1993 überwiegend außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden seien. Gleichwohl dürfte eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen sein. Nach diesen Grundsätzen sei eine Änderung nicht möglich, wenn dem FA die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt habe. Bei der Bestimmung und Begrenzung der Ermittlungspflichten des FA komme es wesentlich auf die Angaben des Steuerpflichtigen und insbesondere darauf an, ob dieser die steuerlich relevanten Sachverhalte richtig, vollständig und deutlich dem FA zur Prüfung unterbreitet habe (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Oktober 1989 VII R 1/87, BFHE 158, 502, BStBl II 1990, 198). Das sei im Streitfall gerade nicht geschehen. Die Antragstellerin habe, obwohl im Übrigen alle Erklärungen abgegeben worden seien, gerade zum Verbleiben der Wirtschaftsgüter im Fördergebiet keine Angaben gemacht. Dies hätte das FA zum Anlass nehmen müssen, eine entsprechende Erklärung nachzufordern oder aber den Einsatz der Fahrzeuge zu überprüfen. Derartige Ermittlungen habe das FA unterlassen. Es könne daher die nachträglichen Feststellungen der Steufa nicht zur Grundlage eines Änderungsbescheides machen.

Da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage bereits im Zeitpunkt der Bescheiderteilung nicht mehr vorgelegen hätten, komme auch eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 AO 1977 nicht in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung nachträglich, d.h. nach Entstehung des Anspruchs und der Entscheidung über den Investitionszulagenantrag weggefallen seien.

Mit seiner --vom FG zugelassenen-- Beschwerde beantragt das FA, den Beschluss aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des geänderten Investitionszulagenbescheides 1992 vom 14. April 1999 zurückzuweisen.

Die Klägerin hält die Entscheidung des FG für zutreffend.

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung.

Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken.

Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass bei der im Verfahren nach § 69 FGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Bescheids bestünden.

1. Der Senat kann offen lassen, ob im Streitfall der Investitionszulagenbescheid 1992 vom 18. Juni 1993 nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geändert werden konnte, d.h. ob § 170 Abs. 3 AO 1977 auch für § 164 Abs. 4 AO 1977 zu einer Anlaufhemmung führt, da seine Änderung auf andere Vorschriften der AO 1977 gestützt werden kann.

2. Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich zum einen aus § 7 des Investitionszulagengesetzes 1991 (InvZulG) i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 eine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Änderungsbescheid. Unerheblich ist, dass das FA den Bescheid auf eine andere Änderungsvorschrift (§ 164 AO 1977) gestützt hat. Für die Rechtmäßigkeit eines Bescheides ist grundsätzlich nicht die zu seiner Begründung herangezogene Vorschrift maßgebend. Es kommt allein darauf an, ob der Bescheid zum Zeitpunkt seines Ergehens durch eine Befugnisnorm gedeckt war (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1993 VIII R 9/93, BFHE 175, 391, BStBl II 1995, 2).

Nach den vorgenannten Vorschriften sind Investitionszulagenbescheide zu ändern, soweit Tatsachen, die bei Erlass des ursprünglichen Bescheids bereits existent gewesen sind, der Finanzbehörde nachträglich bekannt werden und zu einer niedrigeren Investitionszulage führen. Im Streitfall ist nach den Feststellungen der Steufa nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage hatte, weil die 1992 angeschafften Fahrzeuge nebst den dazugehörenden Anhängern bereits in den ersten Monaten des Jahres 1993 überwiegend und damit zulagenschädlich außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden sind. Diese investitionszulagenrechtlich bedeutsame Tatsache war dem FA bei Erlass der Zulagenbescheide nicht bekannt, denn sie geht nicht ohne weiteres aus den Angaben in den Antragsunterlagen hervor. Aus der Nichtbeantwortung der im Antragsformular gestellten Frage nach dem Verbleiben im Fördergebiet ergibt sich nicht zwingend, dass nicht überwiegend und regelmäßig Fahrten im Fördergebietsverkehr durchgeführt werden sollten.

Dem FA ist das Berufen auf das nachträgliche Bekanntwerden der neuen Tatsache auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht verwehrt. Dabei kann dahinstehen, ob das FA im Streitfall seine Amtsermittlungspflicht gemäß § 88 AO 1977 verletzt hat, indem es die Zulagen ohne weitere Sachverhaltsaufklärung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt hat. Bei der Bestimmung und Begrenzung der Ermittlungspflicht des FA kommt es wesentlich auf die Angaben des Steuerpflichtigen und insbesondere darauf an, ob damit der für die Bearbeitung des Falles relevante Sachverhalt richtig, vollständig und deutlich dem FA zur Prüfung unterbreitet worden ist. Diese Grundsätze gelten in besonderem Maße auch für die Änderung von Investitionszulagenbescheiden. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel die Verantwortlichkeit den Steuerpflichtigen mit der Folge, dass der vom FA erlassene Bescheid geändert werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 4. Dezember 1992 III R 50/91, BFH/NV 1993, 496; vom 17. Dezember 1997 III R 39/93, BFH/NV 1998, 812; sowie vom 10. April 1997 IV R 47/96, BFH/NV 1997, 757, jeweils m.w.N.). Eine Änderungsbefugnis des FA ist in solchen Fällen insbesondere dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige in abgabenrechtlichen Antragsvordrucken zu entscheidungsrelevanten Tatsachenfragen entweder überhaupt keine oder sogar inhaltlich unrichtige Angaben gemacht hat (vgl. BFH-Urteile vom 11. November 1987 I R 108/85, BFHE 151, 333, BStBl II 1988, 115, m.w.N., sowie vom 23. April 1991 VIII R 87/87, BFH/NV 1992, 75, m.w.N.). Die Antragstellerin hat die in dem Antragsformular ausdrücklich gestellte Frage nach dem Verbleiben der angeschafften Wirtschaftsgüter im Fördergebiet unbeantwortet gelassen und auch sonst keine Angabe über den Einsatz der Fahrzeuge gemacht. Ein derartiger Pflichtenverstoß der Investorin wiegt deutlich schwerer als die Unterlassung der eventuell gebotenen Ermittlungshandlungen durch das FA, so dass Treu und Glauben dem Erlass des Änderungsbescheides nicht entgegenstehen.

Der Änderung des angefochtenen Investitionszulagenbescheides steht auch der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht entgegen. Die Festsetzungsfrist beträgt im Streitfall vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Investitionszulagenantrag gestellt worden ist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 170 Abs. 3 AO 1977). Der mit Ablauf des Jahres 1993 beginnende Lauf der Festsetzungsfrist war durch Ermittlungen der Steuerfahndung nach § 171 Abs. 5 AO 1977 gehemmt.

Beginnt die mit der Steuerfahndung betraute Dienststelle einer Landesfinanzbehörde vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 5 Satz 1 AO 1977). Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist nach dem Gesetzeswortlaut, dass Ermittlungshandlungen vor Ablauf der Festsetzungsfrist tatsächlich vorgenommen worden sind. Darüber hinaus muss für den Steuerpflichtigen erkennbar sein, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird (BFH-Urteil vom 16. April 1997 XI R 61/94, BFHE 183, 13, BStBl II 1997, 595).

Aus den von der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des FG ergibt sich eindeutig, dass die Steufa, für die Antragstellerin bzw. ihre Geschäftsführer erkennbar, spätestens im Jahre 1997, also zu einem Zeitpunkt, in dem die für die Änderung des Investitionszulagenbescheides geltende Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war, mit Ermittlungen wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs betreffend auch die Investitionszulage 1992 begonnen hatte und dieses den Geschäftsführern der Antragstellerin auch während des Jahres 1997 bekannt geworden ist, und zwar spätestens durch Einsichtnahme der Bevollmächtigten in die Ermittlungsakten.

3. Als weitere Änderungsmöglichkeit für den Investitionszulagenbescheid 1992 vom 18. Juni 1993 kommt § 7 Abs. 1 InvZulG i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 in Betracht. Die nach dem Erlass des die Investitionszulage gewährenden Bescheids vom 18. Juni 1993 erfolgte Nichteinhaltung der Verbleibensvoraussetzung i.S. von § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 dar (BFH-Urteil vom 25. September 1996 III R 53/93, BFHE 181, 547, BStBl II 1997, 269 zu dem insoweit vergleichbaren § 19 Abs. 2 Satz 1 des Berlinförderungsgesetzes --BerlinFG--; Zitzmann, Zulagen für Investitionen in den neuen Bundesländern, 5. Aufl., Rn. 227; Blümich/Selder, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7 InvZulG 1996 Rn. 10). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Verbleibensvoraussetzungen hinsichtlich der nach Angaben der Antragstellerin in den Monaten Oktober 1992 bis Dezember 1992 angeschafften Fahrzeuge und den dazugehörenden Anhängern wegen ihres nicht überwiegenden und nicht regelmäßigen Einsatzes im Fördergebiet im Jahr 1993 nicht eingehalten worden sind. Entsprechendes dürfte auch für die Jahre 1994 und 1995, also bis zum Ablauf des dreijährigen Verbleibenszeitraum gelten. Es liegen zwar keine entsprechenden Auflistungen der Steufa vor, doch hat die Antragstellerin trotz Aufforderung durch das FG weder dargelegt noch durch Vorlage entsprechender Unterlagen glaubhaft gemacht, dass die Fahrzeuge im Übrigen überwiegend im Fördergebiet eingesetzt worden sind. Dem dem Senat vorliegenden Steufa-Bericht ist zudem zu entnehmen, dass anhand der Einsatzpläne der Fahrzeuge festgestellt werden konnte, dass tatsächlich nur zwei von den insgesamt 25 angeschafften Fahrzeugen, für die in den Jahren 1992 bis 1995 Investitionszulage beantragt wurde, überwiegend im Fördergebiet gefahren sind. Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich um 1995 angeschaffte Fahrzeuge. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass im Streitfall die Verbleibensvoraussetzungen des § 2 InvZulG in keinem der drei maßgeblichen Jahre nach der Anschaffung erfüllt waren.

Daraus folgt, dass die Festsetzungsfrist für eine Änderung des Investitionszulagenbescheides 1992 vom 18. Juni 1993 im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides am 14. April 1999 noch nicht abgelaufen war. Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt. Wird die Voraussetzung des Verbleibens im Fördergebiet in mehreren der erforderlichen Verbleibensjahre nicht eingehalten, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem dieses Ereignis eingetreten ist, jeweils neu zu laufen (BFH-Urteile in BFHE 181, 547, BStBl II 1997, 269, und vom 28. August 1997 III R 3/94, BFHE 183, 324, BStBl II 1997, 827; sowie Fett/Bank, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 591). Im Streitfall ist das maßgebliche Ereignis (Nichteinhaltung der Verbleibensvoraussetzung), wie von der Steufa festgestellt, erstmals im Jahre 1993 eingetreten. Aber auch in den späteren Jahren hat es sich noch verwirklicht; denn in den Jahren 1994 und 1995 wurden die Fahrzeuge nicht überwiegend im Fördergebiet eingesetzt. Damit begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf der jeweiligen Kalenderjahre (1994 und 1995) neu zu laufen und endete somit für das in den Monaten Oktober bis Dezember 1995 abgelaufene dritte Jahr nach der Anschaffung erst am 31. Dezember 1999, d.h. nach Ergehen des angefochtenen Änderungsbescheides vom 14. April 1999.

4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend. Insbesondere hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht, dass die Aussetzung der Vollziehung des Änderungsbescheides vom 14. April 1999 zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Daher ist der angefochtene Beschluss aufzuheben; der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist abzulehnen.



Ende der Entscheidung

Zurück