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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.10.1998
Aktenzeichen: III B 56/98
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 126 Abs. 4
FGO § 145
EStG § 33b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision ist im Ergebnis unbegründet.

1. Der Prozeßvertreter hat zwar für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine besondere Prozeßvollmacht vorgelegt. Ausweislich der im Klageverfahren eingereichten Vollmachtsurkunde ist er jedoch sowohl zur Prozeßführung vor dem Finanzgericht (FG) als auch zur Einlegung von Rechtsmitteln gegen das erstinstanzliche Urteil ermächtigt. Die dem Prozeßvertreter übertragenen Befugnisse sind nicht auf den ersten Rechtszug beschränkt. Sie erstrecken sich vielmehr auf die Vertretung der Kläger vor allen Gerichten, einschließlich der Revisionsinstanz.

Der erkennende Senat beurteilt die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte Prozeßvollmacht nach den in seiner bisherigen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben als ausreichend. Diese Kriterien weichen nicht von der Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) in dessen Urteil vom 27. Februar 1998 VI R 88/97 (BFHE 185, 126, BStBl II 1998, 445) ab. Der erkennende Senat hat, so zuletzt im Beschluß vom 13. Juni 1996 III B 23/95 (BFHE 180, 520, BStBl II 1997, 75), eine Prozeßvollmacht wegen berechtigter Zweifel an der Bevollmächtigung des Vertreters zur Führung des konkreten Rechtsstreits lediglich in besonderen Ausnahmefällen nicht anerkannt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Kläger wenden sich mit einer Anfechtungsklage gegen die Einkommensteuerfestsetzung. Soweit das FG die Nichtanerkennung der Vollmachtsurkunde mit Erkenntnissen aus anderen Verfahren, in denen der Prozeßvertreter vollmachtlos aufgetreten ist, begründet, können derartige Erfahrungen zwar durchaus geeignet sein, die Legitimation des Prozeßvertreters auch im konkreten Verfahren in Zweifel zu ziehen. Das FG hat indes im Streitfall den Klägern persönlich die Aufforderung zur Vorlage einer zeitnahen und auf das konkrete Klageverfahren bezogene Prozeßvollmacht zur Kenntnis gegeben. Die Kläger haben sich dazu nicht geäußert. Wären sie mit der Prozeßführung nicht einverstanden gewesen, so hätten sie das dem FG mitteilen können. Ist dies nicht geschehen, so haben sich die anfänglichen Zweifel des FG an der Bevollmächtigung des Prozeßvertreters nicht erhärtet.

2. Die Beschwerde legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache allerdings nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dar (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Beschwerde nimmt zutreffend auf das Urteil in BFHE 185, 126, BStBl II 1998, 445 Bezug. In dieser Entscheidung hat der VI. Senat des BFH, wie unter 1. ausgeführt, die Rechtsfrage umfassend unter Würdigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung abgehandelt. Die Beschwerde behauptet insoweit nur, ein bestimmtes FG sei unter Berufung auf den Beschluß des erkennenden Senats in BFHE 180, 520, BStBl II 1997, 75 in vielen Fällen gleich verfahren. Daraus wird weder erkennbar, um welche Sachverhalte es sich im einzelnen handelt noch kann dieser Behauptung ein weiterer Klärungsbedarf hinsichtlich der konkreten Rechtsfrage entnommen werden.

3. Soweit die Beschwerde rügt, das FG habe dadurch den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt, daß es Akten zu dem Klageverfahren hinzugezogen habe, ohne die Kläger hiervon zu unterrichten, ist ein Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Kläger hätten hierfür u.a. ausreichend substantiiert darlegen müssen, wozu sie sich nicht haben äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten (vgl. dazu das von den Klägern zitierte BFH-Urteil vom 27. Februar 1992 IV R 129/90, BFHE 168, 11, 13).

4. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil in BFHE 185, 126, BStBl II 1998, 445 rügen, das FG habe zu Unrecht ein Prozeßurteil wegen angeblich fehlender ordnungsgemäßer Prozeßvollmacht erlassen und damit ihren materiell-rechtlichen Klagevortrag aus Verfahrensgründen abgeschnitten, kann die Beschwerde gleichwohl keinen Erfolg wegen Vorliegens eines Verfahrensmangels haben (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

a) Damit haben die Kläger zwar hinreichend den Verfahrensmangel bezeichnet, daß das FG nämlich die Sachentscheidungsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung objektiv fehlerhaft beurteilt hat (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 1993 VIII R 7/93, BFH/NV 1994, 891, m.w.N.).

b) Der Verfahrensmangel ist für die Entscheidung des FG auch rechtserheblich gewesen; denn das angefochtene Urteil kann auf ihm beruhen. Es genügt insoweit, wenn die Möglichkeit einer anderen Entscheidung besteht, nicht notwendig ein sachlich günstigeres Ergebnis (s. BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 891, 892).

Im Streitfall hätte das FG jedenfalls kein Prozeßurteil erlassen dürfen, sondern durch Sachurteil entscheiden müssen.

c) Die Beschwerde ist jedoch trotz dieses Verfahrensmangels im Ergebnis unbegründet, weil eine zukünftige Revision keinen Erfolg haben könnte.

Im Rahmen der Prüfung, ob die Revision wegen des Vorliegens von Verfahrensverstößen zuzulassen ist, sind in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO die Erfolgsaussichten einer künftigen Revision zu berücksichtigen. Damit soll im Interesse der Prozeßökonomie verhindert werden, daß eine Revision zugelassen wird, von der ohnehin feststeht, daß sie im Ergebnis keinen Erfolg haben kann. Eine Beschwerde, mit der die Zulassung der Revision auf Verfahrensmängel gestützt wird, kann dementsprechend keinen Erfolg haben, wenn sich die Entscheidung nach der Rechtsauffassung der Revisionsinstanz als in der Sache richtig erweist. Dies gilt auch für den Fall, in dem das Revisionsgericht eine durch Prozeßurteil ausgesprochene Klageabweisung aus sachlichen Gründen bestätigen kann, weil die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben kann und der zugrundeliegende Sachverhalt eindeutig nicht weiter aufklärungsbedürftig ist (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1997 III B 296/95, BFH/NV 1998, 35, unter 2. a, m.w.N.).

d) Die Kläger haben im Klageverfahren nur noch geltend gemacht, der Pauschbetrag für Behinderte nach § 33b des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei verfassungswidrig, weil er seit 1975 nicht mehr an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepaßt worden sei. Damit verstoße er gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Zusätzlich haben die Kläger auf das Revisionsverfahren III R 3/96 Bezug genommen.

Der BFH hat indes mehrfach die Verfassungsmäßigkeit dieser Pauschbeträge bejaht, so im Urteil vom 14. Oktober 1997 III R 95/96 (BFH/NV 1998, 1072) für das Jahr 1994; ferner im Beschluß vom 8. August 1997 VI R 158/90 (BFH/NV 1998, 441) für das Jahr 1988. Über die Revision III R 3/96 hat der erkennende Senat am 28. Mai 1998 durch Beschluß nach Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) entschieden. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des BFH vom 27. März 1995 IX B 166/94 (nicht veröffentlicht --NV--) nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG-Beschluß vom 14. November 1995 2 BvR 1372/95, Steuer-Eildienst --StEd-- 1996, 50); ebensowenig die Verfassungsbeschwerde gegen den Senatsbeschluß vom 28. Mai 1998 III R 3/96 (BVerfG-Beschluß vom 10. August 1998 2 BvR 1068/98).

Angesichts dieser gefestigten höchstricherlichen Rechtsprechung könnte die auch nicht auf neue zusätzliche Gesichtspunkte gestützte Klage wegen der Verfassungsmäßigkeit des Behindertenpauschbetrages nach § 33b EStG im Streitjahr jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben.

e) Eine entsprechende Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO ist auch nicht ausnahmsweise deshalb ausgeschlossen, weil bei einer Abweisung der Klage als unbegründet anstelle als unzulässig die Kosten des Verfahrens nicht dem Prozeßvertreter als vollmachtlosen Vertreter auferlegt werden könnten.

Eine unzutreffende Kostenentscheidung allein vermag nicht zur Zulassung der Revision zu führen. Vielmehr muß sich der Zulassungsgrund auf die Entscheidung in der Hauptsache beziehen. Andernfalls müßte die Einlegung der Revision nur wegen der Kostenentscheidung statthaft sein. Dies widerspricht jedoch § 145 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Mai 1995 III B 11/92, BFH/NV 1996, 409, unter 3. der Gründe, m.w.N.).

5. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 BFHEntlG ohne Angabe weiterer Gründe.

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