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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: III B 58/00
Rechtsgebiete: AO 1977, GVG, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 254
GVG § 173 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
FGO § 52 Abs. 1
FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 116 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Rüge des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), das Finanzgericht (FG) habe die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt, ist unzulässig.

Das Urteil des FG wurde im Jahre 2000 verkündet. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde beurteilt sich daher nach § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (FGO a.F.; vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567).

Der Kläger macht geltend, das FG habe gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz verstoßen, weil es, nachdem auf seinen, des Klägers, Antrag die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden war, vor der Urteilsverkündung die Öffentlichkeit nicht wiederhergestellt habe. Diese Rüge genügt nicht den formellen Anforderungen an eine Verfahrensrüge gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. Der Verfahrensmangel muss bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.). Dies ist nur dann gegeben, wenn mit der Beschwerde Tatsachen vorgetragen werden, die den Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Es muss --wenn wie hier bei Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes nur bei der Verkündung des Urteils ein absoluter Revisionsgrund nicht gegeben ist (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 119 Rz. 21, m.w.N)-- dargelegt werden, dass das FG-Urteil, ausgehend von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG, auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, d.h. dass die Möglichkeit besteht, dass die FG-Entscheidung ohne den Verfahrensverstoß anders ausgefallen wäre (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juli 1996 XI B 207/95, BFH/NV 1997, 50; vgl. nunmehr § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Diesen Voraussetzungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger legt lediglich unter Verweis auf das Sitzungsprotokoll dar, das FG habe es entgegen § 52 Abs. 1 FGO i.V.m. § 173 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) versäumt, vor Verkündung des angefochtenen Urteils die Öffentlichkeit wieder herzustellen.

2. Der Kläger rügt, das FG habe zu Unrecht ein besonderes Interesse für seine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der gegen ihn ergangenen Anordnung des dinglichen Arrests zur Sicherung verschiedener Steueransprüche verneint. Nach der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des BFH liegt, wenn das FG das Feststellungsinteresse des Klägers verkennt, ein Verfahrensmangel vor (Urteile des BFH vom 27. Oktober 1970 VII R 42/68, BFHE 100, 288, BStBl II 1970, 873, und vom 27. Mai 1975 VII R 80/74, BFHE 116, 315, BStBl II 1975, 860).

Die Verfahrensrüge greift jedoch nicht durch. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die gegen die Arrestanordnung gerichtete Anfechtungsklage erledigt ist. Sobald über die den Gegenstand des Arrests bildende Steuerforderung ein Steuerbescheid ergangen ist, der die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 254 der Abgabenordnung (AO 1977) erfüllt, bedarf es der Arrestanordnung nicht mehr. Denn das Arrestverfahren wird nach Vollstreckbarkeit des Anspruchs in das Vollstreckungsverfahren übergeleitet. Eine nochmalige Pfändung ist nicht erforderlich. Mit der Überleitung in das Vollstreckungsverfahren wird die Arrestanordnung gegenstandslos.

Mit dem Ergehen der Steuerbescheide vom ..., die die Steuerforderungen beinhalten, die durch den Arrest gesichert werden sollten, hat sich daher der Rechtsstreit über die Arrestanordnung in der Hauptsache erledigt (BFH-Urteil vom 7. Juli 1987 VII R 167/84, BFH/NV 1987, 702). Dies gilt auch für die Arrestpfändung hinsichtlich der Gewerbesteuer, für die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nicht zuständig war. Nachdem das FA ausdrücklich erklärt hat, Vollziehungsmaßnahmen hinsichtlich der streitigen Gewerbesteuerbeträge erfolgten nicht, ist das Verfahren auch insoweit gegenstandslos. Da die vollstreckbaren Forderungen ohne Gewerbesteuer den im Wege des Arrests gesicherten Betrag übersteigen, hat das FG auch zutreffend ausgeführt, dass eine Aufhebung der Arrestanordnung hinsichtlich der Gewerbesteuerbeträge nicht in Betracht kommt. Denn in dem Schriftsatz des FA vom ... ist eine Anschlusspfändung wegen der in Vollstreckung befindlichen höheren Steuerforderungen zu sehen.

Das FG hat ferner zu Recht erkannt, dass die Voraussetzungen gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung nicht gegeben sind, weil der Kläger bereits kein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Dazu reicht der bloße Hinweis auf einen möglichen Schadensersatzanspruch nicht aus, es sei denn --was im Streitfall nicht gegeben ist--, der Schadensersatzprozess wäre mit Sicherheit zu erwarten und nicht offenbar aussichtslos (BFH-Urteil vom 27. Juli 1994 II R 109/91, BFH/NV 1995, 322).

In dem Urteil in BFH/NV 1995, 322 hat der BFH auch entschieden, dass in einem Fall wie dem vorliegenden das vom Kläger besonders hervorgehobene Rehabilitierungsinteresse eine Fortsetzungsfeststellungsklage i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO nicht rechtfertigt. Denn der Kläger kann sein Ziel, den Vorwurf der Steuerhinterziehung zu beseitigen, in den durch die Einspruchseinlegung bereits eingeleiteten Anfechtungsverfahren gegen die Steuerfestsetzungen effektiver erreichen.

Der Hinweis des Klägers auf neuere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), die in Abweichung von der früheren Rechtsprechung bei bereits erledigten Grundrechtseingriffen ein Interesse des Betroffenen an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme anerkennen (Beschlüsse des BVerfG vom 30. April 1997 2 BvR 817/90 u.a., Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1997, 2163, und vom 15. Juli 1998 2 BvR 446/98, NJW 1999, 273), geht fehl. Die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze betreffen Fälle tiefgreifender Grundrechtseingriffe wie die Entziehung der persönlichen Freiheit oder die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnungen einschließlich der in diesem Rahmen erfolgten Beschlagnahmeanordnungen. Die vom Kläger beanstandete Anordnung des dinglichen Arrests stellt keine vergleichbar schwere Beschränkung seiner Rechtsstellung dar. Besondere Umstände, die die Arrestanordnung als tiefgreifenden Grundrechtseingriff erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung ergeht nach § 116 Abs. 5 FGO ohne Angabe weiterer Gründe.



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