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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.11.2001
Aktenzeichen: III B 66/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 119 Nr. 3
FGO § 90 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 128 Abs. 2 Satz 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen.

Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist dem Prozessvertreter des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) am 31. März 2001 zugestellt worden. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich gemäß Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) nach der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. a) Die Darlegung eines Verfahrensmangels erfordert, die Tatsachen schlüssig zu bezeichnen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben sollen. Dazu müssen die entsprechenden Prozessvorgänge genau umschrieben werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. November 1993 III B 234/92, BFHE 173, 196, BStBl II 1994, 401, 402, m.w.N.). Schlüssig ist das Vorbringen, wenn die vorgetragenen Tatsachen --ihre Richtigkeit unterstellt-- den behaupteten Verfahrensmangel ergeben (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Januar 1992 VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252). Ferner ist grundsätzlich darzutun, weshalb das angefochtene Urteil i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 29. November 2000 I B 8/00, BFH/NV 2001, 624).

An diesen zur FGO a.F. aufgestellten Begründungsanforderungen hat § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. insoweit nichts geändert (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 220, 228 und 229, m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Tz. 58 und 59, m.w.N.).

b) Mit der Beschwerde wird geltend gemacht, der Prozessvertreter habe ausdrücklich nicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. Gewährt eine Verfahrensordnung das Recht auf Gehör in mündlicher Form, wie § 90 Abs. 1 Satz 1 FGO, so ist bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Mündlichkeit das Recht auf Gehör verletzt (vgl. § 119 Nr. 3 FGO und dazu ausführlich Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. September 2001 GrS 3/98, unter Abschn. C. III. 1. b bb (2.) und 2. b ee (1.) und (2.), m.w.N. zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, derzeit unter der Homepage des BFH --www.bundesfinanzhof.de-- abrufbar).

In diesem Falle bedarf es auch nicht des Vortrags, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte.

2. Die Beschwerde ist indes unbegründet; denn der behauptete Verfahrensmangel ist tatsächlich nicht gegeben.

Der Prozessvertreter hat mit Schriftsatz vom 18. November 1999 ausdrücklich, klar und vorbehaltlos und damit wirksam sein Einverständnis erklärt, die Streitsache ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat seinerseits einen entsprechenden Verzicht mit Schriftsatz vom 30. November 1999 erklärt.

Die Einverständniserklärung des Prozessvertreters ist eine einseitige, gestaltende Prozesserklärung, die grundsätzlich im Interesse einer eindeutigen und klaren Prozessrechtslage nicht frei widerrufen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 2000 III R 7/97, BFHE 193, 219, BStBl II 2001, 200, unter II. 5. der Gründe, m.w.N.).

Der erkennende Senat hat offen gelassen, ob die Verzichtserklärung ausnahmsweise analog § 128 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung bei einer wesentlichen Änderung der Prozessrechtslage widerrufen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2000 III R 100/96, BFH/NV 2001, 487, unter Ziff. 3., m.w.N.).

Für eine derartige wesentliche Änderung der Prozesslage ist in der Beschwerdebegründung ohnedies nichts dargetan worden.

Im Übrigen fehlt es auch an einer wirksamen Widerrufserklärung. Aus dem Wesen als einseitiger verfahrensgestaltender Prozesshandlung folgt, dass sie, ebenso wie der Verzicht auf mündliche Verhandlung, im Interesse der Rechtssicherheit klar, eindeutig und vorbehaltlos erklärt werden muss. Ein Widerruf durch bloßes schlüssiges Verhalten reicht nicht aus (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2000 VII R 34/00, BFH/NV 2001, 462, unter Ziff. 2., m.w.N.).

Der Bemerkung im Schriftsatz vom 31. August 2000, trotzdem den Kalender im Termin natürlich vorzulegen, könnte allenfalls die Bedeutung eines konkludenten Widerrufs der zuvor bereits abgegebenen Verzichtserklärung beigemessen werden (vgl. auch BFH-Beschluss vom 8. Juni 1994 IV R 9/94, BFH/NV 1995, 129, m.w.N.).

Das FG ist zwar an einem Verzicht auf mündliche Verhandlung nicht gebunden. Vielmehr muss es ggf. sogar eine mündliche Verhandlung anberaumen, wenn anderenfalls das Recht auf Gehör eines der Beteiligten verletzt werden würde (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 487, unter Ziff. 3.; BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 129, m.w.N.).

Der Kläger hat indes auch insoweit nichts vorgetragen, was für eine Pflicht des FG sprechen könnte, ungeachtet der Verzichtserklärungen der Verfahrensbeteiligten dennoch eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Dabei sind insbesondere die intensiven Aufklärungsbemühungen des Berichterstatters sowie der ausdrückliche Hinweis auf die fehlende Eignung des vom Prozessvertreter wiederum allein zur Vorlage in einem Termin angekündigten Kalenders als Beweismittel für eine fristgerechte Absendung der Einspruchsschrift zu berücksichtigen.

3. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.

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