Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.09.2002
Aktenzeichen: III B 70/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie wird verworfen. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sieht als grundsätzlich bedeutsam die Frage an, ob es den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht, wenn die Finanzbehörde, nachdem sie jahrelang entgegen der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung Anträge eines Steuerpflichtigen auf Investitionszulage und Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte und zur Umsatzsteuer entgegengenommen hat, im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals die Ablehnung der Investitionszulage auf die fehlende Zuständigkeit stützt. Zur Begründung verweist die Klägerin im Wesentlichen auf ein Urteil des Finanzgerichts (FG) zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Stellung eines Investitionszulagenantrags 1991 bei einem unzuständigen Finanzamt (FA), nachdem dieses FA jahrelang trotz seiner Unzuständigkeit Investitionszulagenanträge entgegengenommen und an das zuständige FA weitergeleitet hatte. Ferner weist die Klägerin auf die angeblich hohe Fehlerquote bei der Bearbeitung von Investitionszulagenanträgen im Fördergebiet hin.

Damit ist die grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Urteil des FG befasst sich nicht mit der von der Klägerin herausgestellten Frage, ob der Steuerpflichtige bzw. der Investor darauf vertrauen darf, er könne den Investitionszulagenantrag für das Folgejahr weiterhin bei dem unzuständigen Betriebsstätten-FA einreichen, wenn dieses FA ohne einen entsprechenden Hinweis seine Zuständigkeit für die Vorjahre angenommen hatte. Ein solcher Sachverhalt lag hier nicht vor. Denn die Klägerin legt selbst dar, die Betriebsstätte im Fördergebiet, die vom Beklagten und Beschwerdegegner (FA) und vom FG nicht anerkannt wurde, sei erst 1996 begründet worden. Soweit die Klägerin geltend macht, bereits für die Vorjahre habe das beklagte FA, obwohl es unzuständig gewesen sei, Steuererklärungen und Investitionszulagenanträge für sie unbeanstandet entgegengenommen, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlich ist (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 1998 III B 35/98, BFH/NV 1999, 497). Da die Frage für das FG nicht entscheidungserheblich war, führt auch der bloße Hinweis der Klägerin auf angeblich fehlerhafte Investitionszulagenfestsetzungen durch die Finanzbehörden im Fördergebiet nicht weiter.

Aus den gleichen Gründen treffen auch die Ausführungen der Klägerin zur Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht den Kern. Sieht man die Rechtsfortbildungsrevision nicht als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung, sondern als eigenständigen Revisionszulassungsgrund an, bei dem es auf die Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht ankommt, muss der Einzelfall Veranlassung geben, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch zu schließen (BFH-Beschluss vom 6. Februar 2002 V B 36/01, BFH/NV 2002, 824). Die Klägerin hat sich zu diesen Erfordernissen nicht geäußert. Da die Rechtsfrage --wie dargelegt-- nicht entscheidungserheblich ist, fehlt es an der Eignung des Falles, bisher ungeklärte Rechtsfragen generell zu klären.

2. Auch die Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit die Klägerin beanstandet, das FG habe den Sachverhalt im Hinblick auf die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes durch das FA wegen jahrelanger Annahme der Zuständigkeit für ihre steuerlichen Angelegenheiten nicht hinreichend ermittelt, fehlt es insbesondere an der Angabe der entscheidungserheblichen Tatsachen, die sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten, sowie der Darlegung, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung auch ohne entsprechenden Antrag der Klägerin hätte aufdrängen müssen (z.B. BFH-Beschluss vom 3. April 2001 IV B 15/00, BFH/NV 2001, 1280; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 50 i.V.m. § 120 Rz. 70).

Der Einwand, das FG habe lediglich behauptet, die Geschäftsleitung habe sich in Berlin befunden, es habe ferner ihre, der Klägerin, Schriftsätze missverstanden und daraus im Umkehrschluss falsche Folgerungen gezogen, geht fehl. Zum einen hat das FG seine Auffassung zum Ort der Geschäftsleitung der Klägerin sehr eingehend begründet. Zum anderen sind die Grundsätze der Beweiswürdigung ebenso wie der Schlussfolgerung dem materiellen Recht zuzuordnen, die eine Verfahrensrüge nicht begründen können (z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2001 V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; Ruban in Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 82 f.). Die Rüge, das FG habe ihren, der Klägerin, in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt, greift ebenfalls nicht durch. Abgesehen davon, dass die Klägerin auch insoweit zum voraussichtlichen Ergebnis der Beweisaufnahme keine Ausführungen gemacht hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass sie die Nichterhebung des Beweises gerügt habe bzw. aus welchen Gründen ihr eine entsprechende Rüge nicht möglich gewesen sei (z.B. BFH-Beschluss vom 18. Januar 2001 V B 157/00, BFH/NV 2001, 926; Ruban in Gräber, a.a.O., § 116 Rz. 50 i.V.m. § 120 Rz. 69). Wird die Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht des FG gerügt, muss angegeben werden, worauf hätte hingewiesen werden müssen und was darauf geantwortet worden wäre (z.B. BFH-Beschluss vom 17. Juni 1999 III B 168/96, BFH/NV 1999, 1503; Ruban in Gräber, a.a.O., § 116 Rz. 50 i.V.m. § 120 Rz. 71). Diesen Anforderungen genügt die bloße Rüge der Klägerin, das FG hätte ihr Gelegenheit geben müssen, ihre Auffassung zum Ort der Geschäftsleitung näher zu erörtern und zu dokumentieren, nicht.

Die Klägerin macht auch zu Unrecht geltend, das FG habe eine unzulässige sog. Überraschungsentscheidung getroffen. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert die substantiierte und schlüssige Darlegung, wozu der Beteiligte sich nicht äußern konnte. Außerdem ist zumindest in Grundzügen anzugeben, was er Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte, wenn ihm ausreichend Gehör gewährt worden wäre (BFH-Urteil vom 23. Januar 1985 I R 292/81, BFHE 143, 325, BStBl II 1985, 417). Die Klägerin hat indes nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, angegeben, welche einzelnen Tatumstände im Hinblick auf ihren Ort der Geschäftsleitung sie etwa auf einen entsprechenden Hinweis des FG noch vorgebracht hätte.

Im Übrigen ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.

Ende der Entscheidung

Zurück