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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: III B 74/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 beantragte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) unter Vorlage fachärztlicher Atteste, Aufwendungen für die Renovierung seiner Mietwohnung (Austausch des Teppichbodens gegen Laminat und Fliesen, Abhängen der Zimmerdecken mit Holzpaneele, Austausch von Türen), die wegen seiner Hausstauballergie erforderlich gewesen sei, als außergewöhnliche Belastung abzuziehen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klagabweisung im Wesentlichen darauf, dass der Kläger kein vor der Renovierung eingeholtes amts- oder vertrauensärztliches Attest vorgelegt habe. Die nach Erhebung der Klage ausgestellte amtsärztliche Bescheinigung könne keinen Aufschluss über die krankheitsbedingte Notwendigkeit der Maßnahmen geben. Dies gelte ebenso für das vom Kläger in der Klagebegründung beantragte Sachverständigengutachten zum Nachweis, dass die ausgetauschten Gegenstände nicht mangelhaft waren und nur wegen ihrer allergieauslösenden Wirkung ersetzt worden seien.

Mit der Beschwerde rügt der Kläger unzureichende Sachverhaltsermittlung wegen Nichterhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises sowie Verletzung rechtlichen Gehörs. Außerdem macht er Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geltend sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil der BFH über die Beibringung nachträglich erstellter Nachweise für den Fall des Austauschs eines Teppichbodens wegen therapieresistenter Allergie noch nicht entschieden habe.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Der Kläger hat keinen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

1. Die behaupteten Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nicht schlüssig dargetan.

a) Wird unzureichende Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) wegen Nichterhebung von Beweisen gerügt, so ist darzulegen, inwiefern das Urteil --ausgehend von der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG-- auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (z.B. Senatsbeschluss vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640, m.w.N.).

Derartige Ausführungen fehlen. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich vielmehr, dass die unterlassene Einholung des Gutachtens nach der Rechtsauffassung des FG nicht entscheidungserheblich sein konnte. Denn das FG hat nach dem eigenen Vorbringen des Klägers die Einholung eines Gutachtens mit der Begründung abgelehnt, "eine nachträgliche Begutachtung könne die frühere Situation nicht mehr treffen".

b) Der Beschwerdebegründung des Klägers ist auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) zu entnehmen. Seine Behauptung, das FG habe den Inhalt seiner Schriftsätze nicht zur Kenntnis genommen, hat der Kläger nicht näher erläutert.

c) Die Rüge, das FG habe eine Überraschungsentscheidung erlassen, ergibt ebenfalls keinen Verfahrensfehler. Insoweit hat der Kläger nicht vorgetragen, dass das FG sein Urteil auf einen nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen konnte (BFH-Beschluss vom 19. Juli 2005 X B 30/05, BFH/NV 2005, 1861).

2. Mit der Beschwerde wird auch weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch das Erfordernis einer BFH-Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO dargelegt.

Wann ein nachträglich erstelltes Gutachten als Nachweis dafür ausreicht, dass von Gegenständen des existenziellen Bedarfs eine Gesundheitsgefährdung für den Steuerpflichtigen ausgeht und deshalb die Aufwendungen für den Ersatz dieser Gegenstände als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, ist durch den Senat geklärt.

Ein nachträgliches Gutachten lässt der Senat ausnahmsweise dann genügen, wenn vom Steuerpflichtigen nicht erwartet werden konnte, dass er die Notwendigkeit der vorherigen Begutachtung kannte, weil ein derartiges Erfordernis für bestimmte Aufwendungen erstmals höchstrichterlich aufgestellt worden ist (z.B. Senatsurteile vom 1. Februar 2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543; vom 9. August 2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240; vom 23. Mai 2002 III R 52/99, BFHE 199, 287, BStBl II 2002, 592; Senatsbeschluss vom 20. November 2003 III B 44/03, BFH/NV 2004, 335, m.w.N.).

Der Kläger hat nicht vorgetragen, inwieweit erneuter Klärungsbedarf für diese Frage besteht. Unerheblich ist, dass der BFH noch nicht konkret über die ausnahmsweise nachträgliche Begutachtung im Zusammenhang mit der Abziehbarkeit von Aufwendungen für den Austausch eines Teppichbodens wegen therapieresistenter Allergie zu entscheiden hatte. Denn insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei Aufwendungen für die Asbestsanierung einer Außenfassade oder für den Austausch formaldehydverseuchter Möbel (vgl. Senatsurteile in BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240, und in BFHE 199, 287, BStBl II 2002, 592).

Die behauptete Abweichung des FG-Urteils von dieser BFH-Rechtsprechung ist ebenfalls nicht ausreichend bezeichnet. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von dem tragenden Rechtssatz eines dieser BFH-Urteile abweicht.

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