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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.11.1999
Aktenzeichen: III B 76/99
Rechtsgebiete: FGO, EStG, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 132
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
EStG § 33
EStG § 33 Abs. 2 Satz 1
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Zulassungsgründe sind nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen substantiiert dargetan (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung muss dargelegt werden. Dazu muss der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschluss vom 30. August 1995 III B 3/93, BFH/NV 1996, 223). Der Hinweis darauf, dass die konkrete Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, genügt nicht; denn daraus allein ergibt sich nicht, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (BFH-Beschluss vom 22. Oktober 1994 V B 40/94, BFH/NV 1995, 610, 611).

Liegt eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so genügt der bloße Hinweis auf eine abweichende Verwaltungsregelung ebenfalls nicht, sofern damit nicht zugleich neue, von dieser Rechtsprechung bislang unberücksichtigte Gesichtspunkte eingeführt werden (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1988 VIII B 71/88, BFHE 155, 44, BStBl II 1989, 566, 567).

b) Die Beschwerde wirft die Rechtsfrage auf, ob nicht nur bei gesundheitsfördernden Maßnahmen und Krankheitskosten, sondern auch bei zwar ausschließlich der Heilbehandlung dienenden, jedoch alternativen, von der Schulmedizin nicht anerkannten Behandlungsmethoden zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein vor Beginn der entsprechenden Behandlung ausgefertigtes amtsärztliches Attest vorgelegt werden müsse.

Der BFH unterscheidet in ständiger Rechtsprechung zwischen unmittelbaren Krankheitskosten, die zum Zweck der Heilung und zumindest mit dem Ziel gemacht werden, die Krankheit erträglicher zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 1998 III R 110/93, BFH/NV 1998, 1480, m.w.N.) und solchen Aufwendungen, die lediglich allgemein der Vorbeugung oder Erhaltung der Gesundheit dienen, bei denen durch ein vor Beginn der Behandlung erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen werden muss, dass es sich im konkreten Fall um eine krankheitsbedingte Heilmaßnahme handelt (vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 1991 III R 70/88, BFH/NV 1991, 386 unter Ziff. 1 der Gründe, m.umf.N.; vom 14. August 1997 III R 67/96, BFHE 183, 561, BStBl II 1997, 732 unter Ziff. 1 der Gründe, m.w.N.; ferner ausführlich Brockmeyer in Deutsche Steuer-Zeitung 1998, 214, 220, m.w.N.).

Bei den unmittelbaren Krankheitskosten sind alle Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Der Begriff der Heilbehandlung umfasst dabei alle Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zwecke angezeigt sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern (§ 161 StGBE 1962, BRDrucks 200/62, S. 38). Der BFH hat ausdrücklich klargestellt, dass diese strafrechtliche Definition der Heilbehandlung der zum Begriff der Krankheitskosten i.S. des § 33 EStG ergangenen Rechtsprechung des BFH entspreche und ebenso der die kassenärztliche Heilbehandlung begrifflich festlegenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die gleichermaßen den gezielten medizinisch indizierten Eingriff zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit voraussetze (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 unter Ziff. 3 a der Gründe; ausführlich BFH-Urteile vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805, m.umf.N.; in BFH/NV 1998, 1480, 1481, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 8. Juli 1998 III B 94/97, BFH/NV 1999, 65 unter Ziff. 2 der Gründe).

Der erkennende Senat hat ferner in seinem Urteil in BFH/NV 1991, 386 unter Ziff. 2 der Gründe, m.w.N., auch bei nicht rezeptpflichtigen Medikamenten die Verordnung durch den Hausarzt zur Trennung von "echten" Arzneimitteln genügen lassen und das Finanzamt (FA) bei begründeten Zweifeln, z.B. am Vorliegen einer Krankheit oder an der Notwendigkeit der konkreten ärztlichen Verordnung, darauf verwiesen, weitere fachkundige Auskünfte, z.B. durch eine amtsärztliche Stellungnahme einzuholen.

Der Senat hat zwar bei Behandlungen mit Hilfe wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden, wie z.B. bei Frischzellenbehandlungen, den Nachweis der medizinischen Indikation ebenfalls durch ein vor Beginn erstelltes amtsärztliches Attest in Übereinstimmung mit R 189 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1998, ebenfalls bereits Abschn. 188 Abs. 1 Satz 4 EStR 1990, für geboten erachtet (vgl. Urteil in BFH/NV 1991, 386 unter Ziff. 1 der Gründe). Damit ist der im Streitfall gegebene Sachverhalt indes offensichtlich nicht vergleichbar; denn die schwerwiegende Erkrankung der zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist völlig unstreitig. Um die von der Verwaltungsregelung in der Rechtsprechung erfasste Problematik der Abgrenzung echter Krankheitskosten von nur allgemein gesundheitsfördernden oder vorbeugenden Maßnahmen geht es erkennbar nicht. Die mit biologischer Chemotherapie beschriebene Behandlungsmethode im Streitfall bediente sich mit den Mitteln Lentaron und Farlutal auch konservativer Behandlungsmöglichkeiten. Sie brachte indes zusätzlich die Protease-Inhibitoren zur Anwendung, deren Wirksamkeit Gegenstand mehrerer internationaler Studien ist.

Die Beschwerde hat keine substantiierten Ausführungen gemacht, weshalb in Fällen von ärztlich entwickelten und verordneten Außenseitermethoden zur Linderung von Krankheiten abweichend von der dargestellten Rechtsprechung und insbesondere von der Möglichkeit des FA, von sich aus eine amtsärztliche Stellungnahme einzuholen, generell ein amtsärztlicher Nachweis geboten wäre. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das FA) hat im übrigen selber nicht behauptet, dass die hier in Frage stehende Methode auf der Ebene von Geist- oder Wunderheilern läge, wo die Rechtsprechung einen zielgerichteten Eingriff zur Heilbehandlung verneint hat (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 1990 III R 38/86, BFH/NV 1991, 27, m.w.N.). Entscheidend für diese Rechtsprechung ist im übrigen, dass es sich nicht um zur Ausübung der Heilkunde zugelassene Personen handelt (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 33 EStG Anm. 93, m.w.N.).

2. Die Divergenzrüge entspricht ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen.

a) Für die Bezeichnung der Abweichung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO genügt es nicht, die Entscheidung, von der das Finanzgericht (FG) abgewichen sein soll, mit Datum und Aktenzeichen zu benennen. Der Beschwerdeführer muss vielmehr darüber hinaus dartun, dass das FG mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des BFH aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen sei. In der Beschwerdeschrift müssen die divergierenden Rechtssätze im FG-Urteil und in der BFH-Entscheidung einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890 unter Ziff. I. der Gründe).

b) Die Beschwerde hat zwar auf die ständige BFH-Rechtsprechung hingewiesen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805), wonach der Steuerpflichtige vor einer Geltendmachung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG anderweitige Ersatzmöglichkeiten ausschöpfen müsse. Der erkennende Senat hat indes den Rechtssatz aufgestellt, Aufwendungen seien grundsätzlich nicht zwangsläufig, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten abgewendet werden könnten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805 unter Ziff. 4, und das dort zitierte Urteil des erkennenden Senats vom 20. September 1991 III R 91/89, BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137, dazu Anmerkung o.V. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 237; ferner BFH-Urteil in BFHE 183, 561, BStBl II 1997, 732 unter Ziff. 3 der Gründe, m.umf.N.).

Das FA hat überdies keinen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz formuliert, den das FG im angefochtenen Urteil in entscheidungserheblicher Weise zugrunde gelegt haben soll. Vielmehr hat das FA lediglich behauptet, das FG habe die höchstrichterliche Rechtsprechung im Streitfall unzutreffend angewendet, weil es die Klagerücknahme im Rahmen der Zumutbarkeit als unschädlich beurteilt habe (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 4. August 1993 II B 175/92, BFH/NV 1994, 718, 719; vom 21. Juni 1993 IX B 5/93, BFH/NV 1994, 381 unter Ziff. 2 der Gründe).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Ende der Entscheidung

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