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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.12.1998
Aktenzeichen: III R 113/95
Rechtsgebiete: InvZulG 1991, BerlinFG, AO 1977
Vorschriften:
InvZulG 1991 § 2 Satz 1 | |
InvZulG 1991 § 1 Abs. 3 Nr. 1 | |
BerlinFG § 19 | |
AO 1977 § 12 Abs. 2 Nr. 3 |
Gründe
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie erwarb im Mai 1992 (Streitjahr) ein Motorschiff, mit dem überwiegend Kreuzfahrten auf Binnengewässern durchgeführt werden. Das Schiff ist in Brandenburg registriert und hat in X einen festen Liegeplatz. Es wird dort gewartet und in der Regel auch mit Ausrüstung und Proviant ausgestattet. Dort unterhält die Klägerin auch ein Büro, in dem eine --auch für andere Auftraggeber tätige-- Mitarbeiterin ständig anwesend ist. Die Mitarbeiterin erledigt den anfallenden Telefon- und Postverkehr. Auch die Post der Schiffsmannschaft geht an dieses Büro.
Die Klägerin vercharterte das Schiff an Reiseveranstalter. Im Streitjahr führte sie --bis auf eine Fahrt nach Hamburg mit einer dortigen Liegezeit von 14 Tagen-- Fahrten von X nach Prag und zurück sowie Fahrten im Fördergebiet durch. In der Zeit vom 8. August bis zum 24. Oktober 1992 ergaben sich aufgrund von Niedrigwasser auf der Elbe lange Liegezeiten in X und Y. Von April bis November 1993 führte die Klägerin verschiedene Kreuzfahrten durch. Anfang September 1993 fuhr das Schiff von X nach Wien. Da die Gesamtstrecke nicht ausgebucht war, bot die Klägerin auch die Teilstrecken von X nach Nürnberg und von Nürnberg nach Wien bzw. umgekehrt an. Vor der Rückfahrt nach X unternahm sie dementsprechend vier siebentägige Fahrten zwischen Wien und Nürnberg. Durch den Einsatz auf der Donau umging die Klägerin das zu dieser Zeit bestehende Risiko von Niedrigwasser auf der Elbe. Bis zur Rückkehr nach X Anfang November 1993 war das Schiff zusammenhängend 64 Tage nicht im Fördergebiet unterwegs. Die Gesamtaufenthaltsdauer außerhalb des Fördergebiets betrug 1993 117 Tage. Auch 1994 und von Januar bis Mai 1995 führte die Klägerin mit dem Schiff Fahrten aus dem Fördergebiet heraus und zurück durch. Auf diesen Fahrten war das Schiff nicht länger als 13 zusammenhängende Tage und in den Jahren 1992 bis 1994 höchstens 117 Tage pro Jahr außerhalb des Fördergebiets im Einsatz.
Auf ihren Antrag auf Investitionszulage für das Streitjahr gewährte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) --nach einer Nachschau-- der Klägerin mit unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestelltem Bescheid zunächst eine Investitionszulage in Höhe von ... DM nach dem Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1991. Zuvor hatte die Klägerin dem FA u.a. ihr Reiseprogramm für 1993 mitgeteilt und darauf hingewiesen, im September und Oktober 1993 umgehe sie dieses Mal die kritische Niedrigwasserzeit auf der Elbe durch Reisen auf der Donau. Die Ausfallzeiten durch das Niedrigwasser im letzten Jahr hätten sie in eine finanziell angespannte Lage gebracht.
Die Klägerin erhob gegen den Investitionszulagenbescheid Einspruch, da das FA in Abweichung von ihrem Antrag die Bemessungsgrundlage um verschiedene Einzelpositionen gekürzt hatte. In der Einspruchsentscheidung setzte das FA die Investitionszulage sodann wegen Nichteinhaltens der Verbleibensfristen auf 0 DM fest.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es war der Auffassung, die Verbleibensvoraussetzungen nach § 2 Satz 1 InvZulG 1991 seien erfüllt, und führte dazu in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 110 veröffentlichten Urteil im wesentlichen aus:
Ob das Büro in X der Klägerin als Betriebsstätte anzusehen sei, zu deren Anlagevermögen das Schiff gehöre, könne dahinstehen. Jedenfalls sei das Schiff als Anlagevermögen eines Betriebes i.S. des § 2 Satz 1 InvZulG 1991 anzusehen, ohne daß es zu einer Betriebsstätte an Land gehören müsse.
Auch das Erfordernis des dreijährigen Verbleibens im Fördergebiet gemäß § 2 Satz 1 InvZulG 1991 sei gegeben. Bei einem Schiff seien die Verbleibensvoraussetzungen zu bejahen, wenn es sich an mindestens 183 Tagen im Jahr im Fördergebiet befinde und die Fahrten, die außerhalb des Fördergebiets beginnen und enden, zusammenhängend einen Monat nicht überschritten. Unter Berücksichtigung des Programms von Kreuzfahrtschiffen sei es unschädlich, wenn für die Strecken X - Wien und zurück jeweils 18 Tage --insgesamt 36 Tage-- außerhalb des Fördergebiets zugebracht würden. Die in der Zeit zwischen der Ankunft in Wien und der Rückreise nach X durchgeführten vier siebentägigen Fahrten zwischen Wien und Nürnberg seien unschädliche Zwischenfrachten, da sie mit 28 Tagen nicht länger als einen Monat gedauert hätten.
Entscheidend hierfür sei die gegenüber LKW oder PKW geringere Reisegeschwindigkeit von Binnenschiffen, die nach einer formlos eingeholten Auskunft der ... 8 bis 20 km/h betrage. Außerdem lege ein Binnenschiff wegen der geringen Netzdichte der Wasserstraßen oft längere Strecken zurück als z.B. ein LKW. Auch müßten bei Kreuzfahrtschiffen Pausen für Landausflüge und für die Nachtruhe eingelegt werden. Die Auffassung der Finanzverwaltung, bei Transportmitteln sei lediglich ein Zeitraum von bis zu 14 Tagen zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet investitionszulagenunschädlich (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 28. August 1991, BStBl I 1991, 768, Tz. 48), sei für Schiffe (Last- und Fahrgastschiffe) zu eng. Auch bei Baugeräten werde ein längerer Zeitraum, nämlich fünf Monate, noch als kurzfristiger Einsatz außerhalb des Fördergebiets angesehen (BMF-Schreiben in BStBl I 1991, 768, Tz. 49).
Durch die Investitionszulage habe die Klägerin schließlich keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Reedern aus den alten Bundesländern erhalten, da die ausschließlich außerhalb der neuen Bundesländer durchgeführten Fahrten von untergeordneter Bedeutung gewesen seien. Zu berücksichtigen sei auch, daß die Klägerin die Fahrten zwischen Nürnberg und Wien kurzfristig übernommen habe, um eine Stillegung des Schiffes wie 1992 wegen Niedrigwasser auf der Elbe zu vermeiden.
Mit der Revision macht das FA Verfahrensmängel geltend und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Es trägt vor: Der Klägerin stehe die Investitionszulage schon deshalb nicht zu, weil sie weder einen Betrieb noch eine Betriebsstätte im Fördergebiet unterhalte und das Schiff daher nicht zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehöre. Unabhängig davon sei die Investitionszulage nicht zu gewähren, weil die Verbleibensvoraussetzungen des § 2 Satz 1 InvZulG 1991 nicht erfüllt seien. Da sich das Schiff 1993 zusammenhängend 64 Tage nicht im Fördergebiet befunden habe, sei die für Transportmittel als zulagenunschädlich anerkannte Abwesenheitsdauer von 14 Tagen überschritten.
Als Transportmittel müsse ein Schiff für die Zulageberechtigung in jedem Jahr des Dreijahreszeitraumes überwiegend und regelmäßig, d.h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, im Fördergebietsverkehr eingesetzt werden. Eine größere zeitliche Unterbrechung liege nur dann nicht vor, wenn der Zeitraum zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet nicht mehr als 14 Tage betrage. Nach den Feststellungen des FG habe sich das Schiff aber 1993 zusammenhängend 64 Tage nicht im Fördergebiet befunden. Zweifelhaft sei auch die Auffassung des FG, wonach für die Frage, wieviele Tage sich ein Schiff zusammenhängend außerhalb des Fördergebiets befunden habe, nur die Fahrten zu berücksichtigen seien, die außerhalb des Fördergebiets beginnen und enden, nicht aber der Zeitraum von der Ausfahrt aus dem Fördergebiet bis zur Wiedereinfahrt.
Das FG habe im übrigen eine Überraschungsentscheidung getroffen, weil es sich für die von ihm als entscheidend angesehene geringere Reisegeschwindigkeit eines Schiffes im Vergleich zu einem LKW auf die formlose Auskunft der ... berufe. Zu diesem Gesichtspunkt habe es, das FA, sich nicht äußern können. Das FG habe im Verfahren nicht deutlich gemacht, daß es die Verbleibensvoraussetzungen maßgeblich von der Reisegeschwindigkeit eines Schiffes abhängig mache. Zudem habe es die Umstände, die für das Vorliegen eines Betriebes bzw. einer Betriebsstätte im Fördergebiet sprechen, nicht ausreichend aufgeklärt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das FA sich nicht zu der vom FG eingeholten Auskunft der ... zu der Reisegeschwindigkeit von Schiffen habe äußern können, ist nicht schlüssig. Bezieht sich die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs --wie hier-- nur auf einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte, so setzt eine ordnungsgemäße Rüge dieses Verfahrensverstoßes voraus, daß der Rechtsmittelführer über die Angabe, wozu er sich nicht habe äußern können, hinaus darlegt, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte. Hieran fehlt es aber im Streitfall. Hinsichtlich der weiteren Verfahrensrüge sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) von einer Begründung seiner Entscheidung ab.
2. Auch die materiell-rechtliche Prüfung der Vorentscheidung ergibt keine Rechtsverletzung.
a) Nach § 2 Satz 1 InvZulG 1991 wird eine Investitionszulage nur für solche zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehörenden neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter gewährt, die mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben.
Das Erfordernis des Verbleibens verlangt grundsätzlich, daß für das zulagenbegünstigte Wirtschaftsgut zumindest eine dauerhafte zeitliche und räumliche Bindung zu einer Betriebsstätte im Fördergebiet besteht (vgl. zu einem Seeschiff schon das Urteil des Senats vom 11. Mai 1983 III R 52/80, BFHE 138, 503, BStBl II 1983, 581, zu § 1 Abs. 3 Nr. 1 InvZulG 1975). Ob dies der Fall ist, muß jeweils unter Berücksichtigung der Eigenart und der Zweckbestimmung des betreffenden Wirtschaftsguts bestimmt werden (Urteil des Senats vom 15. Mai 1997 III R 264/94, BFH/NV 1997, 898, m.w.N., zu § 19 des Berlinförderungsgesetzes --BerlinFG--). Für die Auslegung des InvZulG 1991 gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie für frühere regional begrenzte Fördergesetze (Beschluß des Senats vom 9. Mai 1996 III B 242/95, BFH/NV 1996, 932).
Um den branchenbedingten Besonderheiten und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Transportverkehrs mit LKW (auch LKW-Anhängern und Omnibussen) Rechnung zu tragen, anerkennt der Senat bei diesen Transportmitteln Ausnahmen von den strengen Verbleibensvoraussetzungen. Eine räumliche Bindung an das Fördergebiet ist insoweit auch dann noch anzunehmen, wenn in gewissem Umfang außerhalb des Fördergebiets Zwischenfrachten durchgeführt werden, sofern das Transportmittel überwiegend, d.h. an mehr als 183 Tagen pro Jahr der Bindungsfrist, und regelmäßig, d.h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, im Fördergebietsverkehr eingesetzt wird (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1997, 898). Einen regelmäßigen Einsatz von LKW im Fördergebietsverkehr sieht der Senat in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung noch als gegeben an, wenn zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet nicht mehr als 14 Tage liegen (Urteil des Senats in BFH/NV 1997, 898, m.w.N.; BMF-Schreiben in BStBl I 1991, 768, Tz. 48; vom 31. März 1992, BStBl I 1992, 236, unter Nr. 7; vom 30. Dezember 1994, BStBl I 1995, 18, Tz. 3).
Ausschlaggebend für diese Rechtsprechung ist der regionale Förderzweck der entsprechenden Regelungen des Berlinhilfegesetzes (BHG) bzw. des BerlinFG und nunmehr des InvZulG 1991, der es gebietet, die Anforderungen an einen regelmäßigen Einsatz der Transportmittel im Fördergebietsverkehr so zu bemessen, daß unangebrachte Wettbewerbsnachteile von Verkehrsunternehmen ohne Betriebsstätte im Fördergebiet vermieden werden. Diesem Zweck entspricht es, bei LKW zulagenrechtlich als noch unschädliche Abwesenheitszeit zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet grundsätzlich lediglich einen Zeitraum anzuerkennen, der üblicherweise ausreichend ist, um Zielorte im übrigen Bundesgebiet und im angrenzenden Ausland zu erreichen. Diesen Zeitraum sieht der Senat für LKW mit 14 Tagen als ausreichend bemessen an, wobei besondere Umstände wie reparatur- oder streikbedingte oder auf ausnahmsweise längeren Auslandsfahrten beruhende Abwesenheitszeiten im Einzelfall Berücksichtigung finden können (Urteil des Senats in BFH/NV 1997, 898).
b) Auch bei Schiffen, die zu Transportzwecken genutzt werden, ist ein Verbleiben von mindestens drei Jahren nach der Anschaffung oder Herstellung im Fördergebiet i.S. von § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1991 nur dann gegeben, wenn ein solches Schiff in jedem Jahr dieses Zeitraumes überwiegend und regelmäßig im Fördergebietsverkehr eingesetzt wird. Hinsichtlich des Erfordernisses eines überwiegenden Einsatzes im Fördergebietsverkehr besteht unter den Beteiligten kein Streit. Sie gehen übereinstimmend davon aus, daß das Schiff in jedem Jahr des Dreijahreszeitraumes an mindestens 183 Tagen im Fördergebietsverkehr eingesetzt war.
Entgegen der Auffassung des FA ist auch von einem regelmäßigen Einsatz des Schiffes durch die Klägerin im Fördergebietsverkehr auszugehen.
aa) Dabei kann offenbleiben, bis zu welchem Zeitraum zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet bei einem Schiff generell noch ein regelmäßiger Einsatz im Fördergebietsverkehr gegeben ist. Der Senat neigt zwar dazu, bei Fahrgastschiffen, die --wie im Streitfall-- für Kreuzfahrten und ähnliche Ausflugsfahrten verwendet werden, einen regelmäßigen Einsatz im Fördergebietsverkehr nur dann anzuerkennen, wenn der Zeitraum zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet einen Monat nicht überschreitet. Es spricht nach Auffassung des Senats manches dafür, daß dieser Zeitraum einerseits ausreicht, um die rechtlich geforderte Anbindung des Transportmittels an das Fördergebiet zu gewährleisten. Andererseits dürfte er auch angemessen sein, um dem Förderzweck entsprechend einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz von Fahrgastschiffen vom Fördergebiet aus zu ermöglichen, ohne zugleich im Widerspruch zum Zweck der regionalen Förderung zu unvertretbaren Wettbewerbsnachteilen für außerhalb des Fördergebiets ansässige Schiffahrtsunternehmen zu führen. Kreuzfahrten und ähnliche Ausflugsfahrten, wie sie mit dem Schiff der Klägerin oder mit vergleichbaren Schiffen vom Fördergebiet aus unternommen werden, erfordern grundsätzlich keine länger als einen Monat dauernden Abwesenheiten vom Fördergebiet. Dabei orientiert sich der Senat zum einen an den z.B. von der Klägerin angebotenen Reisen, die grundsätzlich sogar nur zwei Wochen dauern. Außerdem berücksichtigt er ganz allgemein, daß übliche Urlaubsreisen in der Regel auch nur zwischen zwei und drei Wochen dauern; vierwöchige Reisen sind bereits eher selten. Mit der Tolerierung einer Abwesenheitsdauer von höchstens einem Monat wäre im übrigen auch der im Vergleich zu LKW geringeren Fahrgeschwindigkeit von Schiffen angemessen Rechnung getragen. Die allgemeine Anerkennung noch längerer Abwesenheitszeiträume, etwa von --wie im Streitfall-- 64 Tagen oder, den Vorstellungen der Klägerin entsprechend, generell von bis zu 10 Wochen (bei Fahrgastschiffen) als zulagenunschädlich könnte die Möglichkeit zur Durchführung von Zwischenfrachten in einem --nicht lediglich untergeordneten-- Umfang eröffnen, der die Erfordernisse einer wirtschaftlichen Auslastung des Schiffes während zweier Fahrten im Fördergebietsverkehr zur Vermeidung einer Stilliegezeit überschritte. Dadurch könnten Schiffahrtsunternehmen ohne Betriebsstätte im Fördergebiet im Wettbewerb ungerechtfertigt benachteiligt werden (s.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Mai 1968 VI R 5/68, BFHE 92, 392, BStBl II 1968, 570, zu Zwischenfrachten mit LKW).
bb) Doch sind im Streitfall derart besondere Umstände gegeben, daß die streitige, einmalige längere Abwesenheit vom Fördergebiet im Jahre 1993 --ungeachtet allgemein einzuhaltender Fristen-- ausnahmsweise als zulagenunschädlich angesehen werden kann. Es lagen insoweit von der Klägerin jedenfalls nicht mehr beeinflußbare Ereignisse vor; vergleichbar den Ereignissen, die der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 1997, 898 bei längeren als 14-tägigen Abwesenheiten von LKW als zulagenunschädlich bezeichnet hat.
Durch das Ausweichen auf die Donau und die damit verbundenen "Zwischen"-fahrten zwischen Nürnberg und Wien begegnete die Klägerin der Gefahr von Niedrigwasser auf der Elbe in der fraglichen Zeit und vermied ein befürchtetes Stilliegen des Schiffes für einen längeren Zeitraum. Die bloße Gefahr von Niedrigwasser während einer bestimmten Jahreszeit rechtfertigt zwar grundsätzlich nicht die ausnahmsweise Anerkennung einer längeren Abwesenheitsdauer für ein Schiff als zulagenunschädlich. Doch ging es bei der Klägerin um mehr als um die allgemeine Gefahr von Niedrigwasser in einer bestimmten Zeit. Bei ihr wirkte die Erfahrung nach, die sie im Vorjahr gemacht hatte, als sie in der Zeit vom 8. August bis zum 24. Oktober (1992) wegen Niedrigwassers auf der Elbe zu langen Liegezeiten in X und Y gezwungen war. Eine gleiche Situation wollte sie 1992 vermeiden. Dabei fällt mitentscheidend ins Gewicht, daß die Klägerin seinerzeit nicht erkennen konnte, ob und in welchem Umfang eine durch die Gefahr von jahreszeitlichem Niedrigwasser auf der Elbe bedingte Abwesenheit des Schiffes vom Fördergebiet zulagenschädlich sein würde. Zum einen lag keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu vor, bis zu welcher zeitlichen Grenze die Abwesenheit eines Schiffes vom Fördergebiet generell als zulagenunschädlich hinzunehmen ist. Zum anderen hatte die Klägerin dem FA bereits mit Schreiben vom 30. Januar 1993 --unter Beifügung ihres Reiseprogramms für 1993-- mitgeteilt, sie werde in jenem Jahr die kritische Niedrigwasserzeit auf der Elbe durch Reisen auf der Donau umgehen. Gleichwohl beanstandete das FA den geplanten Einsatz des Schiffes --auch nach Durchführung einer Nachschau im Februar 1993-- nicht. Es gewährte vielmehr die begehrte Zulage, nach vergleichsweise unbedeutenden Kürzungen der Bemessungsgrundlage, in einer Höhe von ... DM und in Kenntnis der den Ertrag des Vorjahres erheblich mindernden Umstände, zwar unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, aber ohne irgendeinen Hinweis zur möglichen Nichteinhaltung der Verbleibensvoraussetzungen.
Unter diesen besonderen Gegebenheiten stellte sich für die Klägerin die Gefahr des jahreszeitlichen Niedrigwassers auf der Elbe im Jahre 1993 als ein besonderer unerwarteter Umstand dar, der zu einer ausnahmsweise längeren, zulagenunschädlichen Abwesenheit vom Fördergebiet als bei üblichen Kreuzfahrten und Ausflugsreisen führte.
c) Fehl gehen schließlich die Einwendungen des FA, die Klägerin habe keinen Betrieb bzw. keine Betriebsstätte i.S. von § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1991 im Fördergebiet unterhalten. Nach den Feststellungen des FG, gegen die keine durchgreifenden Verfahrensrügen geltend gemacht wurden, stand der Klägerin in X ein Büro zu Verfügung, über das ein Teil des Post- und Telefonverkehrs abgewickelt wurde. Es lag sonach eine feste Geschäftseinrichtung vor, in der unternehmensbezogene Tätigkeiten ausgeführt wurden. Damit waren die Voraussetzungen einer Betriebsstätte zumindest in der Form einer Geschäftsstelle (§ 12 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung --AO 1977--) gegeben (vgl. Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 12 AO 1977 Tz. 26).
Ende der Entscheidung
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