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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: III R 22/04
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10 | |
EStG § 33 Abs. 1 | |
EStG § 33 Abs. 2 Satz 1 |
Gründe:
I. Die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eltern von zwei 1985 und 1988 geborenen schwer behinderten Söhnen. Das Versorgungsamt hat für beide den Grad der Behinderung auf 100 festgesetzt. Die Schwerbehindertenausweise enthalten außerdem die Merkzeichen "G", "aG" und "H" sowie den Hinweis, dass die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen sei.
Im Streitjahr 2001 unternahmen die Kläger mit ihren Söhnen zwei Urlaube mit einem behindertengerecht umgebauten Wohnwagen. Dabei entstanden auf die Kläger entfallende Aufwendungen für den Urlaub auf einem Campingplatz in A in Höhe von 268 DM und in B in Höhe von 307 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2001 die Behindertenpauschbeträge der Söhne sowie Pflegepauschbeträge (§ 33b Abs. 3 Satz 3 und Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) mit insgesamt 18 000 DM. Weitere Aufwendungen in Höhe von 11 352 DM (vor Abzug der zumutbaren Belastung) wurden als außergewöhnliche Belastung abgezogen, u.a. für den behindertengerechten Umbau des Wohnwagens sowie die Fahrtkosten zu den Urlaubszielen. Die Aufwendungen von 575 DM für die Campingurlaube blieben dagegen unberücksichtigt. Der Einspruch der Kläger war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1455 abgedruckt.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Rechtsansicht des FG, dass die Kosten einer "fremden" Reisebegleitung abgezogen werden könnten, nicht aber die Aufwendungen der elterlichen Begleitung, sei nicht zu folgen. Das FG verkenne, dass sich die gesamte Urlaubsplanung an den Bedürfnissen der Kinder ausgerichtet habe und aufgrund der Behinderungen nur ein Verreisen mit dem Wohnwagen in Betracht gekommen sei. Das FG stelle zudem diejenigen Eltern besser, die ihre Kinder mit fremden Begleitern in den Urlaub reisen ließen. Dies sei im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht sachgerecht.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer 2001 unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids i.d.F. der Einspruchsentscheidung unter Berücksichtigung weiterer Aufwendungen in Höhe von 293,99 € als außergewöhnliche Belastung festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen. Die Aufwendungen entstehen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe nach). Zu den danach abziehbaren Aufwendungen gehören insbesondere Krankheitskosten. Werden Krankheitskosten unterhaltsberechtigter Kinder von deren Eltern getragen, so sind diese außergewöhnlich belastet.
Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, welche in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sowie die durch § 10 EStG und Freibeträge für Kinder oder Kindergeld abgegoltenen weiteren zwangsläufigen Aufwendungen sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich der außergewöhnlichen Belastungen ausgeschlossen (Senatsurteile vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774; vom 23. Mai 2002 III R 24/01, BFHE 199, 296, BStBl II 2002, 567, und vom 3. März 2005 III R 12/04, BFH/NV 2005, 1287). Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung gehören auch Aufwendungen für den Familienurlaub; diese sind nicht außergewöhnlich, sondern durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten.
Das FG hat danach zutreffend entschieden, dass die Kosten, die den Klägern für ihre Inanspruchnahme des Campingplatzes auf den Reisen mit ihren behinderten Söhnen entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.
In seinem Urteil vom 4. Juli 2002 III R 58/98 (BFHE 199, 400, BStBl II 2002, 765) hat der Senat zwar die Kosten der Reisebegleitung des behinderten Steuerpflichtigen als krankheitsbedingt angesehen, weil er wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung auch im Urlaub ständig fremde Hilfe in Anspruch nehmen musste.
Dieses Urteil ist aber auf den Streitfall nicht übertragbar. Denn die Campingurlaube unterscheiden sich --von den besonderen Erschwernissen infolge der Behinderung der Söhne abgesehen-- nicht von einem üblichen Familienurlaub; die Reisen waren insbesondere nicht --wie z.B. der Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung-- in besonderer Weise auf die behinderten Kinder zugeschnitten (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. April 1998 III R 67/97, BFHE 186, 79, BStBl II 1998, 613, betr. Kinderkur; BFH-Beschluss vom 29. August 2003 III B 156/02, BFH/NV 2004, 41, zur Begleitung bei Fahrten ins Krankenhaus). Bei den streitigen Aufwendungen handelt es sich auch nicht um behinderungsbedingte Mehraufwendungen, da sie bei einem vergleichbaren Urlaub mit nicht behinderten Kindern in derselben Höhe angefallen wären.
Ob, wie die Kläger ohne nähere Begründung vortragen, aufgrund der Behinderungen nur ein Verreisen mit dem Wohnwagen in Betracht kam, kann dahinstehen. Denn auch bei der Planung eines Familienurlaubs mit gesunden Kindern sind Eltern nicht völlig frei, sondern haben Fähigkeiten und Interessen der Kinder zu berücksichtigen sowie die Reisen entsprechend den zur Verfügung stehenden Mitteln zu gestalten.
Ende der Entscheidung
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