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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.04.2006
Aktenzeichen: III R 23/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33
EStG § 33a
1. Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen für seinen bedürftigen ausländischen Lebenspartner können nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, wenn der Partner bei Inanspruchnahme von Sozialhilfe damit rechnen müsste, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten und ausgewiesen zu werden.

2. Prozesskosten, die durch ein verwaltungsgerichtliches Verfahren zur Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts des ausländischen Partners entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.


Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) lebte seit 1992 in häuslicher Gemeinschaft mit seinem aus Brasilien stammenden Lebensgefährten, der erfolglos einen Rechtsstreit um die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung führte. Erst als beide nach In-Kraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hatten, wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte der Kläger geltend:

- Aufwendungen in Höhe von 8 846 DM für ein vom 1. Januar bis 30. Juni 1999 mit seinem Lebensgefährten begründetes hauswirtschaftliches Beschäftigungsverhältnis,

- einen Betrag von 1 800 DM für die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt,

- Unterhaltsleistungen von 13 020 DM an seinen Lebenspartner sowie

- Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 4 336 DM für dessen Verwaltungsgerichtsverfahren über das Aufenthaltsrecht.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 1999 lediglich den Betrag von 1 800 DM für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung.

Auf den Einspruch des Klägers erkannte das FA die Aufwendungen für das hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnis in Höhe von 8 846 DM als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG an, kürzte aber den Freibetrag nach § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG für den Zeitraum Januar bis Juni 1999 nach vorherigem Hinweis auf 900 DM. Im Übrigen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kläger den Abzug der Unterhaltskosten von 13 020 DM nach § 33a EStG und der Prozess- und Anwaltskosten von 4 336 DM nach § 33 EStG weiterverfolgte, ab. Es führte im Wesentlichen aus:

Die Unterhaltsleistungen seien nicht nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen, weil der Kläger gegenüber seinem Lebenspartner nicht kraft Gesetzes zum Unterhalt verpflichtet sei. § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG sei ebenfalls nicht anwendbar. Danach würden nur solche Personen den gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellt, deren Sozialleistungen "mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistung des Steuerpflichtigen gekürzt werden". Aufgrund der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, ihrer Stellung im Gesetz und des mit der Änderung verfolgten Zwecks, nur noch aus rechtlichen Gründen zwangsläufige Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen, sei § 33a Abs. 1 Satz 2 einschränkend dahin auszulegen, dass freiwillige Unterhaltszahlungen nur dann abziehbar seien, wenn der Unterhalt Leistende sich in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich Unterhaltsverpflichtete befinde. Dies sei nur in Fällen anzunehmen, in denen gesetzlich vermutet werde, dass der Unterhalt durch eine andere Person --zum Beispiel den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (§ 122 des Bundessozialhilfegesetzes --BSHG--) oder einen in der Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten (vgl. § 16 BSHG)-- sichergestellt sei und deshalb zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt würden. Eheähnliche Gemeinschaften i.S. von § 122 BSHG setzten jedoch eine Wohn-, Wirtschafts- und Einstehungsgemeinschaft voraus.

Dasselbe Ergebnis lasse sich im Übrigen auch dem Wortlaut der gesetzlichen Formulierung "soweit" entnehmen, wonach im Gegensatz zu der ab dem Veranlagungszeitraum 2001 geltenden Formulierung "wenn" zum Ausdruck gebracht werde, dass eine konkrete Kürzung oder Versagung erforderlich sei.

Da § 33a EStG für Unterhaltsaufwendungen eine abschließende Regelung enthalte, sei ein Abzug nach § 33 EStG von vorneherein ausgeschlossen.

Die Prozess- und Anwaltskosten des Lebensgefährten seien ebenfalls nicht abziehbar, da diese nicht zwangsläufig entstanden seien. Eine Rechtspflicht scheide schon deshalb aus, weil der Kläger die Aufwendungen nicht in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erbracht habe. Tatsächliche Gründe seien nicht ersichtlich. Schließlich seien auch keine sittlichen Gründe gegeben. Die Übernahme von Prozesskosten für einen gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten werde von der Gesellschaft nicht als selbstverständliche Handlung erwartet. Zudem habe die unterstützte Person auch keine Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs und einen Verstoß gegen das materielle Recht.

Er habe gegen den seine Klage abweisenden Gerichtsbescheid vorgetragen, die Unterhaltsleistungen an seinen Lebensgefährten seien aus ausländerrechtlichen Gründen zwangsläufig gewesen. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Ausländergesetzes (AuslG) 1990 werde die Aufenthaltsgenehmigung in der Regel versagt, wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln oder Unterhaltsleistungen von Dritten bestreiten könne. Hätte sein Lebensgefährte öffentliche Mittel in Anspruch genommen, wäre daher das ausländerrechtliche Verfahren von vornherein aussichtslos gewesen. Er, der Kläger, habe daher, als sein Lebensgefährte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gestellt habe, nachgewiesen, dass er dessen Lebensunterhalt sicherstellen könne, und seine Bereitschaft erklärt, sich nach § 84 AuslG 1990 zu verpflichten, die Kosten für dessen Lebensunterhalt zu tragen. Außerdem habe er dem FG dargelegt, dass er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren selbst Kläger gewesen sei und somit aufgrund eigener gesamtschuldnerischer Haftung die Prozess- und Anwaltskosten hätte tragen müssen. Dieses Vorbringen habe das FG in seinem Urteil nicht berücksichtigt. Hätte es sich damit auseinander gesetzt, wäre es zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gerichtsbescheid rechtswidrig und der Klage in vollem Umfang stattzugeben sei.

Ferner habe das FG § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG verletzt. Entgegen dessen Auffassung seien die Unterhaltsleistungen an den Lebenspartner als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Ebenso seien die der Höhe nach unstreitigen Prozess- und Anwaltskosten, die zur Sicherung des Aufenthaltsrechts des Lebensgefährten unvermeidbar gewesen seien, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Ohne das verwaltungsgerichtliche Verfahren wäre der Lebensgefährte abgeschoben und damit die Lebensgemeinschaft auf Dauer unmöglich gemacht worden. Er, der Kläger, sei zur Geltendmachung eines eigenen verfassungsmäßigen Rechts ebenfalls Beteiligter in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewesen; er habe somit gemeinsam mit seinem Lebensgefährten gesamtschuldnerisch für die Prozess- und Anwaltskosten gehaftet und diese Kosten auch vollständig bezahlt. Die Inanspruchnahme von PKH sei angesichts der Regelung des § 7 Abs. 2 AuslG 1990 nicht in Betracht gekommen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung weitere Aufwendungen in Höhe von 13 020 DM als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG und von 4 336 DM nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Zu Recht hat das FG die Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

a) Nach § 33 Abs. 1 EStG kann die Einkommensteuer ermäßigt werden, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen sind in diesem Sinne zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 EStG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die aufgeführten Gründe der Zwangsläufigkeit von außen, das heißt vom Willen der Steuerpflichtigen unabhängig, auf ihre Entschließung in einer Weise einwirken, dass sie ihnen nicht ausweichen können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. November 1991 III R 192/90, BFH/NV 1992, 457, m.w.N.).

Von dem allgemeinen Grundsatz, dass Prozesskosten regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Aufl., § 33 Rz. 35 "Prozesskosten", m.w.N.) hat der BFH zwar Ausnahmen sowohl für die Kosten eines Zivilprozesses als auch eines Verwaltungsprozesses anerkannt (z.B. BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, m.w.N., und BFH-Beschluss vom 17. September 1999 III B 38/99, BFH/NV 2000, 315, m.w.N.). Der BFH lässt Prozesskosten aber nur dann ausnahmsweise zum Abzug zu, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit trotz unsicheren Ausgangs einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596).

Das ist bei einem Prozess, der dazu dient, das Aufenthaltsrecht für den Lebensgefährten zu erstreiten, um mit diesem im Inland zusammenleben zu können, grundsätzlich nicht der Fall. Die Aufwendungen für einen solchen Prozess sind vielmehr dem Bereich der frei gestaltbaren privaten Lebensführung (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. März 2004 III R 31/02, BFHE 205, 274, BStBl II 2004, 867) zuzuordnen und daher nicht zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 EStG.

b) Ein Abzug der Aufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Prozesses nicht dazu bestimmt und geeignet waren, dem Lebensbedarf des Lebensgefährten zu dienen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1988 IX R 157/83, BFHE 155, 359, BStBl II 1989, 282).

2. Ebenfalls zu Recht hat das FG die Unterhaltsaufwendungen nicht nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigt.

Danach sind Aufwendungen für den Unterhalt gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person auf Antrag im Streitjahr 1999 bis zu 13 020 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Eine gesetzliche Unterhaltsberechtigung des Lebensgefährten ist aber erst mit Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 entstanden.

3. Die Unterhaltsleistungen des Klägers an seinen Lebensgefährten im Streitjahr 1999 sind aber zum Teil nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG abziehbar.

a) Nach dieser Vorschrift ist der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt eine Person, soweit bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.

b) Nach § 2 Abs. 1 des für das Streitjahr 1999 geltenden BSHG erhält keine Sozialhilfe, wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen bekommt (sog. Nachrang der Sozialhilfe). Freiwillige Unterhaltszahlungen mindern daher den Anspruch der unterstützten Person auf Sozialhilfe oder lassen ihn ganz entfallen.

Nach dem Urteil des Senats vom 23. Oktober 2002 III R 57/99 (BFHE 201, 31, BStBl II 2003, 187) fallen aber nicht alle freiwilligen Unterhaltsleistungen, die zum Wegfall oder zur Kürzung der Sozialhilfe führen, unter § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG. Der Senat hat § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG vielmehr einschränkend dahin ausgelegt, dass Unterhaltsleistungen an gesetzlich nicht Unterhaltsberechtigte nur dann steuerlich zu berücksichtigen sind, wenn sich der den Unterhalt Leistende in einer vergleichbaren Zwangslage wie ein gesetzlich zum Unterhalt Verpflichteter befindet. Das sei "nur" in Fällen anzunehmen, "in denen gesetzlich vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person --z.B. den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (vgl. § 122 des Bundessozialhilfegesetzes --BSHG--) oder einen in der Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten (vgl. § 16 BSHG)-- sichergestellt ist und deshalb zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt werden".

Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Bei einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft wurden Unterhaltsleistungen an den bedürftigen Partner nach der Rechtslage im Streitjahr 1999 noch nicht gesetzlich vermutet. Erst seit In-Kraft-Treten des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) wird auch bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften der Anspruch auf Sozialhilfe eines bedürftigen Partners wegen vermuteter Unterhaltsleistungen des anderen Partners gekürzt. Denn wenn ein Bedürftiger mit einer anderen Person zusammenlebt, wird nach § 36 Satz 1 SGB XII vermutet, dass er mit dieser eine Haushaltsgemeinschaft bildet und von ihr Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

c) Der Unterhalt Leistende kann sich aber auch in anderen Fällen in einer vergleichbaren Zwangslage wie ein gesetzlich zum Unterhalt Verpflichteter befinden mit der Folge, dass die Unterhaltszahlungen steuerlich zu berücksichtigen sind. Eine vergleichbare Zwangslage ist im Streitfall gegeben, weil der Kläger gezwungen war, den Unterhalt des bedürftigen Partners zu bestreiten, damit die Lebensgemeinschaft aufrechterhalten werden konnte.

Denn nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG 1990 wird die Aufenthaltsgenehmigung in der Regel versagt, wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln, aus Unterhaltsleistungen anderer oder aus ---auf Beitragsleistungen beruhenden-- öffentlichen Mitteln bestreiten kann. Nach § 45 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG 1990 ist die Inanspruchnahme von Sozialhilfe zudem ein Grund für die Ausweisung. Deshalb hat der Kläger, als sein Partner den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung stellte, gegenüber der Ausländerbehörde nachgewiesen, dass er dessen Lebensunterhalt bestreiten kann, und seine Bereitschaft erklärt, sich nach § 84 AuslG 1990 zu verpflichten, die Kosten für dessen Lebensunterhalt zu tragen. Der Kläger hatte nach der Rechtslage im Streitjahr 1999 nur dann eine Chance, die Lebensgemeinschaft fortführen, wenn er für den Unterhalt seines Lebenspartners aufkam.

Diese Unterhaltszahlungen, die rechtliche Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis des Lebenspartners waren, sind nach Ansicht des Senats steuerlich ebenfalls den zivilrechtlich geschuldeten Unterhaltsleistungen gleichzustellen. Denn derjenige, der --wie der Kläger-- für den Unterhalt seines Partners aufkommen muss, damit dieser nicht ausgewiesen wird, befindet sich in einer vergleichbaren Zwangslage wie ein gesetzlich zum Unterhalt Verpflichteter. An seiner Auffassung im Urteil in BFHE 201, 31, BStBl II 2003, 187, dass eine vergleichbare Zwangslage "nur" anzunehmen ist, wenn die Sozialhilfe entfällt, weil Unterhalt durch andere Personen gesetzlich vermutet wird, hält der Senat nicht mehr fest.

d) Nach dem Wortlaut der für das Streitjahr 1999 geltenden Fassung des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG sind die Unterhaltsleistungen nur abziehbar, "soweit öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden". Bei wortgetreuer Auslegung ist die Voraussetzung nicht erfüllt, da der Partner des Klägers keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat und deshalb auch keine öffentlichen Mittel gekürzt bzw. ganz verweigert worden sind.

Nach den Senatsurteilen vom 18. März 2004 III R 50/02 (BFHE 205, 278, BStBl II 2004, 594) und vom 19. Mai 2004 III R 11/03 (BFHE 206, 248, BStBl II 2004, 1051) erfordern Wortlaut und Normzweck des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG zwar für den Regelfall einen entsprechenden Nachweis der Kürzung oder des Wegfalls öffentlicher Mittel durch Bescheide der zuständigen Behörden. Der Senat hat indes nicht ausgeschlossen, dass auch noch nachträglich eine Bescheinigung beigebracht werden oder im Einzelfall sogar gänzlich entbehrlich sein kann, wenn der vollständige Wegfall öffentlicher Mittel im konkreten Fall offenkundig ist. Schließlich hat der Senat in Fällen, in denen die unterstützte Person trotz Antragstellung und trotz ernsthaften und nachhaltigen Bemühens von der zuständigen Behörde keine entsprechende Bescheinigung erlangen kann, das FA für verpflichtet erachtet, die Höhe der Kürzungen selbst zu berechnen oder im Wege der Amtshilfe zu ermitteln.

Da wegen des vom Kläger gewährten Unterhalts der Anspruch des Lebenspartners auf Sozialhilfe offenkundig entfiel, liegt im Streitfall ein solcher Ausnahmefall vor.

4. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben und mangels ausreichender Feststellungen zurückzuverweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird das FG die Höhe der abziehbaren Unterhaltsaufwendungen zu ermitteln haben (vgl. BFH-Urteil in BFHE 206, 248, BStBl II 2004, 1051). Dabei wird es berücksichtigen müssen, dass der Lebensgefährte nach der Einkommensteuererklärung des Klägers im Streitjahr über Einnahmen als Haushaltshilfe in Höhe von brutto 8 846 DM verfügt hatte.

5. Da die Sache an das FG zurückverwiesen wird, erübrigt sich eine Entscheidung über die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs.

Ende der Entscheidung

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