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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: III R 23/98
Rechtsgebiete: EStG, FGO
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1 | |
EStG § 33 Abs. 2 Satz 2 | |
FGO § 40 Abs. 2 | |
FGO § 96 Abs. 1 Satz 2 |
Durch die Antragstellung des Unterhaltsleistenden mit Zustimmung des Empfängers nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG werden die gesamten, in dem Kalenderjahr geleisteten Unterhaltsaufwendungen --unbeschadet einer betragsmäßigen Begrenzung durch den Antragsteller oder durch den Höchstbetrag-- zu Sonderausgaben umqualifiziert. Für den Abzug ist es unerheblich, ob es sich um laufende oder einmalige Leistungen bzw. um Nachzahlungen oder Vorauszahlungen handelt. Die der Art nach den Sonderausgaben zuzuordnenden Aufwendungen können auch nicht insoweit als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wie sie den für das Realsplitting geltenden Höchstbetrag übersteigen.
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 33 Abs. 2 Satz 2 FGO § 40 Abs. 2, § 96 Abs. 1 Satz 2
Urteil vom 7. November 2000 - III R 23/98 -
Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 1998, 1644)
Gründe
I.
Der --im Juli 1985-- geschiedene Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde durch Urteil des Familiengerichts A vom 13. Mai 1987, das vom Oberlandesgericht (OLG) B mit Urteil vom März 1988 bestätigt worden ist, verurteilt, an seine geschiedene Ehefrau für den Zeitraum von 1984 bis 1988 Unterhalt in Höhe von insgesamt 74 618 DM nachzuzahlen. Der Kläger leistete dementsprechend am 31. März 1988 folgende Zahlungen:
- für den Zeitraum 1. August 1984 bis 31. Mai 1987 | 45 092 DM |
- für den Zeitraum 1. Juni 1987 bis 31. Dezember 1987 | 10 878 DM |
- für den Zeitraum 1. Januar 1988 bis 31. März 1988 | 4 662 DM |
60 682 DM |
Des Weiteren leistete der Kläger für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1988 laufenden Unterhalt in Höhe von 1 554 DM/Monat, insgesamt 13 986 DM.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für 1988 beantragte der Kläger, die gesamten Unterhaltszahlungen (gemäß Anlage U in Höhe von 74 618 DM) als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 1988 vom 20. Juli 1990 nur den 1988 gezahlten laufenden Unterhalt in Höhe von 13 986 DM als Sonderausgaben. Die weitergehenden Unterhaltszahlungen zog das FA als außergewöhnliche Belastung insoweit ab, wie ein Abzug im Rahmen des Höchstbetrages nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen zulässig gewesen wäre. Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1991) erließ das FA am 12. April 1994 während des Klageverfahrens im Anschluss an eine Betriebsprüfung gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) einen für endgültig erklärten, jedoch bezüglich der außergewöhnlichen Belastungen nach § 165 AO 1977 vorläufig ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid für 1988. In dem Bescheid sind die Unterhaltszahlungen wie folgt steuermindernd berücksichtigt worden:
Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 EStG (Sonderausgaben, Realsplitting) | 18 000 DM | |
Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung wie folgt: | ||
Unterhaltsnachzahlungen für 1984 (Höchstbetrag 3 600 DM x 5/12) | 1 500 DM | |
Unterhaltsnachzahlungen für 1985 (Höchstbetrag 3 600 DM) | 3 600 DM | |
Unterhaltsnachzahlungen für 1986 (Höchstbetrag 4 500 DM) | 4 500 DM | |
Unterhaltsnachzahlungen für 1987 (Höchstbetrag 4 500 DM) | 4 500 DM | |
Unterhaltsnachzahlungen für 1988 (Höchstbetrag 4 500 DM x 3/12) | 1 125 DM | |
als außergewöhnliche Belastung insgesamt berücksichtigt | 15 225 |
Der Kläger machte den Änderungsbescheid nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1644 veröffentlichtem Urteil als unbegründet ab und führt dazu im Wesentlichen aus:
Das FA habe in höchstmöglichem Umfang, nämlich in Höhe von 18 000 DM, Unterhaltszahlungen für 1988 im Wege des Realsplittings als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuermindernd berücksichtigt. Die restlichen Zahlungen könnten nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 1966 VI R 101/66 (BFHE 87, 613, BStBl III 1967, 246) in dem Umfang als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG --allerdings ohne Kürzung um eine zumutbare Eigenbelastung-- abgezogen werden, wie dies das FA berücksichtigt habe. Die außergewöhnliche Belastung könne bei Unterhaltsnachzahlungen nur darin bestehen, dass der Steuerpflichtige in den zurückliegenden Jahren die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG nicht habe in Anspruch nehmen können. Hingegen greife der Einwand des Klägers nicht durch, er hätte in den Jahren 1984 bis 1987 das Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Anspruch nehmen können und sei deshalb zumindest in diesem Umfang außergewöhnlich belastet. Das Realsplitting korreliere mit der Besteuerung der Unterhaltszahlungen beim Empfänger. Ferner würden Unterhaltsleistungen grundsätzlich auch in allen anderen Fällen, und zwar auch wenn das Realsplitting bei Ehegatten nicht zum Zuge komme bzw. kommen könne, nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt. Soweit der Kläger die in den Jahren 1984 bis 1987 geltenden Höchstbeträge in § 33a Abs. 1 EStG für realitätsfern und deshalb für verfassungswidrig halte, schließe sich der Senat insoweit der Kommentierung von Glanegger in Schmidt (Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., § 33a Rz. 2) an. Zwar seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Februar 1984 1 BvL 10/80 (BVerfGE 66, 214, BStBl II 1984, 357) und vom 4. Oktober 1984 1 BvR 789/79 (BVerfGE 67, 290, BStBl II 1985, 22) die Abzugsbeträge stets auf ihre Abgestimmtheit mit den sozialhilferechtlichen Beträgen hin zu überprüfen. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 13. Dezember 1996 1 BvR 1474/88 (Finanz-Rundschau --FR-- 1997, 156) gelte das Gebot, Unterhaltsleistungen mindestens in Höhe des Existenzminimums zu berücksichtigen, jedoch erst ab der Entwicklung der entsprechenden Grundsätze zum Grundfreibetrag. Davor liegende Grundrechtsverletzungen seien in der Regel ungewichtig und deshalb hinzunehmen. Dementsprechend habe auch der Kläger die unstreitig zu niedrigen Unterhaltshöchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG für die Jahre 1984 bis 1987 hinzunehmen.
Mit der Revision rügt der Kläger --teilweise sinngemäß-- die Verletzung der §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 33 Abs. 1 und 33a Abs. 1 und 5 EStG.
Das FG meine zu Unrecht, das Realsplitting korreliere mit der Besteuerung der Unterhaltsleistungen beim Empfänger, so dass ersteres nicht nachträglich für abgelaufene Zeiträume in Anspruch genommen werden könne. Indes sei diese Rechtsmeinung längst überzeugend durch das Urteil des BFH vom 26. Januar 1994 X R 57/89 (BFHE 174, 1, BStBl II 1994, 597) widerlegt worden.
Das FG wende zu Unrecht die für die Jahre 1984 bis 1988 geltenden Höchstbeträge in § 33a Abs. 1 EStG an. Das BVerfG habe mehrere diesbezügliche Verfassungsbeschwerden mit Beschlüssen vom 19. Dezember 1996 1 BvR 1522/88; vom 13. Dezember 1996 1 BvR 1474/88, und vom 30. Januar 1997 1 BvR 746/86 lediglich aus formellen Gründen (§ 93b i.V.m. § 93a des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht --BVerfGG--) nicht zur Entscheidung angenommen, aber indes den Beschwerdeführern in der Sache selbst entgegen den Entscheidungen des erkennenden Senats des BFH (vgl. Beschlüsse vom 6. November 1987 III B 101/86, BFHE 151, 428, BStBl II 1988, 134; vom 23. September 1988 III R 46/87, nicht veröffentlicht --NV--, und vom 14. Mai 1986 III B 73/85, NV) Recht gegeben.
Das FG habe im Anschluss an die vom Kläger im Schriftsatz vom 23. Januar 1998 dargelegte Rechtsauffassung die Höchstbeträge zwar ebenfalls als verfassungswidrig zu niedrig beurteilt, sich aber der in Schmidt (a.a.O., § 33a Rz. 2) geäußerten Ansicht ohne kritische Auseinandersetzung damit angeschlossen.
Das BVerfG habe nämlich die Kostenerstattung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG angeordnet, weil die Verfassungsbeschwerden lediglich aus den besonderen Gründen des Annahmeverfahrens keinen (vgl. BVerfGE 90, 22, 25) Erfolg gehabt hätten. Das BVerfG habe mehrfach die Grundsätze bestätigt, wonach der Gesetzgeber bei der Berücksichtigung zwangsläufiger Unterhaltsleistungen keine realitätsfremden Grenzen ziehen dürfe (BVerfGE 66, 214; 82, 60; 87, 153; 91, 93). Dessen ungeachtet halte der III. Senat des BFH im Beschluss vom 12. März 1997 III B 5/95 (betreffend das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 8. November 1994 8 K 139/92) an seiner gegenteiligen Rechtsprechung fest. Ebenso habe der III. Senat im Urteil vom 26. Februar 1998 III R 59/97 (BFHE 185, 409, BStBl II 1998, 605) judiziert. Die in jenem Verfahren von dem dortigen Kläger vorgetragenen Gründe mache er, der Kläger, sich ausdrücklich zu eigen. Zu Unrecht verneine der III. Senat des BFH in jenem Urteil die Zwangsläufigkeit der aufgrund eines Abfindungsvergleichs erbrachten Leistungen. Nicht das Rechtskleid, sondern das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) beantworte die Frage, ob ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach bestehe. Die angemessene Höhe richte sich nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der OLG (wird ausgeführt). In Höhe des Grundbedarfs (ca. 15 000 DM bis 18 000 DM/Jahr) müsse der Unterhalt beim Empfänger und Leistenden steuerfrei bleiben. Erst wenn darüber hinausgehende Leistungen erbracht würden, müsse die Zwangsläufigkeit geprüft werden. Dementsprechend müssten zusammengeballte Unterhaltsleistungen so behandelt werden, als ob sie in den Zuordnungsjahren geleistet worden seien.
Das BVerfG gehe in den zitierten Nichtannahmebeschlüssen ganz selbstverständlich davon aus, dass die Unterhaltsleistungen steuerrechtlich in den dort behandelten Veranlagungszeiträumen nicht ausreichend berücksichtigt worden und deshalb eine verfassungswidrige Situation gegeben sei. Freilich habe das BVerfG die Möglichkeit übersehen, eine offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerde nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG anzunehmen. Das BVerfG habe auch in seinen jüngsten Entscheidungen vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91 u.a. (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 557) generell angenommen, dass der Familienunterhalt und damit auch der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten bis zur Grenze des sozialrechtlich definierten Existenzminimums steuerfrei bleiben müsse.
Nicht einsichtig sei, weshalb eine Zusammenballung durch Nachzahlung von Unterhaltsleistungen, die sich jeweils im Rahmen des Existenzminimums hielten, anders behandelt werden sollte als bei rechtzeitiger Unterhaltszahlung in den jeweils richtigen Jahren. Dies gelte ebenfalls für die Abfindung zukünftiger Unterhaltsleistungen. Schmidt (a.a.O.) verkenne die Nichtannahmeentscheidung des BVerfG zu 1 BvR 1474/88.
Der Kläger beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie in Abänderung der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1991 und des geänderten Einkommensteuerbescheids für 1988 vom 12. April 1994 das Einkommen um die im Veranlagungszeitraum geleisteten Unterhaltszahlungen von weiteren 56 618 DM zu mindern, hilfsweise diesen Betrag als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG ohne Begrenzung auf die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG steuermindernd im Jahr 1988 zu berücksichtigen.
Nach Hinweis des FA, wonach bereits 33 225 DM (18 000 DM als Sonderausgaben und 15 225 DM als außergewöhnliche Belastung ohne Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung) anerkannt worden seien, mithin nur noch ein Differenzbetrag von 41 393 DM streitig sei, erwiderte der Kläger, mit dem Hauptantrag habe offen bleiben sollen, wie dieser Betrag von 56 618 DM letztlich zu qualifizieren sei. Mit dem Hilfsantrag solle eine volle Berücksichtigung dieses Betrages ohne Beschränkung auf die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG und ohne Anrechnung einer zumutbaren Eigenbelastung erreicht werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist als unbegründet gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Das FG hat zu Recht einen über die bereits vom FA im angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid für 1988 berücksichtigten Unterhaltsaufwendungen hinausgehenden Abzug der restlichen, im Streitjahr 1988 geleisteten Unterhaltszahlungen abgelehnt. Soweit das FA neben den im Wege des begrenzten Realsplittings gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Höhe des Höchstbetrages von 18 000 DM abgezogenen Unterhaltsleistungen zusätzlich auch die nachgezahlten Unterhaltsleistungen im Rahmen der jeweiligen Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG steuermindernd berücksichtigt hat, ist dies zwar materiell-rechtlich unzutreffend erfolgt. Das FG und der BFH sind indes entsprechend den im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verbot der Schlechterstellung des Klägers gehindert, zu dessen Lasten den angefochtenen Bescheid zu ändern.
1. a) Die Klage war bereits insoweit unzulässig geworden, als der Kläger beantragt hat, für 1988 weitere Unterhaltsaufwendungen in Höhe von insgesamt 56 618 DM steuermindernd anzusetzen, ohne die im angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 12. April 1994 bereits steuermindernd berücksichtigten Unterhaltsaufwendungen in Höhe von weiteren 15 225 DM in Abzug zu bringen. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzung in der Vorinstanz zu prüfen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474).
b) Nach § 40 Abs. 2 FGO kann ein Verwaltungsakt nur angefochten werden, wenn der Kläger geltend macht, durch diesen in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 1994 VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362, unter Ziff. I. der Gründe). Insoweit war die Klage bereits nach § 40 Abs. 2 FGO wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig (BFH-Urteil vom 16. Juli 1992 VII R 57, 58/91, BFH/NV 1993, 152). Aus § 157 Abs. 2 1. Alternative AO 1977 leitet sich der Grundsatz ab, dass gegenüber dem objektiven Inhalt von Steuerbescheiden eine solche Rechtsverletzung i.S. von § 40 Abs. 2 FGO grundsätzlich nur wegen einer zu hohen Steuerfestsetzung geltend gemacht werden kann. Eine Rechtsverletzung durch einen Steuerverwaltungsakt ist aufgrund des Entscheidungssatzes zu beurteilen, d.h. ob der Verwaltungsakt den Kläger durch seinen Ausspruch in seinen Rechten verletzt. Grundsätzlich leitet sich hingegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht aus dessen Begründung bzw. unselbständigen Besteuerungsgrundlagen ab. Nicht der Bestandskraft fähig ist die Begründung des Steuerbescheides. Sie ist in der Regel nur ein nichtselbständig anfechtbarer Teil des Steuerbescheides (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1987 I R 1/85, BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463, unter Abschn. B. 1.).
Der Kläger hat keine Umstände geltend gemacht, wonach ausnahmsweise die seiner Ansicht nach unzutreffende Einordnung als Unterhaltsaufwendungen eine Rechtsverletzung auslösen könnte (vgl. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 40 FGO Tz. 41 f., m.w.N.). Hinsichtlich der vom FA als außergewöhnliche Belastung anerkannten Unterhaltsaufwendungen in Höhe von insgesamt 15 225 DM hat das FA zudem auch keine zumutbare Eigenbelastung abgezogen, so dass insoweit aus der steuerrechtlichen Zuordnung keine Beschwer entstanden sein kann.
c) Der Kläger hat ebenso wenig für die umfassende Weiterverfolgung dieses Klagebegehrens mit der Revision ein Rechtschutzbedürfnis dargetan.
2. a) Zu Recht hat das FG eine über den Ansatz im angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid für 1988 hinausgehende Berücksichtigung der im Streitjahr 1988 geleisteten Unterhaltszahlungen sowohl unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Abzugs als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als auch als außergewöhnliche Belastungen nach §§ 33a Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 1 und 2 EStG versagt.
b) Zwar kann ein Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 nachträglich geändert werden, wenn erst nach Eintritt der Bestandskraft sowohl die Zustimmung zur Anwendung des Realsplittings erteilt als auch der Antrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gestellt worden ist. Dies betrifft indes nur die einkommensteuerrechtliche Umqualifizierung von tatsächlich in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen geleisteten Unterhaltszahlungen in Sonderausgaben, hingegen nicht eine nachträgliche zusammengeballte Berücksichtigung derartiger Unterhaltsaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Jahr der Zahlung (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 1989 X R 8/84, BFHE 157, 484, BStBl II 1989, 957, unter Ziff. 1. b der Gründe). Der maßgebliche Zeitpunkt des Abzugs richtet sich nach demjenigen der tatsächlichen Zahlung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Unerheblich ist der Zeitraum, für den die Leistung (wirtschaftlich) erbracht wird (BFH-Urteile vom 22. Januar 1992 I R 55/90, BFHE 167, 58, BStBl II 1992, 550; vom 24. September 1985 IX R 2/80, BFHE 145, 507, BStBl II 1986, 284, unter Ziff. 2. e der Gründe).
c) Das FA hat die Unterhaltsaufwendungen antragsgemäß im Rahmen des für das Streitjahr 1988 geltenden Höchstbetrages von 18 000 DM gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung sind Sonderausgaben Unterhaltsleistungen u.a. an den dauernd getrennt lebenden oder den geschiedenen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Eine Rücknahme des Antrags oder Zustimmung ist nicht zulässig. Die Unterhaltsleistungen können bis zu 18 000 DM im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (vgl. § 2 Abs. 4 EStG).
Antrag und Zustimmung im Sinne dieser Vorschrift wirken rechtsgestaltend. Ohne Antragstellung sind die Unterhaltsleistungen gemäß § 12 Nr. 2 EStG --vom Ausnahmefall der §§ 33a, 33 EStG abgesehen-- einkommensteuerrechtlich unbeachtlich. Durch die Antragstellung des Gebers mit Zustimmung des Empfängers werden die Aufwendungen insgesamt --also nicht nur bis zur Grenze des Höchstbetrages-- begrifflich zu Sonderausgaben. Der Antrag ändert den Rechtscharakter der Aufwendungen beim Geber (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 X R 152/90, BFH/NV 1996, 889, 890; die Verfassungsbeschwerde dagegen wurde vom BVerfG mit Beschluss vom 11. Oktober 1996 2 BvR 1929/96, Steuer-Eildienst --StE-- 1996, 746 nicht zur Entscheidung angenommen), und bewirkt gleichzeitig die Steuerpflicht der Unterhaltsleistungen beim Empfänger (BFH-Urteile in BFHE 157, 484, BStBl II 1989, 957; vom 22. September 1999 XI R 121/96, BFHE 190, 320, BStBl II 2000, 218). Der Rechtscharakter der im Kalenderjahr erbrachten gesamten Unterhaltsleistungen ändert sich. Auch der den Höchstbetrag von damals 18 000 DM übersteigende Betrag kann nicht mehr als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Dasselbe gilt, wenn Antrag und Zustimmung auf einen bestimmten Betrag begrenzt werden, der unterhalb des in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Höchstbetrages liegt. Eine solche Begrenzung ist zulässig. Sie führt zu einer steuerlichen Erfassung der Unterhaltsleistungen beim Empfänger nach § 22 Nr. 1a EStG jeweils nur in Höhe des beschränkten Betrages. Hingegen kann der verbleibende Teil der Unterhaltsleistungen weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend gemacht werden. Nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG können Geber und Empfänger sowohl Antrag als auch Zustimmung nicht --auch nicht übereinstimmend-- wieder zurücknehmen (BFH-Urteil in BFHE 190, 320, BStBl II 2000, 218).
§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG knüpft den Abzug für Unterhaltsaufwendungen als Sonderausgaben lediglich an die dort genannten objektiven Voraussetzungen an, d.h. es muss sich der Art nach um Unterhaltsleistungen handeln. Unerheblich ist es hingegen, ob es sich um laufende oder einmalige Leistungen bzw. um Nach- oder Vorauszahlungen handelt (vgl. Kanzler, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1990, 367, 370, m.w.N.; Nolde in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 10 EStG Anm. 27; Söhn in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 10 C 24, 101, 113; Hutter/Blümich, Einkommensteuergesetz, § 10 Rz. 63).
Die Ausschöpfung des Höchstbetrages setzt ebenfalls nicht voraus, dass die abgeflossenen Unterhaltsleistungen wirtschaftlich zum Abflussjahr gehören. Vielmehr müssen sie nur begrifflich der Erfüllung von Unterhaltspflichten dienen (Söhn, a.a.O., § 10 C 19, 113). Andererseits kann der volle Höchstbetrag --also ohne zeitanteilige Kürzung-- in Anspruch genommen werden, selbst wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht während des gesamten Kalenderjahres gegeben waren oder z.B. die Einmalzahlung erst zum Schluss des Kalenderjahres erbracht wird (vgl. Söhn, a.a.O., § 10 C 112).
3. Der hilfsweise begehrte Abzug der Unterhaltsaufwendungen gemäß § 33 EStG ohne Begrenzung auf die Höchstbeträge in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG und ohne Beschränkung um eine zumutbare Eigenbelastung nach § 33 Abs. 3 EStG kommt nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht in Betracht.
a) Der vom Kläger gestellte Hilfsantrag enthält kein vom Hauptantrag abweichendes selbständiges Klagebegehren, sondern stützt denselben Klageantrag lediglich auf die weitere Rechtsgrundlage der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 58. Aufl., § 260 Rz. 10 zur Hilfsbegründung; Greger in Zöller, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., § 260 Rz. 4 zur Unzulässigkeit einer Eventualklagenhäufung im Rahmen eines einheitlichen Streitgegenstandes).
Bereits der Hauptantrag ist indes zu allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen.
b) Nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG bleiben Aufwendungen, die u.a. zu den Sonderausgaben gehören, bei den außergewöhnlichen Belastungen außer Betracht. Das gilt für Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 bis 9 EStG nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für diese Ausschlussregelung nicht auf die konkrete steuerliche Auswirkung als Sonderausgaben an. Dieses Ergebnis wird im Umkehrschluss der Sonderregelung in § 33 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz EStG entnommen. Danach wird der Ausschluss von der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung bei bestimmten Sonderausgaben, nämlich denjenigen nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 bis 9 EStG, ausdrücklich auf die Beträge beschränkt, die tatsächlich als Sonderausgaben abgezogen werden können. Da der Sonderausgabenabzug im Übrigen abschließend geregelt ist, bleibt für die Berücksichtigung von anderen Sonderausgaben --wie denen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf der Grundlage des § 33 EStG-- kein Raum (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1991 III R 191/90, BFHE 166, 272, BStBl II 1992, 293). Die Rechtsprechung hat es ebenfalls abgelehnt, Nachzahlungen zur Rentenversicherung, die die gesetzlichen Grenzen für den Sonderausgabenabzug übersteigen, als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1976 VI R 167/74, BFHE 120, 398, BStBl II 1977, 154; vgl. ebenfalls Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 33 EStG Rz. 7a hinsichtlich der Geltendmachung der den Höchstbetrag übersteigenden Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG). Der BFH hat es ausdrücklich abgelehnt, etwa für Sonderfälle § 33 Abs. 2 1. Halbsatz EStG einschränkend auszulegen (BFH-Urteil in BFHE 166, 272, BStBl II 1992, 293).
c) Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des FG haben die Voraussetzungen für das begrenzte Realsplitting im Streitjahr 1988 vorgelegen.
Das FA hat in dem Einkommensteueränderungsbescheid für 1988 vom 12. April 1994 die für 1988 geleisteten Unterhaltszahlungen in Höhe von 18 000 DM, also im Rahmen des im Streitjahr 1988 geltenden Höchstbetrages, nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben berücksichtigt (vgl. auch Schreiben des Steuerberaters des Klägers vom 5. September 1990). Es hat allerdings darüber hinaus auch noch die für die ersten drei Monate des Streitjahres 1988 vom Kläger nachgezahlten Beträge (3 x 1 554 DM) in Höhe von 3/12 des für gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG geltenden Höchstbetrages von 4 500 DM, nämlich mit 1 125 DM, als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt. Die für 1988 erbrachten Unterhaltsleistungen beliefen sich indes nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG nur auf insgesamt 18 648 DM (12 x 1 554 DM). Eine zusätzliche Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung wäre danach allenfalls noch in Höhe des den Höchstbetrag für das Realsplitting übersteigenden Betrages von 648 DM in Betracht gekommen. Indes schließt, wie ausgeführt, § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG aus, Aufwendungen, die ihrer Art nach u.a. zu den Sonderausgaben gehören, zusätzlich hinsichtlich der den Höchstbetrag übersteigenden Summe noch nach § 33 bzw. § 33a Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen.
In gleicher Weise durften die für die Jahre 1984 bis 1987 nachgezahlten Unterhaltsleistungen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht mehr --auch nicht in Höhe der Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG-- steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Selbst wenn, was dem Schreiben des Steuerberaters des Klägers vom 5. September 1990 entnommen werden könnte, der Kläger lediglich einen auf den Höchstbetrag von 18 000 DM begrenzten Abzug der von ihm 1988 insgesamt geleisteten Unterhaltszahlungen begehrt haben sollte, änderte dieser Umstand nichts daran, dass die gesamten, in diesem Jahr erbrachten Unterhaltsleistungen steuerrechtlich in Sonderausgaben umqualifiziert worden sind und damit gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG ein Abzug der über den Höchstbetrag hinausgehenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen war, und zwar auch soweit sie die Veranlagungszeiträume 1984 bis 1987 betrafen.
Der BFH ist aber --wie bereits das FG-- gehindert, den angefochtenen Bescheid abweichend vom Antrag des Klägers insoweit zu dessen Ungunsten zu ändern, als die Steuerfestsetzung um die zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen anerkannten Unterhaltsaufwendungen vermindert worden ist (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO; ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Urteil vom 15. März 1995 I R 14/94, BFHE 177, 263, BStBl II 1995, 502, unter Ziff. II. 7. der Gründe).
Im vorliegenden Revisionsverfahren hat der erkennende Senat nicht zu prüfen, ob der Kläger einen Anspruch auf eine steuermindernde Berücksichtigung der nachgezahlten Unterhaltsaufwendungen unter Billigkeitsgesichtspunkten hätte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 272, BStBl II 1992, 293, m.w.N.). Die Frage stellt sich auch deshalb hier nicht, weil die Aufwendungen tatsächlich abgezogen worden sind.
Ende der Entscheidung
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