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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.05.2001
Aktenzeichen: III R 24/97
Rechtsgebiete: InvZulG 1993


Vorschriften:

InvZulG 1993 § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c
BUNDESFINANZHOF

Einer GmbH, deren Anteile mehrheitlich von einer GbR gehalten werden, steht die erhöhte Investitionszulage von 20 v.H. auch dann nicht zu, wenn die GbR nur vermögensverwaltend tätig ist und an ihr ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind, die am 9. November 1989 einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR hatten.


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Anteile zu 100 v.H. von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... GbR (GbR) gehalten werden. Gesellschafter der GbR sind ausschließlich natürliche Personen, die am 9. November 1989 einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR hatten.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gewährte auf den Investitionszulagenantrag der Klägerin, mit dem diese für im Streitjahr (1993) getätigte Investitionen die erhöhte Zulage von 20 v.H. beantragt hatte, lediglich eine Investitionszulage von 8 v.H. mit der Begründung, der Betrieb der Klägerin sei weder dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen noch in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe eingetragen.

Der Einspruch, mit dem die Klägerin die Eintragung in die Handwerksrolle nachwies, blieb ohne Erfolg. Das FA stützte die Einspruchsentscheidung darauf, am Kapital der Klägerin seien nicht zu mehr als 50 v.H. natürliche Personen i.S. von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 unmittelbar beteiligt.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus: Die Beteiligung über eine GbR stelle keine unmittelbare Beteiligung i.S. von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 dar. Die GbR entfalte im Investitionszulagenrecht eine sog. Abschirmung gegenüber ihren Gesellschaftern. Das Investitionszulagenrecht räume Gesellschaften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine eigene Anspruchsberechtigung ein. Die einzelnen Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit seien nicht anspruchsberechtigt; dies sei nur die Gesellschaft als solche. Im Einkommensteuerrecht werde eine Personengesellschaft nur zum Teil als Steuersubjekt behandelt, und zwar insoweit, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestandes verwirkliche. Die für die GbR verneinte Abschirmwirkung sei daher im Rahmen des Einkommensteuerrechts konsequent, da insoweit Steuersubjekt nur der einzelne Gesellschafter sein könne. Im Investitionszulagenrecht komme es aber nicht zu einem Durchgriff auf den einzelnen Gesellschafter der Personengesellschaft. Das Merkmal "unmittelbar" in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 habe vielmehr die Aufgabe, mittelbare Beteiligungen über eine Kapitalgesellschaft und auch über eine Personengesellschaft auszuscheiden. Eine nur mittelbare Beteiligung von Personen i.S. von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a InvZulG 1993 über eine Personengesellschaft genüge daher nicht.

Wegen Fehlens einer Gesetzeslücke scheide auch eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 aus. Der eindeutige Gesetzeswortlaut lasse eine Planwidrigkeit des Gesetzes nicht erkennen. Das InvZulG 1993 wolle offensichtlich nur solche natürlichen Personen begünstigen, die unmittelbar an der Gesellschaft, die die Investition vorgenommen habe, beteiligt seien.

Mit der Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Inhaberin des Betriebs sei früher die Produktions-Genossenschaft des Handwerks (PGH) X gewesen. Diese PGH habe durch Enteignung 1972 ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verloren und sei wegen Vermögenslosigkeit im Register gelöscht worden. Der enteignete Betrieb sei bis 1989/1990 als Volkseigener Betrieb (VEB) geführt worden. Sie, die Klägerin, sei nach Umwandlung des VEB in eine GmbH zum 1. Juli 1990 als Rechtsnachfolgerin des VEB gegründet worden. Die Anteile an ihr, der GmbH, habe die Treuhandanstalt gehalten. Die gelöschte PGH habe ihre Neueintragung im Register erreicht und die Rückübereignung des Betriebs beantragt. Die Treuhandanstalt sei daraufhin verpflichtet worden, ihre Beteiligung an der GmbH auf die PGH zu übertragen. Zum 1. Januar 1991 habe die PGH die GmbH-Anteile zu 100 v.H. übernommen. Zum 1. Juni 1992 sei die PGH sodann nach § 4 der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGHVO) vom 8. März 1990 (Gesetzblatt der DDR --GBl DDR-- I, 1990, 164), geändert durch das Gesetz vom 22. März 1991 (BGBl I 1991, 766), in die GbR als nunmehr alleinige Gesellschafterin der GmbH umgewandelt worden. Die PGH sei nach § 9a PGHVO gezwungen gewesen, sich in eine Gesellschaft anderer Rechtsform umzuwandeln. Da einziger Vermögensgegenstand der Gesellschaftsanteil an der GmbH gewesen sei, somit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb geführt, sondern nur Vermögen verwaltet worden sei, habe eine Umwandlung nur in eine GbR erfolgen können. Damit sei die GbR einzige Gesellschafterin der GmbH geworden.

Die Eigenschaften der an der GbR beteiligten natürlichen Personen müssten ihr, der Klägerin, zugerechnet werden. Wie im Einkommensteuerrecht müsse über die Gesamthandseigenschaft der GbR hinweggegangen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei die sachlich richtige Besteuerung der Beteiligten einer Personengesellschaft sicher zu stellen (Beschluss des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617). Umgekehrt müsse auch die sachlich richtige Behandlung einer GmbH, deren Anteile von einer GbR gehalten werden, im Investitionszulagenrecht gewährleistet sein. Dazu gelange man nur, wenn die Eigenschaften der Gesellschafter der GbR der GmbH unmittelbar zugerechnet würden. Auch sei es wirtschaftlich unverständlich, wenn die aufgrund zwingender Umwandlungsvorschriften der PGHVO unvermeidbare Zwischenschaltung einer GbR zwischen die natürlichen Personen und die GmbH dazu führe, dass die erhöhte Investitionszulage nicht gewährt werde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und Abänderung des Investitionszulagenbescheids vom 10. April 1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung, die Investitionszulage auf ... DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist nicht begründet.

1. Der Senat hat mit Urteil vom 24. Februar 2000 III R 104/96 (BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441) entschieden, dass einer GmbH, deren Anteile mehrheitlich von einer anderen GmbH gehalten werden, die erhöhte Investitionszulage gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 auch dann nicht zusteht, wenn an der anderen GmbH ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind, die am 9. November 1989 einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR hatten.

Der Senat hat dazu ausgeführt, die Gewährung der erhöhten Zulage erfordere nach dem Wortlaut der Vorschrift die unmittelbare Beteiligung von Personen mit ehemaliger DDR-Ansässigkeit an der anspruchsberechtigten Körperschaft. Die Voraussetzungen für eine Ausdehnung der Begünstigung im Wege der Gesetzesanalogie auch auf Unternehmen, an denen ehemalige DDR-Ansässige nur mittelbar beteiligt sind, seien nicht gegeben. Das Gesetz sei nicht lückenhaft. Die Gesetzesmaterialien enthielten keine diesbezüglichen Hinweise. Die Beschränkung der Begünstigung auf die Fälle unmittelbarer Beteiligung von früher in der DDR ansässigen Personen entspreche anerkannten investitionszulagenrechtlichen Grundsätzen. Denn nur durch eine (mehrheitliche) unmittelbare Beteiligung könnten z.B. die betreffenden Personen entsprechenden Einfluss auf den Einsatz und die Verwendung der begünstigten Wirtschaftsgüter, vor allem im Hinblick auf die Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen, nehmen. Außerdem seien Investitionszulagenanträge schnell zu bearbeiten und duldeten im Allgemeinen keine umfangreichen Ermittlungen. Diesen Grundsätzen würde es zuwider laufen, ließe man auch mittelbare Beteiligungen ehemaliger DDR-Ansässiger ausreichen. Diese besonderen sachlichen Gründe rechtfertigten eine unterschiedliche Behandlung Steuerpflichtiger im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) je nachdem, ob an ihnen zu mehr als der Hälfte frühere DDR-Ansässige unmittelbar oder lediglich mittelbar beteiligt seien.

2. Diese vom Senat für die mittelbare Beteiligung ehemaliger DDR-Ansässiger an Steuerpflichtigen im Sinne des KStG für eine GmbH entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für die im Streitfall gegebene mittelbare Beteiligung über eine GbR. Auch hier schließen Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die Ausdehnung der Begünstigung aus. Denn die an der GbR Beteiligten können ihren Einfluss auf den Einsatz und die Verwendung der begünstigten Wirtschaftsgüter ebenfalls nicht --jedenfalls nicht ohne weiteres-- in einer Weise geltend machen, wie dies bei einer unmittelbaren Beteiligung der Fall ist. Ferner würde die Anerkennung derartiger mittelbarer Beteiligungen unter Umständen ebenso zu einem dem Gesetzeszweck widersprechenden erhöhten Ermittlungsaufwand und dadurch verursachten Verzögerungen bei der Bearbeitung der Anträge führen wie bei mittelbaren Beteiligungen über eine GmbH.

3. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. Ihr Hinweis auf die im Investitionszulagenrecht angeblich fehlende Abschirmwirkung der Personengesellschaft gegenüber der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit ihrer Gesellschafter in eigener Person (BFH-Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617), geht fehl. Das gilt auch ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (und damit i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1993) handelt, sondern um eine lediglich vermögensverwaltende Gesellschaft ohne eigene betriebliche Tätigkeit. Denn --wie der Senat schon in seinem Urteil in BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441 ausgeführt hat-- kommt im Investitionszulagenrecht dem Erfordernis der unmittelbaren Beteiligung im Hinblick auf den Einsatz und die Verwendung begünstigter Wirtschaftsgüter sowie im Hinblick auf die Dauer der Bearbeitung der Zulagenanträge eine eigenständige, aus Sachgründen gerechtfertigte Bedeutung zu.

Der Hinweis der Klägerin, entsprechend der Bruchteilsbetrachtung im Rahmen des § 17 EStG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 40/99, BFH/NV 2001, 17, m.w.N.) sei im Investitionszulagenrecht im Wege des "Durchgriffs" die Beteiligung von Steuerpflichtigen i.S. des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a InvZulG 1993 über eine Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft als unmittelbare Beteiligung solcher Steuerpflichtiger an der Kapitalgesellschaft zu werten, geht fehl. Die angeführte Rechtsprechung, die auf dem Gedanken der gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruht und deshalb Kapitalbeteiligungen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den Gesellschaftern der Personengesellschaft zurechnet, ist auf das von einer anderen Zielsetzung geprägte Investitionszulagenrecht nicht übertragbar.

Im Schrifttum wird ebenfalls nicht danach unterschieden, ob eine Beteiligung an einem Steuerpflichtigen i.S. von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 über eine Körperschaft oder eine Personengesellschaft vermittelt wird (Zitzmann, Zulagen für Investitionen in den neuen Bundesländern, 5. Aufl., Tz. 6; M. Söffing in Lademann, Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 5 InvZulG Anm. 14; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. Oktober 1993, BStBl I 1993, 904).

4. Der mit der Revision besonders hervorgehobene Umstand, dass die PGH im Jahre 1992 in die GbR umgewandelt wurde, um ihre Auflösung zu verhindern, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch hier gilt, worauf der Senat in dem Urteil in BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441 hingewiesen hat, dass sich die Investoren auf die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 einstellen konnten. Die Gesellschafter der GbR hätten die GbR vor Abschluss der Investitionen durch die Klägerin auflösen und sich statt ihrer unmittelbar an der Klägerin beteiligen können.

Ende der Entscheidung

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