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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.10.2001
Aktenzeichen: III R 3/01
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 33a Abs. 2 |
Gründe:
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zusammen veranlagte Eheleute, beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1995 für ihre damals 22-jährige Tochter T einen Ausbildungsfreibetrag bei auswärtiger Unterbringung. Sie studierte vom 1. Januar bis 31. August 1995 an der Fachhochschule X, den Rest des Streitjahres in Sligo, Irland. Die Tochter bezog einen Bruttoarbeitslohn von 5 847 DM. Daneben erhielt sie für die Zeit von 1. September 1995 bis 31. Januar 1996 ein Stipendium des ERASMUS/SOKRATES-Programms der EU in Höhe von 2 000 DM. Nach dem Zuwendungsbescheid vom 20. Oktober 1995 handelt es sich hierbei um einen Zuschuss zum Ausgleich der am Regional-Technical-College, Sligo, "entstandenen auslandsbedingten Mehraufwendungen". Die im Rahmen des ERASMUS/SOKRATES-Programms vergebenen Stipendien sollen nach einem Schreiben der Fachhochschule X vom 15. April 1997 zumindest teilweise die entstehenden Kosten (Reise, evtl. Sprachvorbereitungen, höhere Lebenshaltungskosten im Ausland etc.) ausgleichen. Bestätigt wird dies durch ein Schreiben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) vom 29. September 1997; danach dienen die ERASMUS-Stipendien dem Ausgleich des mit dem Auslandsstudium verbundenen Mehrbedarfs für Reisekosten, dortige Aufenthaltskosten, Kosten an der aufnehmenden Hochschule etc.
Die EU stellt die Mittel für die Studentenstipendien aus dem ERASMUS/SOKRATES-Programm dem DAAD als zentralem nationalen Stipendiengeber zur Verfügung, der diese anteilig an die Hochschulen verteilt, die dann die Mittel selbst verwalten. Die akademischen Auslandsämter zahlen die Stipendien an förderungsberechtigte Studenten aus. Stipendienberechtigt ist prinzipiell jeder an der Heimathochschule ordentlich immatrikulierte Student, der einen Auslandsstudienaufenthalt an einer der Partnerhochschulen im Rahmen des ERASMUS/SOKRATES-Programms unternimmt, d.h. von dieser als Austauschstudent akzeptiert wird. Die Förderhöhe richtet sich nach der Verfügbarkeit der Mittel und der an den Fördermitteln partizipierenden Studenten je akademischem Jahr, wobei die Maximalsumme, die ausgezahlt werden kann, mit 400 DM monatlich festgelegt ist. Nach den Vergaberichtlinien sind die Stipendien als Beitrag zur Deckung der Mehrausgaben im Ausland bestimmt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gewährte lediglich einen Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2 713 DM, den er wie folgt berechnete:
Ausbildungsfreibetrag maximal 4 200 DM| Bruttolohn lt. Lohnsteuerkarte 5 847 DM|| ./. Arbeitnehmer- freibetrag ./. 2 000 DM| ./. Freibetrag § 33a |./. 3 600 DM| Zwischensumme |247 DM|./. 247 DM| verminderter Aus- bildungsfreibetrag| | 3 953 DM| davon 01-08/95 (8/12) | 2 635 DM| 2 635 DM davon 09-12/95 (4/12)| | 1 318 DM |./. Stipendium (ERASMUS)| 1 600 DM ./. Unkosten pauschal|./. 360 DM 1 240 DM|./. 1 240 DM 78 DM| 78 DM Summe Ausbildungs- freibetrag| 2 713 DM.
Mit ihrer Klage begehrten die Kläger einen Ausbildungsfreibetrag ohne Einbeziehung der Ausbildungshilfe in Höhe von 2 953 DM. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, das FA habe den Ausbildungsfreibetrag zutreffend errechnet. Die Auslandsbeihilfe sei als eigene Bezüge anzurechnen, denn das Stipendium sei zum Unterhalt und zur Berufsausbildung bestimmt. Offen bleiben könne, ob die Zuschüsse ganz oder zum Teil zur Bestreitung des üblichen Unterhalts bestimmt oder geeignet seien. Sie hätten jedenfalls auch der Bestreitung der Berufsausbildung gedient. Zwar würden nach § 32 Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (in der ab 1996 geltenden Fassung) Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt seien, nicht berücksichtigt. Eine derartige Regelung sei aber in § 33a Abs. 2 Satz 3 EStG nicht enthalten, weshalb Bezüge, die zur Bestreitung der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien, die Ausbildungsfreibeträge minderten.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des § 33a Abs. 2 EStG.
Die Ausbildungshilfe aus dem ERASMUS/SOKRATES-Programm der EU sei nicht zur Bestreitung des üblichen Unterhalts bestimmt oder geeignet und daher nicht anrechenbar. Nicht anrechenbare Bezüge seien solche, die dem Empfänger zweckgebunden für die Abdeckung besonderer und außergewöhnlicher Bedürfnisse zuflössen und ihm daher zur Deckung des typischen Unterhaltsbedarfs nicht zur Verfügung ständen. So verhalte es sich bei den Auslandsstudienbeihilfen, die dafür bestimmt seien, den mit einem Auslandsaufenthalt von Studenten regelmäßig verbundenen Mehraufwand jedenfalls teilweise abzudecken. Außerdem sei zu bedenken, dass diese Mittel die internationale Mobilität fördern sollten und es deshalb im Ergebnis nicht dazu kommen dürfe, dass im Inland studierende Studenten steuerlich besser gestellt seien als diejenigen, die im Ausland studierten. Der DAAD betone --ebenso wie Politik und Wirtschaft-- den eminenten Stellenwert von Auslandsstudien für Wissenschaft und Forschung bei seinen Programmen. Diese gesellschaftlich erwünschten Bemühungen dürften deshalb vom Steuerrecht nicht ignoriert werden.
Die Kläger beantragen:
1. Das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 5. Mai 2000 1 K 2524/98 wird aufgehoben.
2. Der Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 9. April 1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 1998 sowie der geänderte Bescheid des FA für 1995 vom 31. Oktober 2000 werden dahin gehend abgeändert, dass die Zahlung aus dem ERASMUS/SOKRATES-Programm der EU bei der Berechnung des Ausbildungsfreibetrags unberücksichtigt bleibt.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Die Revision ist begründet. Zu Unrecht hat das FG den Ausbildungsfreibetrag um das Stipendium aus dem ERASMUS/SOKRATES-Programm gekürzt.
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes, für das er einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld erhält, so wird nach § 33a Abs. 2 EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung auf Antrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte je Kalenderjahr ein Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 4 200 DM abgezogen, wenn das Kind auswärtig untergebracht ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Dieser Freibetrag vermindert sich um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, soweit diese 3 600 DM im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von dem Kind als Ausbildungsbeihilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse.
1. § 33a Abs. 2 EStG hat die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belastungen, die durch die Berufsausbildung von Kindern erwachsen, zum Ziel. Die für den Steuerpflichtigen unvermeidbare Sonderbelastung durch Unterhaltsverpflichtungen mindert seine Leistungsfähigkeit und darf daher vom Gesetzgeber nicht unberücksichtigt gelassen werden (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--). Der Höhe nach muss der Staat bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit den Unterhaltsaufwand für Kinder des Steuerpflichtigen und andere unterhaltsberechtigte Personen in dem Umfang als besteuerbares Einkommen außer Betracht lassen, in dem die Unterhaltsaufwendungen zur Gewährleistung des Existenzminimums der Kinder erforderlich sind (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--, vgl. Beschlüsse vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, und vom 10. November 1998 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182).
Aufwendungen für die Berufsausbildung von Kindern müssen von Verfassungs wegen nicht genauso behandelt werden wie Aufwendungen für die Sicherung des Existenzminimums, da sie nicht mit der gleichen Zwangsläufigkeit wie diese entstehen und für die Eltern auch nicht verloren sind; vielmehr stellen sie --zumindest auf längere Sicht-- Investitionen der Eltern in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft ihrer Kinder dar (BVerfG-Entscheidung vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307). Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass die steuerliche Berücksichtigung solcher Belastungen vollständig in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt ist. Da sich die Eltern ihnen nicht beliebig entziehen können, vielmehr weitgehend hierzu bereits nach dem Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet sind und der Wert dieser Investition ebenso der Allgemeinheit zugute kommt, ist der Staat von Verfassungs wegen verpflichtet, einen gewissen Anteil der Ausbildungskosten entweder unmittelbar zu übernehmen oder ihn doch wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit anzuerkennen (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307). Offen gelassen hat das BVerfG, bis zu welcher Untergrenze der Gesetzgeber sich bei seiner Entscheidung über den zu berücksichtigenden Umfang dieser Kosten bewegen kann. Werde die Hälfte der Mehrkosten zum Abzug zugelassen, sei diese Grenze jedenfalls nicht unterschritten (ebenso Senatsurteil vom 15. Mai 1997 III R 4/96, BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720).
Diesen Geboten kommt der Staat für bis zu 27 Jahre alte Kinder durch Kinderfreibetrag, Kindergeld sowie die Ausbildungsfreibeträge des § 33a Abs. 2 EStG nach, wobei insbesondere berücksichtigt wird, dass Kinder, die auswärts untergebracht sind, einen erheblichen existenziellen Mehrbedarf aufweisen.
2. Die Ausbildungsfreibeträge des § 33a Abs. 2 EStG mindern sich um eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, soweit diese 3 600 DM im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von dem Kind als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse. Den Regelungen über die Anrechnung liegt die Erwägung zugrunde, dass sich in diesen Fällen die Unterhaltsverpflichtungen der Eltern mindern und die Aufwendungen für die Berufsausbildung nicht zusätzlich über einen (vollen) steuerlichen Freibetrag berücksichtigt zu werden brauchen (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 164).
Allerdings enthält § 33a Abs. 2 EStG keine dem § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG in der Fassung ab 1996 entsprechende Regelung, wonach Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, außer Ansatz bleiben. Dies korrespondiert mit der bürgerlich-rechtlichen Pflicht der Eltern nach § 1610 Abs. 1 und 2 BGB im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit für alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Berufsausbildung anfallen, aufzukommen, also auch für Sonderbedarf, sofern dieser nach dem Ausbildungsgang notwendigerweise oder vereinbarungsgemäß anfällt. Leistungen aus öffentlichen Mitteln, die einen ausbildungsbedingten Sonderbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes abdecken, den zu leisten die Eltern danach bürgerlich-rechtlich verpflichtet sind, mindern die Unterhaltsverpflichtungen von Eltern und rechtfertigen daher die Kürzung des Ausbildungsfreibetrages nach § 33a Abs. 2 EStG.
3. Dies bedeutet indessen nicht, dass Ausbildungshilfen stets anzurechnen sind. Zwar lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift keine Einschränkung entnehmen; der Wortlaut ist jedoch dem Zweck des § 33a Abs. 2 EStG entsprechend dahin gehend einzuengen, dass eine Anrechnung dann zu unterbleiben hat, wenn die Beihilfe für Maßnahmen gewährt wird, zu denen die Eltern gesetzlich nicht verpflichtet sind; denn in diesen Fällen werden sie durch die Ausbildungshilfe von ihren Unterhaltspflichten nicht entlastet. Entsprechendes gilt, wenn die Beihilfe eine besondere Leistung des Auszubildenden belohnen soll oder wenn die Anrechnung mit dem besonderen Förderzweck unvereinbar wäre.
Divergieren Gesetzeswortlaut und -zweck, ist der Wortlaut der Vorschrift ihrem Zweck entsprechend einzuschränken (sog. teleologische Reduktion oder Restriktion), sofern sich das Gesetz --gemessen an seinem Zweck-- als planwidrig zu weitgehend erweist (vgl. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 7. April 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl II 1992, 786, m.w.N.). Eine teleologische Reduktion kommt hingegen grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn der weite Wortlaut der Vorschrift Folge einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist. Vorschriften, die erkennbar dem verfassungsrechtlichen Gestaltungsauftrag zum Familienleistungsausgleich Rechnung tragen wollen, sind im Zweifel so auszulegen, dass diesem Anliegen Rechnung getragen wird (vgl. BFH, Urteil vom 25. Januar 1995 X R 191/93, BFHE 177, 65, BStBl II 1995, 586).
§ 33a Abs. 2 EStG dient der Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern und nicht der des Kindes. Vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Kinderleistungsausgleichs (s. oben Ziff. II. 1.) und dem erkennbaren Zweck der Regelung können daher staatliche Leistungen, die das Kind bezieht, nur dann bei der Steuerfestsetzung der Eltern zu deren Lasten berücksichtigt werden, wenn diese Leistungen die Unterhaltsverpflichtungen der Eltern gegenüber dem Kind mindern. Ansonsten beeinflussen sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern nicht.
Auch aus dem Zweck der Beihilfe kann sich ergeben, dass eine Anrechnung zu unterbleiben hat. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Ausbildungshilfe eine besondere Leistung der Auszubildenden belohnen oder ein bestimmtes Verhalten der Beihilfeempfänger fördern will. Würde sich in diesen Fällen der Ausbildungsfreibetrag des § 33a Abs. 2 EStG mindern, würde der Förderzweck vereitelt.
Die Gesetzesmaterialien --auch die zum Jahressteuergesetz 1996-- ergeben nicht, dass der Gesetzgeber in bewusster rechtspolitischer Entscheidung Ausbildungshilfen in den Regelungsbereich des § 33a Abs. 2 EStG einbeziehen wollte, die die Unterhaltsverpflichtungen der Eltern nicht mindern oder deren Einbeziehung dem Stipendienzweck entgegenliefen. Vielmehr hatte er offenbar den Regelfall vor Augen, bei dem die Hilfe zu einer Einschränkung der Unterhaltsverpflichtung führt und aus diesem Grund ihre Anrechnung rechtfertigt (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 164). Es ist daher davon auszugehen, dass der Wortlaut des § 33a Abs. 2 EStG planwidrig zu weit geraten und folglich im Wege der Reduktion einzuschränken ist (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 164).
4. Nach diesen Grundsätzen mindern die Zahlungen, die die Tochter der Kläger im Streitjahr aus dem ERASMUS/SOKRATES-Programm bezogen hat, den Ausbildungsfreibetrag nicht. Stipendien aus diesem Programm sind Ausbildungshilfen i.S. des § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG, denn sie werden von einer Förderungseinrichtung (DAAD) geleistet, der öffentliche Mittel zur Vergabe der Stipendien überlassen werden. Öffentliche Mittel sind auch solche, die aus dem EG-Haushalt stammen (vgl. auch Kanzler in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 33a EStG Anm. 221).
Für die Entscheidung des vorliegenden Streitfalls kann letztlich offen bleiben, ob die Kläger zivilrechtlich verpflichtet waren, ihrer Tochter einen Auslandsstudienaufenthalt zu finanzieren. Denn eine Anrechnung hat hier jedenfalls deshalb zu unterbleiben, weil die Stipendien ihren Förderzweck verfehlten, würden sie auf den Ausbildungsfreibetrag angerechnet. Das ERASMUS/SOKRATES-Programm will die Mobilität von Studenten innerhalb der EU fördern und ihnen einen Studienaufenthalt in einem anderen EU-Land ermöglichen, was ohne die Hilfe häufig schon daran scheiterte, dass die Finanzierung eines Aufenthalts an einer ausländischen Hochschule die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Eltern durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse übersteigt. Nach den Förderrichtlinien wie auch dem Zuwendungsbescheid sollen die Stipendien nicht die üblichen Unterhaltsaufwendungen, sondern allein die anfallenden Mehrkosten (zum Teil) abdecken. Die üblichen Kosten, die im Rahmen der Berufsausbildung anfallen, kommen bei einem Auslandssemester regelmäßig nicht in Wegfall. Würden die Stipendien auf den Ausbildungsfreibetrag angerechnet, könnte der Entzug dieser Mittel dazu führen, dass der Anreiz für Studien an Hochschulen anderer EU-Länder wegen der Nichtberücksichtigung der hierfür anfallenden Mehrkosten vereitelt würde.
Auch die Verwaltung geht nunmehr davon aus, dass Bezüge für ausbildungsbedingten Sonderbedarf bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Betracht bleiben (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. März 1998, BStBl I 1998, 347 Rdnr. 19). Diese Verwaltungsanweisung betrifft zwar § 32 EStG, nach dessen Abs. 4 Satz 3 Bezüge für besondere Ausbildungszwecke nicht einberechnet werden, soll aber entsprechend im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes i.S. des § 33a EStG gelten (vgl. R 191 Abs. 4 i.V.m. H 180e der Einkommensteuer-Richtlinien 2000).
Die Vorentscheidung, die der Rechtsauffassung des Senats nicht entspricht, ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Ausbildungsfreibetrag ist um 1 240 DM im Streitjahr zu erhöhen.
Ende der Entscheidung
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