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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.04.1999
Aktenzeichen: III R 32/98
Rechtsgebiete: InvZV, InvZulG 1991


Vorschriften:

InvZV § 2 Satz 1 Nr. 6 a
InvZV § 2 Satz 1 Nr. 6 b
InvZulG 1991 § 2 Satz 1 Nr. 1
InvZulG 1991 § 2 Satz 1 Nr. 2
BUNDESFINANZHOF

Stellt ein Unternehmen den Betrieb ein, weil für seine Produkte kein Absatzmarkt mehr besteht, sind die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise ein zulagenunschädliches vorzeitiges Ausscheiden wegen wirtschaftlichen Verbrauchs anzuerkennen ist, für jedes einzelne Wirtschaftsgut zu prüfen.

InvZV § 2 Satz 1 Nr. 6 a und b InvZulG 1991 § 2 Satz 1 Nr. 1 und 2

Urteil vom 27. April 1999 - III R 32/98 -

Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt (EFG 1998, 1216)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH i.L. Liquidator ist Steuerberater und Diplom-Volkswirt X, der die Klägerin nunmehr auch im Revisionsverfahren vertritt.

Die Klägerin betrieb eine Großgaserei und stellte u.a. Stadtgas, Benzol und Teerprodukte her. Die Gesellschafter der Klägerin beschlossen wegen der im Zuge der Wiedervereinigung erheblichen Verschiebung des Brennstoffmarktes von Stadtgas zu Erdgas und Erdöl am 19. März 1993 die Auflösung der Gesellschaft und ferner, die wirtschaftliche Tätigkeit mit Wirkung zum 30. Juni 1993 einzustellen. Die Klägerin wickelte die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt nur noch ab.

Auf den Antrag der Klägerin vom 15. Februar 1991 auf Gewährung von Investitionszulage für im Kalenderjahr 1990 getätigte Investitionen setzte das Finanzamt Z I die Investitionszulage unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Mit Änderungsbescheid vom 7. Juni 1993 wurde die Investitionszulage für 1990 erhöht. Für 1991 und 1992 wurde die Investitionszulage jeweils antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. Im Anschluß an eine Außenprüfung setzte das zuständig gewordene Finanzamt Z II, Beklagter und Revisionsbeklagter (Finanzamt --FA--), mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheiden vom 7. Juni 1994 die Investitionszulage für die Streitjahre 1990 bis 1992 auf jeweils Null DM endgültig fest und forderte die ausbezahlten Beträge zuzüglich Zinsen zurück.

Die Außenprüfung hatte festgestellt, daß die Klägerin ihre wirtschaftliche Tätigkeit zum 30. Juni 1993 eingestellt, sämtliche Produktionsanlagen stillgelegt, ferner seitdem notwendige Abrißarbeiten (bezüglich der Gebäude und Anlagen) durchgeführt sowie Umweltschäden beseitigt hatte. Das verwertbare Anlagevermögen wurde in einem Versteigerungskatalog angeboten. Die Versteigerung führte die Fa. Y Auktion KG am 29. September 1993 im Namen und für Rechnung der Klägerin durch. Ein größerer Teil der Wirtschaftsgüter konnte wegen der Beschaffenheit indessen nicht veräußert werden (Betriebsvorrichtungen wie Kohlelagerplatz, Gleis- und Hafenanlagenbefestigungen, Heizanlagen etc.).

Die Einsprüche und die Klage hatten keinen Erfolg. Mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1216 veröffentlichtem Urteil wies das Finanzgericht (FG) die Klage im wesentlichen mit folgender Begründung ab: Soweit die Wirtschaftsgüter verschrottet bzw. abgebrochen worden seien, seien sie vor Ablauf der gesetzlich festgelegten Drei-Jahres-Frist aus dem Anlagevermögen der Klägerin ausgeschieden bzw. seien nicht bis zum Ablauf dieser Frist in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verblieben. Dies sei nicht ausnahmsweise zulagenunschädlich wegen technischen oder wirtschaftlichen Verbrauchs dieser Wirtschaftsgüter geschehen. Wäre der Betrieb nicht eingestellt worden, so hätte die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Kohlelagerplatzes, der Gleisanlagen, der Anlagenbefestigung und der Heizanlage mehr als drei Jahre betragen. Zwar sei regelmäßig bei einem Abbruch bzw. bei einer Verschrottung von einem wirtschaftlichen Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter auszugehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 1989 X R 97/87, BFHE 156, 423, BStBl II 1989, 604, 605). Indes liege dieser vom BFH angenommene Regelfall wegen der im Streitfall gegebenen besonderen Umstände nicht vor. Hier seien zahlreiche Wirtschaftsgüter in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einstellung der Gasproduktion verschrottet bzw. abgerissen worden und zwar entsprechend dem klägerischen Vortrag, weil der Absatz des Stadtgases rückläufig gewesen sei, mithin die Betriebsstätte unrentabel geworden sei. Betriebswirtschaftliche Gründe rechtfertigten indessen keine Ausnahme von den Verbleibanforderungen (vgl. BFH-Urteile vom 5. Mai 1988 III R 181/83, BFH/NV 1988, 741; vom 12. April 1994 III R 64/91, BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711). Der Gesetzgeber habe danach die Einhaltung der Drei-Jahres-Frist als maßgebende Grundlage für das Erreichen des von ihm bezweckten Erfolges angesehen und dementsprechend stelle die Drei-Jahres-Frist eine typisierende Regelung dar. Soweit Wirtschaftsgüter --in B-- funktionslos geworden, jedoch weder verschrottet noch veräußert worden seien, hätten sie nicht während des gesamten Drei-Jahres-Zeitraums im investitionszulagenrechtlichen Sinne zu einer Betriebsstätte gehört. Insoweit müsse es sich nämlich um einen aktiven Betrieb/ eine aktive Betriebsstätte handeln. Dafür reiche ein in Auflösung befindlicher Betrieb (Betriebsstätte) nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 1991 III R 74/89, BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932). Dies sei nur dann anders, wenn der Betrieb sich zwar in Liquidation befinde, jedoch seine werbende Tätigkeit nicht eingestellt habe (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 6. Juni 1994 VII 70/93, EFG 1994, 960). Nach ihren eigenen Angaben in der Klagebegründung vom 18. April 1996 habe sich die Klägerin jedoch ab dem 30. Juni 1993 auf die Abwicklung der Gesellschaft beschränkt; auch die Aufnahme der Wirtschaftsgüter in den Versteigerungskatalog bringe eindeutig ihren Entschluß zum Ausdruck, die betriebliche Tätigkeit aufgeben zu wollen. Ihre Tätigkeit habe sich darauf beschränkt, vorhandenes Betriebsvermögen möglichst sinnvoll zu verwerten bzw. nur noch so einzusetzen, daß dadurch keine weiteren wirtschaftlichen Aufwendungen mehr veranlaßt würden. Die in den Versteigerungskatalog aufgenommenen Wirtschaftsgüter seien schließlich innerhalb der Drei-Jahres-Frist zu Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens geworden. Diese Umqualifikation sei zwar noch nicht bereits mit Beginn der Liquidation eingetreten, spätestens aber mit der Aufnahme dieser Wirtschaftsgüter in den Versteigerungskatalog. Ab diesem Zeitpunkt sei der Entschluß der Klägerin nach außen erkennbar geworden, ihren Betrieb nicht mehr fortzuführen und die Wirtschaftsgüter nur noch der Veräußerung zuzuführen. Die Versteigerung am 30. September 1993 habe eine entsprechende Vorbereitungszeit benötigt, die spätestens mit dem 30. Juni 1993 begonnen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sich aber keines der hier in Frage kommenden Wirtschaftsgüter bereits drei Jahre oder länger im Anlagevermögen der Klägerin befunden. Infolge der rechtmäßigen Rückforderung der Investitionszulagen für die Kalenderjahre 1990 bis 1992 hätten für die Rückforderungsansprüche auch Zinsen festgesetzt werden dürfen.

Mit der --vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob die Einstellung eines Betriebes aus wirtschaftlichen Gründen dem Fall des wirtschaftlichen Verbrauchs eines Wirtschaftsgutes gleichzusetzen sei, zugelassenen-- Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Satz 1 Nr. 6 der Verordnung über die Beantragung und die Gewährung von Investitionszulagen für Anlageinvestitionen vom 4. Juli 1990 --InvZV-- und § 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Investitionszulagengesetzes --InvZulG-- 1991).

Zu Unrecht gehe das FG davon aus, das vorzeitige Ausscheiden der Wirtschaftsgüter liege in der Einstellung des klägerischen Betriebes und nicht --wie von ihr geltend gemacht-- im wirtschaftlichen Verbrauch der Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1976 III R 139/74, BFHE 120, 317, BStBl II 1977, 59). Ende 1992 habe wegen des veränderten Brennstoffmarktes praktisch kein Absatzmarkt mehr für Stadtgas bestanden. Diese erhebliche Nachfrageverschiebung habe einen wirtschaftlichen Verbrauch der zulagenbegünstigten Wirtschaftsgüter eintreten lassen. Deshalb sei der Betrieb eingestellt worden. Ein anderes Unternehmen hätte die verschrotteten Wirtschaftsgüter keinesfalls mehr nutzen können. Vergleichbare Unternehmen seien zudem nicht mehr existent gewesen. Auch die in den Versteigerungskatalog aufgenommenen Wirtschaftsgüter seien wirtschaftlich verbraucht, ihre Umqualifikation in Umlaufvermögen mithin ebenfalls investitionszulagenunschädlich gewesen. Dafür spreche insbesondere die Tatsache, daß die Wirtschaftsgüter ursprünglich für insgesamt ... DM angeschafft/hergestellt, in den Jahren 1993 und 1994 aber nur Erlöse von ... DM bzw. ... DM erzielt worden seien, und zwar im wesentlichen für zwei Doppellenker-Wippkräne. Bei der Versteigerung seien für den 1990 angeschafften Kran gerade 17 v.H. der Anschaffungskosten und für den 1991 angeschafften Kran noch 15 v.H. der Anschaffungskosten erlöst worden. Den vom BFH zugelassenen Ausnahmen eines vorzeitigen zulagenunschädlichen Ausscheidens der Wirtschaftsgüter sei gemeinsam, daß die Wirtschaftsgüter auch für Dritte keinen oder nur noch einen sehr geringen Wert gehabt hätten, weil sie wirtschaftlich verbraucht gewesen seien oder einen Totalschaden erlitten gehabt hätten. Diese Voraussetzungen seien aus dem Versteigerungserlös abzuleiten. Das vom FA angezogene BFH-Urteil in BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932 sei zu den §§ 1, 4a InvZulG 1979 ergangen. Danach habe die Gewährung der Investitionszulage nicht nur von steuerlichen, sondern auch von wirtschaftlichen Voraussetzungen abgehangen, die durch eine Bescheinigung der zuständigen Wirtschaftsbehörden nachzuweisen gewesen seien. Der InvZV 1990 und dem InvZulG 1991 seien aber derartige Voraussetzungen unbekannt. Die Bundesregierung habe durch die Investitionszulage die Investitionstätigkeit in den neuen Bundesländern massiv unterstützen und die Wirtschaft dort fördern wollen. Die Verbleibvoraussetzungen sollten den zweckwidrigen Einsatz geförderter Wirtschaftsgüter in den alten Bundesländern verhindern. Die Rückforderung der Investitionszulage entspreche im Streitfall nicht der mißbrauchsvorbeugenden Intention des Gesetzes. Sie werde hier zurückgefordert, weil der unternehmerische Erfolg ausgeblieben sei. Dies sei vom Gesetzgeber nicht gewollt; denn die Gewährung der Investitionszulage sei nicht an das Vorliegen erfolgversprechender Betriebsergebnisrechnungen und ähnlicher Prognoseinstrumente geknüpft.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Investitionszulagenänderungsbescheide für 1990 bis 1992 nebst den Zinsfestsetzungen vom 7. Juni 1994 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 1996 sowie das Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 10. März 1998 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet.

Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Verbrauch der vor Ablauf der dreijährigen Verbleibfrist ausgeschiedenen Wirtschaftsgüter verneint. Anhand der von ihm hierzu getroffenen Feststellungen kann indes nicht abschließend erkannt werden, ob im Streitfall nicht ausnahmsweise ein zulagenunschädliches vorzeitiges Ausscheiden der Wirtschaftsgüter anzunehmen ist. Das Fehlen ausreichender tatsächlicher Feststellungen stellt einen materiell-rechtlichen Mangel des Urteils dar, der --auch ohne besondere Rüge-- zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt (BFH-Urteil vom 22. Januar 1985 VII R 112/81, BFHE 143, 203, BStBl II 1985, 562, unter II. 2. der Gründe, m.w.N., ständige Rechtsprechung).

1. a) Nach § 2 Satz 1 Nr. 6 a und b InvZV und nach § 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 InvZulG 1991 sind begünstigte Investitionen u.a. die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet (bzw. der DDR) gehören und in einer solchen Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben.

Die für den Streitfall einschlägigen Fördergesetze sehen danach --wie auch schon frühere Investitionszulagengesetze-- an sich überhaupt keine Ausnahmen von der dreijährigen Zugehörigkeits- und Bindungsfrist vor. Auch hat der erkennende Senat für die §§ 1 und 3 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. InvZulG 1969 selbst im Falle der Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Rahmen eines Konkursverfahrens nicht auf die Einhaltung der Drei-Jahres-Frist verzichtet (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1977 III R 111/75, BFHE 124, 122, BStBl II 1978, 204).

Andererseits hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung zu vergleichbaren Verbleibregelungen, wenn auch nur in eng begrenzten Fällen, Ausnahmen von der dreijährigen Bindungsfrist zugelassen (s. z.B. BFH-Urteile in BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711, und vom 26. August 1994 III R 75/92, BFH/NV 1995, 545, jeweils m.w.N.). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist das vorzeitige Ausscheiden von Wirtschaftsgütern allerdings nur unter solchen Umständen als zulagenunschädlich beurteilt worden, die in den Wirtschaftsgütern selbst und nicht lediglich in dem Betrieb begründet waren (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 1994 III R 15/89, BFH/NV 1995, 66, unter Ziff. 3. a der Gründe zu § 4b InvZulG 1982). So wurde ein vorzeitiges Ausscheiden eines Wirtschaftsgutes aus dem Betrieb des Investors dann als unschädlich angesehen, wenn es technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht war und auch für Dritte keinen oder nur noch einen sehr geringen Wert hatte. Hingegen können bloß allgemeine betriebliche oder wirtschaftliche Ursachen nicht berücksichtigt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 30. Oktober 1997 III B 108/95, BFH/NV 1998, 497, m.w.N.).

Einen wirtschaftlichen Verbrauch eines Gebäudes hat der BFH z.B. im Urteil in BFHE 156, 423, BStBl II 1989, 604, unter Ziff. 2. a der Gründe (im Zusammenhang mit der ertragsteuerlich beanstandeten Aufteilung eines Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden sowie das Gebäude) bejaht, wenn für Erwerber und Veräußerer --ungeachtet einer fortbestehenden technischen Verwendbarkeit-- die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Verwendung durch Nutzung oder anderweitige Veräußerung endgültig entfallen ist. Ob ein solcher Sachverhalt gegeben ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles, wobei die Prüfung in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegt (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 1973 I R 115/71, BFHE 109, 326, BStBl II 1973, 678).

Dementsprechend hat der erkennende Senat Gründe, die ihre Ursache in der Betriebsstätte oder im Betrieb hatten, nicht als ausreichend angesehen, um eine Ausnahme vom Erfordernis der dreijährigen Verbleibdauer zu rechtfertigen. Beispielsweise hat er eine vorzeitige Veräußerung an sich noch funktionstüchtiger Wirtschaftsgüter als zulagenschädlich betrachtet, wenn die Veräußerung auf eine Betriebsumstellung zurückzuführen war, selbst wenn diese ihrerseits durch einen Brand ausgelöst worden war (BFH-Urteil vom 2. Mai 1980 III R 12/79, BFHE 131, 419, BStBl II 1980, 758, zu § 3 Abs. 5 InvZulG 1969). Auch sonstige betriebswirtschaftliche Gründe, also vornehmlich Erwägungen der Rentabilität, rechtfertigen keine Ausnahme von der gesetzlichen Verbleibfrist (BFH-Urteile in BFH/NV 1988, 741, zu § 1 InvZulG 1975; in BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711, 712). Einen Fall des wirtschaftlichen Verbrauchs einzelner Wirtschaftsgüter hat der Senat jedoch dann anerkannt, wenn sie für den Betrieb des Investors wirtschaftlich nicht mehr nutzbar sind und ihre Nutzung auch durch andere Unternehmen als dasjenige des Investors ausgeschlossen ist. Im Falle des wirtschaftlichen Verbrauchs kommt dann dem Umstand, daß das Wirtschaftsgut an sich technisch noch nutzbar ist, keine Bedeutung zu, da die technische Nutzbarkeit nicht mehr verwertet werden kann. Einen Fall wirtschaftlichen Verbrauchs hat der Senat daher anerkannt, wenn Wirtschaftsgüter deshalb für den Betrieb nicht mehr wirtschaftlich nutzbar sind, weil mit ihnen weitere Aufträge nicht zu erzielen waren und auch ihre Nutzung durch andere Unternehmen ausgeschlossen war (Urteil in BFHE 120, 317, BStBl II 1977, 59). Diesen Grundsatz hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung fortgeführt (vgl. BFH-Urteile vom 1. Juli 1977 III R 74/76, BFHE 123, 109, BStBl II 1977, 793; in BFHE 131, 419, BStBl II 1980, 758; in BFH/NV 1988, 741, unter Ziff. 5. der Gründe; in BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711; in BFH/NV 1995, 66, und in BFH/NV 1995, 545).

Eine Ausnahme von der gesetzlichen Verbleibregelung hat der Senat allerdings dann wiederum als nicht gerechtfertigt angesehen, wenn diese Wirtschaftsgüter zwar aus in ihnen liegenden Gründen für die betrieblichen Belange des Investors nicht mehr geeignet waren, jedoch noch zu einem nicht zu vernachlässigenden Preis veräußert wurden (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 545, und in BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711, 712).

Entscheidend dafür war neben der Größenordnung des Veräußerungserlöses und der damit im Ergebnis einhergehenden Minderung der ursprünglich geltend gemachten Aufwendungen auch die Überlegung, daß der Gesetzgeber die Einhaltung der Drei-Jahres-Frist in den Fällen, in denen er sie in das Gesetz aufgenommen hat, als maßgebliche Grundlage für das Erreichen des mit der jeweiligen Zulage bezweckten Erfolges angesehen hat. Es handelt sich um eine typisierende Regelung, die Ausnahmen nur in seltenen Fällen zuläßt. Auch für die Gewährung einer Investitionszulage nach § 2 Satz 1 Nr. 6 b InvZV und § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1991 ist grundsätzlich erforderlich, daß das betreffende Wirtschaftsgut mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung oder Herstellung tatsächlich zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört und in einer solchen Betriebsstätte verbleibt. Der Gesetzgeber hat auch im Rahmen dieser Fördergesetze eine zeitliche Bindung von drei Jahren zur Verwirklichung der Zielsetzung, zusätzliche Anreize für eine verstärkte Investitionstätigkeit zu schaffen, für erforderlich gehalten (vgl. BTDrucks 12/219, S. 21).

b) Der Senat hatte allerdings bisher keinen Anlaß, zu der Frage ausdrücklich Stellung zu nehmen, ob ein Ausnahmefall wirtschaftlichen Verbrauchs nicht nur hinsichtlich einzelner Wirtschaftsgüter, sondern bezüglich der gesamten einem Betrieb bzw. einer Betriebsstätte gewidmeten Wirtschaftsgüter gegeben sein kann, wenn der Betrieb (die Betriebsstätte) wegen Wegfalls der Nachfrage aufgrund einer veränderten Marktsituation eingestellt wird.

Der Senat verneint diese Frage.

Er hat bereits im Urteil in BFHE 131, 419, BStBl II 1980, 758 zu der in § 3 Abs. 5 InvZulG 1969 enthaltenen vergleichbaren Drei-Jahres-Frist ausgeführt, aus dem Wortsinn der maßgebenden Vorschriften ergebe sich, daß sowohl bei der Gewährung der Investitionszulage als auch bei deren Rückforderung auf die Verhältnisse des einzelnen Wirtschaftsgutes und nicht auf die der Betriebsstätte abzustellen sei. Der Senat sieht keinen sachlichen Grund, von dieser Anknüpfung an das einzelne Wirtschaftsgut in Fällen abzuweichen, in denen z.B. durch den Wegfall der bisherigen Absatzmärkte der Betrieb eingestellt wird oder eingestellt werden muß. Auch in derartigen Fällen können einzelne Wirtschaftsgüter dieses Betriebes weiterhin durch Dritte, ggf. für andere betriebliche Zwecke, genutzt werden (s. hierzu schon das Urteil in BFHE 120, 317, BStBl II 1977, 59) oder es kann eine Veräußerung zu einem über dem Schrottwert liegenden Preis erfolgen (vgl. insoweit insbes. das Urteil in BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711).

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann der Senat nicht abschließend feststellen, ob und ggf. welche Wirtschaftsgüter des klägerischen Betriebs wirtschaftlich verbraucht waren und inwieweit deshalb ausnahmsweise kein zulagenschädliches vorzeitiges Ausscheiden anzunehmen ist.

Die Klägerin hat bereits im Einspruchsverfahren und sodann auch im anschließenden Klageverfahren vorgetragen, daß für die Herstellung und für den Absatz von Stadtgas praktisch kein Markt mehr existiert habe, weil sich der Brennstoffmarkt zu Gunsten von Erdgas und Erdöl verschoben habe. Das FG hat dieses Vorbringen zwar im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben, jedoch daraus geschlossen, der Absatz von Stadtgas sei lediglich rückläufig gewesen und die Betriebsstätte deshalb wirtschaftlich unrentabel geworden. Weder den Feststellungen des FG noch den Akten läßt sich insoweit sicher entnehmen, ob Produktion und Absatz durch die Kündigung des Liefervertrages mit der W-AG vollständig zum Erliegen gekommen sind, weitere Abnehmer also gar nicht mehr vorhanden waren, oder ob tatsächlich lediglich ein rückläufiger Absatz mit der Folge einer wirtschaftlichen Unrentabilität der Betriebsstätte der Klägerin gegeben war. Für die Folgerung des FG könnten freilich die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 1999 sprechen, wonach die Klägerin vom Zeitpunkt der Vertragskündigung an "immer weniger" Stadtgas habe produzieren und verkaufen können, so daß sie schließlich die Produktion Mitte 1993 gänzlich habe einstellen müssen.

a) Bestand im Zeitpunkt der Betriebseinstellung tatsächlich kein Absatzmarkt mehr, so kommt nach der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des Senats ein wirtschaftlicher Verbrauch der von der Klägerin eingesetzten Wirtschaftsgüter grundsätzlich in Betracht, obwohl die Klägerin nicht nur Stadtgas produziert, sondern auch weitere Produkte hergestellt hatte, nämlich Steinkohlenkoks, Teer und Benzol. Insoweit dürfte es sich aber lediglich um im Rahmen der Herstellung des eigentlichen Produktes, nämlich Stadtgas, anfallende Abfallprodukte gehandelt haben, deren weitere Gewinnung und Vermarktung nicht unabhängig von der Herstellung des Stadtgases aufrechterhalten und fortgeführt werden konnte.

Das FG wird sodann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen festzustellen haben, welche der vorzeitig stillgelegten oder ausgeschiedenen Wirtschaftsgüter, für die die Klägerin ursprünglich eine Investitionszulage erhalten hatte, noch durch Dritte nutzbar waren und welche Veräußerungserlöse für die einzelnen versteigerten oder sonst veräußerten Wirtschaftsgüter tatsächlich erzielt worden sind.

Die Frage, ab welcher Höhe wirtschaftlich nicht mehr zu vernachlässigende und deshalb zulagenschädliche Veräußerungserlöse vorliegen, ist auch Gegenstand des Revisionsverfahrens III R 49/97. Mit Beschluß vom 27. April 1999 hat der Senat das Bundesministerium der Finanzen gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO zum Beitritt zu jenem Verfahren aufgefordert.

b) Sollte das FG hingegen bei seiner erneuten Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, daß mit der Kündigung des Liefervertrages durch die W-AG zwar ein Großkunde weggefallen ist, danach aber weiterhin ein, wenn auch nur noch eingeschränkter und deshalb für die Klägerin betriebswirtschaftlich unrentabler Absatzmarkt bestanden hat, so sind die daran anknüpfenden rechtlichen Überlegungen des FG zutreffend, daß nämlich die Wirtschaftsgüter der Klägerin zulagenschädlich nicht während der gesamten dreijährigen Verbleibfrist zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört haben.

Die Klägerin hat --unstreitig-- ihre werbende Tätigkeit zum 30. Juni 1993 vollständig eingestellt. Damit erfüllte der Betrieb der Klägerin spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Voraussetzungen für die Annahme eines Betriebes bzw. einer Betriebsstätte im investitionszulagenrechtlichen Sinne. Beide Begriffe verlangen eine aktive Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und eine in diesem Sinne werbende Tätigkeit. Ein nur noch abzuwickelnder Betrieb, der keinerlei werbende Tätigkeit mehr entfaltet, reicht nicht aus, um dem Sinn und Zweck der investitionszulagenrechtlichen Förderung im allgemeinen zu entsprechen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932; Zitzmann, Zulagen für Investitionen in den neuen Bundesländern, 5. Aufl. Rz. 40; Söffing in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 2 InvZulG 1993 Rz. 54). Dementsprechend gehörten die Wirtschaftsgüter der Klägerin, soweit sie funktionslos auf dem früheren Betriebsgelände geblieben waren, jedenfalls im investitionszulagenrechtlichen Sinne nicht mehr zum Anlagevermögen eines Betriebes/einer Betriebsstätte.

Hinsichtlich der versteigerten Wirtschaftsgüter ist es unerheblich, ob sie ggf. anschließend an die Versteigerung zum Anlagevermögen der Erwerber im Fördergebiet gehört haben sollten. Zu Recht hat das FG eine zulagenschädliche vorherige Überführung dieser Wirtschaftsgüter innerhalb der dreijährigen Bindungsfrist in das Umlaufvermögen der Klägerin durch deren Aufnahme in den Versteigerungskatalog angenommen. Die Zweckbestimmung eines Wirtschaftsgutes und die danach gegebene Zuordnung zum Anlagevermögen oder Umlaufvermögen hängt subjektiv von dem entsprechenden Willen des Steuerpflichtigen ab. Dieser Wille muß anhand objektiver Merkmale nachvollziehbar sein. Ein bisher zum Anlagevermögen gehörendes Wirtschaftsgut wird jedoch dann Umlaufvermögen, wenn der Unternehmer eindeutig nach außen erkennbar den Entschluß faßt, es zu veräußern, insbesondere es seinem bisherigen Wirkungskreis zu entziehen, indem er es z.B. einem Händler zur Veräußerung übergibt (vgl. BFH-Urteile vom 23. Mai 1990 III R 192/85, BFH/NV 1990, 734, 736, m.w.N.; vom 8. Februar 1972 VIII R 9/67, BFHE 105, 227, BStBl II 1972, 528). Auch das nur zeitweise Umwidmen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in solche des Umlaufvermögens ist zulagenschädlich (vgl. BFH/NV 1995, 66, 67).

Soweit die Wirtschaftsgüter verschrottet bzw. abgebrochen worden sind, hat das FG für den Fall des lediglich eingeschränkten Absatzmarktes zutreffend ein zulagenunschädliches vorzeitiges Ausscheiden der Wirtschaftsgüter verneint, weil diese Wirtschaftsgüter dann weder technisch noch wirtschaftlich verbraucht gewesen sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1995, 545, m.w.N.). Vielmehr hat sie die Klägerin in diesem Fall dann aus betriebswirtschaftlichen Gründen entsorgt.

Ende der Entscheidung

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