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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.03.1999
Aktenzeichen: III R 34/98
Rechtsgebiete: InvZV, InvZulG, BerlinFG, FGO


Vorschriften:

InvZV § 2 Satz 1 Nr. 6
InvZV § 2 Satz 1
InvZV § 2
InvZulG § 11 Abs. 1
BerlinFG § 19
FGO § 122 Abs. 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Zum Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt ein Busunternehmen im Fördergebiet. Im Streitjahr 1990 schaffte sie u.a. einen Reisebus an, den sie überwiegend im Fernverkehr einsetzte. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gab dem Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Investitionszulage nach der Investitionszulagenverordnung (InvZV) in Höhe von 12 v.H. der Anschaffungskosten des Busses unter dem Vorbehalt der Nachprüfung statt.

Im Rahmen einer Nachschau im Jahre 1994 stellte das FA fest, daß die Klägerin mit dem Bus vom 9. Juni 1993 bis zum 26. Juni 1993 mit einer Reisegruppe aus Sachsen eine Rundreise im Ausland durchgeführt hatte. Dabei befand sich der Bus 16 Tage außerhalb des Fördergebiets. Das FA forderte daraufhin die Investitionszulage zurück. Der Einspruch blieb im Streitpunkt ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte insbesondere aus: Die Verbleibensvoraussetzungen i.S. von § 2 Satz 1 Nr. 6 (früher Nr. 5) InvZV seien erfüllt. Ein Bus werde auch dann im Fördergebiet genutzt, wenn er --wie im Streitfall-- für eine Rundreise von einem Ort im Fördergebiet aus zu verschiedenen Orten außerhalb des Fördergebiets und zurück in das Fördergebiet eingesetzt werde, sofern die Reise vertraglich vereinbart sei und daran dieselben Personen teilnähmen (Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 30. Dezember 1994, BStBl I 1995, 18, Anhang 18 VII Amtliches Einkommensteuer-Handbuch --EStH-- 1997, Tz. 2).

Demgegenüber berufe sich das FA zu Unrecht darauf, die Klägerin habe den Bus wegen dessen Abwesenheit vom Fördergebiet über einen 14 Tage überschreitenden Zeitraum hin nicht regelmäßig im Fördergebietsverkehr i.S. von Tz. 48 des BMF-Schreibens vom 28. August 1991 (BStBl I 1991, 768, Anhang 18 II EStH 1997) eingesetzt. Es könne offenbleiben, ob bei Nichteinhaltung der 14-Tage-Frist die Verbleibensvoraussetzungen nach § 2 Satz 1 InvZV nicht erfüllt seien. Denn im Streitfall liege eine zeitliche Unterbrechung des Fördergebietseinsatzes überhaupt nicht vor. Nach Tz. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 1995, 18, Anhang VII EStH 1997, stelle die gesamte Reise einen einheitlichen Einsatz im Fördergebietsverkehr dar, wenn ein Bus für eine Rundreise von einem Ort im Fördergebiet zu verschiedenen Orten außerhalb des Fördergebiets und zurück eingesetzt werde, sofern die Reise in dem Reisevertrag vereinbart sei und hieran dieselben Personen teilnähmen. Es liege dann eine einheitliche im Fördergebiet erbrachte Reiseleistung vor. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall gegeben. Denn die Klägerin sei von Sachsen aus mit einer einheitlichen Reisegruppe im Rahmen einer Rundreise ins Ausland und zurück nach Sachsen gereist.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 2 InvZV. Es trägt vor: Das FG stütze sich unzutreffend auf das BMF-Schreiben in BStBl I 1995, 18, Aushang 18 VII EStH 1997. Dort sei in Tz. 2 lediglich geregelt, wie der überwiegende Einsatz eines Busses im Fördergebiet zu bestimmen sei. Neben dem überwiegenden Einsatz sei ein regelmäßiger Einsatz im Fördergebiet notwendig. Dieses Erfordernis ergebe sich aus Tz. 3 desselben BMF-Schreibens, wo auf Tz. 48 des BMF-Schreibens in BStBl I 1991, 768, Anhang 18 II EStH 1997, verwiesen werde. Danach müsse ein Transportmittel in jedem Jahr des Dreijahreszeitraumes überwiegend und regelmäßig im Fördergebietsverkehr eingesetzt werden, wobei ein regelmäßiger Einsatz nicht gegeben sei, wenn ein Transportmittel innerhalb der Verbleibensfrist einmal länger als 14 Tage vom Fördergebiet abwesend gewesen sei, ohne daß dies mit besonderen Umständen begründet werden könne. Nur so sei die geforderte Anbindung geförderter Transportmittel an das Fördergebiet gewährleistet.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

II. Zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen:

Nach § 11 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991 beurteilt sich die Förderung der Investition der Klägerin im Jahre 1990 nach der InvZV. Gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 (später Nr. 6) InvZV wird eine Investitionszulage nur für solche zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehörenden neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter gewährt, die u.a. mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben.

Das Erfordernis des Verbleibens verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich, daß für das zulagebegünstigte Wirtschaftsgut zumindest eine dauerhafte zeitliche und räumliche Bindung zu einer Betriebsstätte im Fördergebiet besteht. Ob dies der Fall ist, muß jeweils unter Berücksichtigung der Eigenart und der Zweckbestimmung des betreffenden Wirtschaftsguts bestimmt werden (Urteil des Senats vom 15. Mai 1997 III R 264/94, BFH/NV 1997, 898, m.w.N., zu § 19 des Berlinförderungsgesetzes --BerlinFG--; s. auch das zum InvZulG 1991 ergangene Senatsurteil vom 10. Dezember 1998 III R 113/95, nicht veröffentlicht, ein Abdruck ist beigefügt). Für die Auslegung der InvZV gelten --ebenso wie für das InvZulG 1991-- insoweit die gleichen Grundsätze wie für frühere regional begrenzte Fördergesetze (Beschlüsse des Senats vom 9. Mai 1996 III B 242/95, BFH/NV 1996, 932, und vom 6. Februar 1998 III B 57/97, BFH/NV 1998, 1257).

Wie der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 1997, 898 (m.w.N.) ausgeführt hat, anerkennt der BFH insbesondere bei Transportmitteln (LKW, LKW-Anhänger und Omnibusse) Ausnahmen von den strengen Verbleibensvoraussetzungen. Erforderlich ist aber stets, daß das betreffende Fahrzeug über die funktionelle Bindung an den Stammbetrieb hinaus überwiegend, d.h. an mindestens 183 Tagen pro Jahr und zugleich regelmäßig, d.h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, im Fördergebietsverkehr eingesetzt wird.

Bei LKW sieht der Senat einen regelmäßigen Einsatz im Fördergebietsverkehr in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung noch als gegeben an, wenn zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet nicht mehr als 14 Tage liegen (Urteile des Senats in BFH/NV 1997, 898, und vom 10. Dezember 1998 III R 113/95, vgl. Abdruck, jeweils m.w.N).

Ausschlaggebend für diese Rechtsprechung ist der regionale Förderzweck der entsprechenden Regelungen des Berlinhilfegesetzes (BHG) bzw. des BerlinFG und der InvZV --nunmehr der InvZulGe 1991 ff.--, der es gebietet, die Anforderungen an einen regelmäßigen Einsatz der Transportmittel im Fördergebietsverkehr so zu bemessen, daß einerseits eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung solcher Transportmittel ermöglicht wird und andererseits unangebrachte Wettbewerbsnachteile von Verkehrsunternehmen ohne Betriebsstätte im Fördergebiet vermieden werden. Diesem Zweck entspricht es, bei LKW zulagenrechtlich als noch unschädliche Abwesenheitszeit zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet grundsätzlich lediglich einen Zeitraum anzuerkennen, der üblicherweise ausreichend ist, um Zielorte im übrigen Bundesgebiet und im angrenzenden Ausland zu erreichen. Diesen Zeitraum sieht der Senat für LKW mit 14 Tagen als ausreichend bemessen an, wobei besondere Umstände wie reparatur- oder streikbedingte oder auf ausnahmsweise längeren Auslandsfahrten beruhende Abwesenheitszeiten im Einzelfall Berücksichtigung finden können (Urteile des Senats in BFH/NV 1997, 898, und vom 10. Dezember 1998 III R 113/95).

In dem zu einem für Kreuzfahrten und ähnliche Ausflugsfahrten verwandten Fahrgastschiff ergangenen Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 113/95 hat der Senat ausgeführt, er neige dazu, bei solchen Schiffen einen regelmäßigen Einsatz im Fördergebietsverkehr nur dann anzuerkennen, wenn der Zeitraum zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet einen Monat nicht überschreitet.

Zur Zulagenförderung von im Fördergebietsverkehr eingesetzten Omnibussen hat der Senat noch nicht im einzelnen Stellung genommen. Der Streitfall wirft nun insbesondere die Fragen auf, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei mehrtägigen Omnibusreisen zu Orten außerhalb des Fördergebiets neben einem überwiegenden Einsatz auch ein regelmäßiger Einsatz des Busses im Fördergebietsverkehr vorliegen kann. Dazu ist im Senat einerseits erwogen worden, aus Wettbewerbsgründen --im Verhältnis zu westdeutschen Busunternehmen-- die für LKW entwickelte 14-Tage-Regelung auch auf Omnibusse zu übertragen. Dagegen ist andererseits eingewendet worden, daß dann möglicherweise ein wirtschaftlich sinnvoller Einsatz von Omnibussen nicht mehr gewährleistet sein könnte. Gegen eine Gleichstellung von Omnibussen mit LKW könnte auch sprechen, daß bei ersteren sog. Zwischenfrachten --bei denen die Konkurrenzsituation zu westdeutschen Unternehmen besonders augenfällig wird-- eher unüblich sein dürften.

Von Bedeutung ist möglicherweise auch die Beantwortung der Frage, ob im Hinblick auf eine bestimmte noch hinzunehmende Abwesenheitsdauer (vom Fördergebiet) nach der Art der durchgeführten Fahrten bzw. Reisen zu differenzieren ist; z.B. nach Rundreisen oder Fahrten zu festen Urlaubszielen.

III. Beitritt des BMF

Der Senat würde es begrüßen, wenn das BMF dem Revisionsverfahren beiträte (§ 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung) und zu den angesprochenen oder weiteren Fragen, die nach seiner Meinung erheblich sind, Stellung nähme. Dabei sollte auch mitgeteilt werden, aus welchen Gründen bei "Baugeräten" nach Tz. 49 des BMF-Schreibens in BStBl I 1991, 768, Anhang 18 II EStH 1997 noch ein kurzfristiger Einsatz außerhalb des Fördergebiets vorliegen soll, wenn diese in jedem Jahr des Dreijahreszeitraumes nicht länger als insgesamt fünf Monate außerhalb des Fördergebiets eingesetzt werden.

Ende der Entscheidung

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