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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.09.1999
Aktenzeichen: III R 47/98
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
EStG § 15 Abs. 2 | |
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 | |
EStG § 20 Abs. 2 a | |
EStG § 20 Abs. 3 |
Gewinnausschüttungen einer Betriebs-GmbH an den Besitzunternehmer sind auch insoweit als Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren, als sie Zeiträume vor Begründung der Betriebsaufspaltung betreffen, der betreffende Gewinnverteilungsbeschluß aber erst danach gefaßt worden ist.
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 a, Abs. 3
Urteil vom 14. September 1999 - III R 47/98 -
Vorinstanz: FG Münster (EFG 1998, 1579)
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der W-GmbH. Er hielt die Geschäftsanteile an der W-GmbH ursprünglich in seinem Privatvermögen. Seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), verpachtete ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück mit Pachtvertrag vom 17. Februar 1987 an die W-GmbH, welche das Grundstück für betriebliche Zwecke nutzte. In einem Zwangsversteigerungsverfahren erwarb der Kläger am 24. August 1993 das Eigentum an dem betrieblich genutzten Grundstück, welches er von diesem Zeitpunkt an --in Fortführung des vormals zwischen der Klägerin und der W-GmbH bestehenden Pachtverhältnisses-- an die W-GmbH verpachtete.
Die Gesellschafterversammlung der W-GmbH beschloß am 19. Dezember 1993 eine offene Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 1992 in Höhe von ... DM, welche am 21. Dezember 1993 an den Kläger ausbezahlt wurde. Ferner wurde am 19. Dezember 1994 eine Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 1993 in Höhe von ... DM beschlossen, die dem Kläger am 21. Dezember 1994 ausbezahlt wurde. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1993 und 1994 (Streitjahre) erklärten die Kläger die Gewinnausschüttungen in Höhe von ... DM für 1993 und ... DM für 1994 als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte zunächst in den gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden für 1993 vom 17. Januar 1995 und für 1994 vom 2. September 1996 Einnahmen aus Kapitalvermögen in der erklärten Höhe an.
Im Rahmen einer im Kalenderjahr 1997 bei dem Kläger und der W-GmbH durchgeführten Außenprüfung vertrat der Außenprüfer die Auffassung, daß die dem Kläger am 21. Dezember 1993 bzw. am 21. Dezember 1994 zugeflossenen Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 des Einkommmensteuergesetzes (EStG) anzusetzen seien, da durch den Erwerb des Betriebsgrundstücks seitens des Klägers am 24. August 1993 und die Fortführung der Verpachtung dieses Grundstücks an die W-GmbH eine Betriebsaufspaltung begründet worden sei. Das FA schloß sich der Auffassung des Außenprüfers an und erließ unter dem 15. August 1997 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1579 veröffentlichten Urteil die Ansicht, das FA habe die streitbefangenen Gewinnausschüttungen zu Recht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG erfaßt. Die Beteiligten seien zutreffend davon ausgegangen, daß zwischen dem Kläger und der W-GmbH seit 24. August 1993 --dem Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch den Kläger-- eine unechte Betriebsaufspaltung bestehe. Sei aber der Tatbestand der Betriebsaufspaltung erfüllt, betreibe nicht nur die W-GmbH als Betriebsgesellschaft, sondern auch das Besitzunternehmen des Klägers einen Gewerbebetrieb. Der Besitzunternehmer erziele damit gewerbliche Einkünfte und habe insoweit kein Privatvermögen, sondern Betriebsvermögen. Auch die Anteile an der Betriebsgesellschaft gehörten zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Mithin seien die Gewinnausschüttungen der Betriebsgesellschaft gewerbliche Einkünfte des Besitzunternehmers.
Nach diesen Grundsätzen seien sämtliche nach der durchgeführten Betriebsaufspaltung ausgeschütteten Gewinne als gewerbliche Einkünfte des Klägers zu qualifizieren. Die streitgegenständlichen Gewinnausschüttungen seien dem Kläger als beherrschendem Gesellschafter im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Gewinnverwendung zugeflossen. Sie seien daher in den Streitjahren als gewerbliche Einkünfte zu erfassen. Denn der Kläger habe im Zeitpunkt der Gewinnausschüttungsbeschlüsse nur noch gewerbliche Einkünfte als Besitzunternehmer erzielen können. Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht aus den Grundsätzen der Rechtsprechung zur sog. zeitkongruenten Aktivierungspflicht von Gewinnausschüttungsansprüchen bzw. aus den Grundsätzen, nach denen Zinsen für eine dem Arbeitnehmer zustehende Gratifikation, die dieser dem Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum beläßt, von der Rechtsprechung behandelt werden.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 20 Abs. 3 EStG. Entgegen der Ansicht des FG sei die Gewinnausschüttung für 1992 in vollem Umfang und die Gewinnausschüttung für 1993 jedenfalls teilweise den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen, da sie in Zeiträumen erwirtschaftet worden seien, in denen die Betriebsaufspaltung (noch) nicht bestanden habe. Gewinnausschüttungen seien Ausfluß einer Beteiligung. Entscheidend für die Zuordnung zu einer Einkunftsart sei u.a. die Frage, in welchem Vermögensbereich (Betriebsvermögen oder Privatvermögen) sich die Beteiligung als Einkunftsquelle befinde. Stelle man --wie dies das FG getan habe-- allein auf den Gewinnverteilungsbeschluß ab, wäre die Zuordnung des eingesetzten Kapitals zu einem dieser Vermögensbereiche bedeutungslos. Befinde sich die Einkunftsquelle aber im Privatvermögen, stellten Gewinnausschüttungen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Dies gelte auch dann, wenn die Ausschüttungen für Zeiträume erfolgten, in denen die Beteiligung noch im Privatvermögen war, jedoch in Zeiträumen zuflössen, in denen die Beteiligung Betriebsvermögen geworden sei. Es komme mithin auf den wirtschaftlichen Zusammenhang, nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung an.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide vom 15. August 1997 für 1993 und 1994 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. November 1997 zu ändern und die Gewinnausschüttung für das Jahr 1992 in Höhe von ... DM in vollem Umfang und die Gewinnausschüttung für das Jahr 1993 in Höhe von ... DM zu einem Anteil von 8/12 als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, daß die dem Kläger am 21. Dezember 1993 bzw. am 21. Dezember 1994 zugeflossenen Gewinnausschüttungen bei diesem gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen sind.
1. Nach den im angefochtenen Urteil des FG getroffenen und für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen erwarb der Kläger am 24. August 1993 im Wege der Zwangsversteigerung das Eigentum an dem von der W-GmbH betrieblich genutzten Grundstück. Er führte von diesem Zeitpunkt an den Pachtvertrag, der zwischen der Voreigentümerin --seiner Ehefrau-- und der W-GmbH am 17. Februar 1987 geschlossen worden war, in der Weise fort, daß die W-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der Kläger ist, weiterhin berechtigt war, das als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehende Betriebsgrundstück zu nutzen. Durch diese Sachverhaltsgestaltung ist --dies ist zwischen den Parteien unstreitig-- vom Zeitpunkt des Eigentumserwerbs am 24. August 1993 an zwischen der W-GmbH und dem Kläger eine unechte Betriebsaufspaltung begründet worden.
Durch die Betriebsaufspaltung wird eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Betätigung durch eine enge sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen des Klägers und der W-GmbH (Betriebsunternehmen) zum Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG umqualifiziert (s. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. April 1997 IV R 73/94, BFHE 183, 127, BStBl II 1997, 569, m.w.N.). Die vom Kläger gehaltenen Gesellschaftsanteile an der W-GmbH gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens (BFH-Urteil vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723, m.w.N.). Gewinnausschüttungen der W-GmbH an den Kläger zählen daher bei diesem grundsätzlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
2. Dies gilt auch für die Ausschüttungen der W-GmbH, die aufgrund der Gewinnausschüttungsbeschlüsse vom 19. Dezember 1993 und vom 19. Dezember 1994 an den Kläger ausbezahlt wurden. Diese Gewinnausschüttungen sind beim Kläger in Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG umzuqualifizieren.
a) Der Gewinnauszahlungsanspruch entsteht als selbständiges Gläubigerrecht des Gesellschafters erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluß; entgegen der Ansicht der Kläger entsteht er nicht allmählich und pro rata temporis der Eigenkapitalnutzung durch die Kapitalgesellschaft. Mit dem Gewinnverteilungsbeschluß spaltet sich der Gewinnanteil von dem übrigen Mitgliedschaftsrecht ab und erstarkt zu einer selbständigen Forderung. Vorher besteht er nur im Sinne eines Gewinnbeteiligungsanspruches als unselbständiger Teil des Mitgliedschaftsrechtes des Gesellschafters (BFH-Urteile vom 21. Mai 1986 I R 199/84, BFHE 147, 44, BStBl II 1986, 794, und I R 190/81, BFHE 147, 27, BStBl II 1986, 815; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. B 27, C 37; Wrede in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 20 EStG Rn. 178; E. Dötsch, Der Betrieb --DB-- 1993, 1842).
b) Der Zeitpunkt, zu dem zeitlich einem Steuerpflichtigen danach mit Entstehung des Gewinnauszahlungsanspruches Einnahmen zuzurechnen sind, ist auch bestimmend für die Qualifizierung der Einkunftsart, wenn die Quelle der Einkünfte vor der Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses vom Privatvermögen in das gewerbliche Betriebsvermögen des Besitzunternehmens übergegangen ist.
Der Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses ist nicht nur für die Entstehung des Gewinnauszahlungsanspruches, sondern auch für die Beurteilung der Frage entscheidend, wem die Einnahmen aus dem Anspruch zuzurechnen sind. Dies zeigt die zum 1. Januar 1994 mit Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz --StandOG--) vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) eingeführte Regelung des § 20 Abs. 2 a EStG. Hiernach erzielt bei Beteiligungen Einkünfte aus Kapitalvermögen derjenige, dem die Anteile i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses nach § 39 AO 1977 zuzurechnen sind. Die Regelung des § 20 Abs. 2 a EStG gibt die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung in den BFH-Urteilen in BFHE 147, 44, BStBl II 1986, 794, und in BFHE 147, 27, BStBl II 1986, 815 vertretene Auffassung wieder und beinhaltet insoweit lediglich eine Klarstellung der auch schon vorher geltenden Rechtslage (so auch Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 20 Rz. 171; ders. in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V., Band 10, 123 ff.; Raupach/Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., Rn. 37; Bordewin in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 20 Anm. 85; E. Dötsch, a.a.O.).
Sind aber die Einnahmen demjenigen zuzurechnen, der im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses Anteilseigner ist, muß es auch für die Qualifizierung der Einkunftsart auf diesen Zeitpunkt ankommen.
Da im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger und der W-GmbH bereits begründet war, werden die dem Kläger zugeflossenen Gewinnausschüttungen in Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG umqualifiziert.
Ende der Entscheidung
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