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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: III R 55/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beantragte am 9. Oktober 2003 für seinen im Jahr 1982 geborenen Sohn Kindergeld u.a. für das Jahr 2003. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2003 lehnte die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) den Antrag ab, da der Sohn Einkünfte und Bezüge von mehr als 7 188 € im Kalenderjahr 2003 habe (§ 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- in der für das Jahr 2003 geltenden Fassung). Der Sohn des Klägers hatte im Jahr 2003 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 11 951 € bezogen. Die Werbungskosten setzte die Familienkasse mit einem Betrag von 3 546,40 € an. Sie berücksichtigte dabei Aufwendungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln am Arbeitsort in Höhe von 374,40 € sowie im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung Aufwendungen für 24 Familienheimfahrten in Höhe von insgesamt 1 152 € und für eine Unterkunft am Arbeitsort in Höhe von 2 030 €.

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger Aufwendungen des Sohnes für weitere 24 Familienheimfahrten geltend. Die Familienkasse wies den Einspruch zurück, da der Sohn auch unter Berücksichtigung von insgesamt 48 Familienheimfahrten den Jahresgrenzbetrag übersteigende Einkünfte in Höhe von 7 261,80 € im Jahr 2003 habe.

Im Klageverfahren machte der Kläger weitere Aufwendungen des Sohnes für die Anschaffung eines Computers, Fahrtkosten für den Besuch der Berufsschule, Verpflegungsmehraufwand und geschätzte Kosten für Bürobedarf in Höhe von insgesamt 472 € geltend. Nach Hinweis, dass die Aufwendungen für die Unterkunft zu Unrecht abgesetzt worden seien, erklärte der Kläger, sein Sohn sei zwei- bis dreimal in der Woche nach Hause gefahren. Es seien daher Aufwendungen für 94 Heimfahrten in Höhe von 4 474,40 € zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte im Wesentlichen aus, die Aufwendungen für die Unterkunft am Arbeitsort in Höhe von 2 030 € seien zu Unrecht als Werbungskosten angesetzt worden. Aufwendungen eines ledigen, auswärts untergebrachten Auszubildenden für seine Unterkunft gehörten nicht zum ausbildungsbedingten Mehrbedarf, da diese Aufwendungen typischerweise bereits mit dem Jahresgrenzbetrag abgegolten seien. Die nachträglich geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von insgesamt 472 € würden der Klage daher nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit der Kläger weitere 46 Familienheimfahrten geltend mache, ohne diese im Einzelnen nachzuweisen, entsprächen die Angaben nach Überzeugung des FG nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die nachgeschobenen Fahrtkosten würden daher nicht angesetzt. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260), wonach die Einkünfte des Kindes um die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge zu mindern seien, habe nicht mehr berücksichtigt werden können, da der Beschluss einen Tag nach Verkündung des Urteils bekannt geworden sei.

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

Er beantragt sinngemäß, das Urteil des FG, den ablehnenden Bescheid der Familienkasse sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, ihm Kindergeld für seinen Sohn für das Jahr 2003 zu zahlen.

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG hat zu Unrecht die Einkünfte des Sohnes nicht um dessen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung gemindert. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist verfassungskonform so auszulegen, dass nicht nur Bezüge, sondern auch Einkünfte des Kindes nur soweit bei der Ermittlung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten ist, berücksichtigt werden, als sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes sind nicht zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt, da sie von Gesetzes wegen dem Kind oder dessen Eltern nicht zur Verfügung stehen und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken (Beschluss des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260).

2. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --nach seiner Auffassung zu Recht-- die Höhe der vom Sohn des Klägers gezahlten Sozialversicherungsbeiträge nicht festgestellt. Auch hat es keine Feststellung getroffen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob und in welcher Höhe dem Sohn des Klägers abziehbare Aufwendungen für Familienheimfahrten entstanden sind. Dies gilt auch für die erst im Klageverfahren geltend gemachten Aufwendungen des Sohnes in Höhe von insgesamt 472 €.

Ende der Entscheidung

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