Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: III R 66/03
Rechtsgebiete: AO 1977, InvZulG 1991


Vorschriften:

AO 1977 § 233a
InvZulG 1991 § 7
Der Anspruch auf Investitionszulage ist nicht zu verzinsen.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte mit dem Investitionszulagenantrag vom 2. August 1993 die Festsetzung einer Investitionszulage in Höhe von 513 542 DM für das Wirtschaftsjahr 1991/1992. Mit Bescheid vom 2. Februar 1994 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Investitionszulage unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 373 352 DM fest und wies darauf hin, die endgültige Festsetzung bleibe einer Außenprüfung vorbehalten.

Nach Durchführung einer Außenprüfung setzte das FA die Investitionszulage mit Bescheid vom 18. Februar 1997 auf 513 542 DM fest. Dadurch erledigte sich der eingelegte Einspruch, dem in vollem Umfang entsprochen wurde.

Mit Schreiben vom 18. November 1997 machte die Klägerin geltend, der Mehrbetrag müsse nach dem Grundsatz der Vollverzinsung gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) verzinst werden und beantragte den Erlass eines Erstattungszinsbescheids. Mit Bescheid vom 3. Dezember 1997 lehnte das FA die Verzinsung ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, das Gesetz sehe eine Verzinsung des Investitionszulagenanspruchs nicht vor. § 233a AO 1977 sei nicht entsprechend anwendbar. Das Urteil ist in juris veröffentlicht.

Mit der Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Nach § 7 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991 seien die für Steuererstattungen und Steuervergütungen geltenden Vorschriften auf Investitionszulagen entsprechend anzuwenden. Damit werde in § 7 Abs. 1 InvZulG 1991 auf § 233a AO 1977 verwiesen. Der Gesetzgeber hätte, wenn er die Verzinsung des Investitionszulagenanspruchs nicht gewollt hätte, dies durch eine ausdrückliche Regelung sicherstellen können. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. April 1985 III R 24/82 (BFHE 143, 408, BStBl II 1985, 546) sei § 236 AO 1977 für Prozesszinsen über § 5 Abs. 5 InvZulG i.d.F. vom 3. Mai 1977 entsprechend auf Investitionszulagen anwendbar. Demgemäß müsse auch § 233a AO 1977 entsprechend angewandt werden. Durch die Vollverzinsung sollten Zinsvorteile des Steuerpflichtigen und Zinsnachteile auf Seiten des Steuergläubigers ausgeglichen werden. Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Steuererstattungsanspruch und Investitionszulagenanspruch seien nicht erkennbar. Die Nichtverzinsung des Investitionszulagenanspruchs verletze auch den Gleichheitsgrundsatz. Bei der Verzinsung ihrer wechselseitigen Ansprüche dürften Fiskus und Steuerpflichtiger nicht unterschiedlich behandelt werden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und den Ablehnungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, für den Mehrbetrag der Investitionszulage in Höhe von 140 190 DM Zinsen festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Anspruch auf Investitionszulage nicht zu verzinsen ist.

1. Die von der Klägerin beanspruchte Verzinsung ihres Anspruchs auf Gewährung einer Investitionszulage nach dem InvZulG 1991 ergibt sich nicht aus einer unmittelbaren Anwendung des § 233a AO 1977. Der unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich auf die Verzinsung der Ansprüche betreffend die in Abs. 1 aufgeführten Steuern.

2. Die entsprechende Anwendung des § 233a AO 1977 folgt auch nicht aus der Verweisung in § 7 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1991 auf die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO 1977. Denn der Regelungsbereich des § 233a AO 1977 bezieht sich nicht auf Steuervergütungen. Die Vorschrift betrifft neben der Verzinsung von Nachforderungen lediglich die Verzinsung von Erstattungen, die das FA leisten muss, wenn die festgesetzte Steuer niedriger ist als die anzurechnenden Beträge (Abs. 3) oder als die vorher festgesetzte Steuer (Abs. 5), sodass sich ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt. Steuervergütungen werden nicht nach § 233a verzinst (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 233a AO 1977 Rz. 21).

3. Die entsprechende Anwendung des § 233a AO 1977 kann auch nicht damit begründet werden, aus der Regelung ergebe sich der allgemeine Rechtsgedanke, Ansprüche aus dem abgabenrechtlichen Verhältnis zwischen dem Bürger und dem FA seien stets zu verzinsen, um mögliche Zinsvorteile des Bürgers und Zinsnachteile des FA auszugleichen. Wie der BFH in dem Urteil vom 17. Februar 1987 VII R 21/84 (BFHE 149, 15, BStBl II 1987, 368) unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 1977 1 BvR 571/76 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Investitionszulagengesetz 1969, § 1, Rechtsspruch 10) und auf das Urteil des BFH vom 31. Oktober 1974 IV R 160/69 (BFHE 114, 397, BStBl II 1975, 370) ausgeführt hat, besteht kein allgemeiner Rechtsgrundsatz auf (angemessene) Verzinsung rückständiger Leistungen des Staates. Deshalb kann aus der in § 233a AO 1977 für einige wichtige Steuern getroffenen Vorschrift über die Vollverzinsung auch nicht hergeleitet werden, das InvZulG 1991 bzw. die AO 1977 enthalte eine Regelungslücke, die im Wege einer Rechtsanalogie zu § 233a AO 1977 zu schließen wäre.

Der Hinweis der Klägerin auf den Gleichheitsgrundsatz ist daher unbegründet. Zum einen bestehen wesensmäßige Unterschiede zwischen der Investitionszulage als einer Subvention und den von § 233a AO 1977 erfassten Steuern. Zum anderen geht es bei einer Erhöhung der zunächst festgesetzten Investitionszulage um die Auszahlung eines Betrags durch das FA an den Anspruchsberechtigten und nicht um die Erstattung eines zuvor vom Anspruchsberechtigten an das FA geleisteten Betrags. Da der von der Klägerin angeführte allgemeine Rechtsgrundsatz --wie erwähnt-- nicht anzuerkennen ist, ist der Gesetzgeber in seiner Regelungsbefugnis insoweit nicht durch Gleichheitsgesichtspunkte eingeschränkt. Er konnte daher auch in § 8 InvZulG 1991 die Verzinsung lediglich für den Rückforderungsanspruch vorsehen.

Ende der Entscheidung

Zurück