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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 24.06.2004
Aktenzeichen: III R 69/03
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 1
EigZulG § 9 Abs. 2 Satz 3
1. Objekte, die sich im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befinden, sind für die Eigenheimzulagenförderung den Gesellschaftern nach den für Bruchteilseigentum geltenden Regeln anteilig zuzurechnen, so dass die Gesellschafter, soweit es sich um natürliche Personen handelt, die Eigenheimzulage nach den für Miteigentümer geltenden Regeln beanspruchen können.

2. Sind mehrere Anspruchsberechtigte Miteigentümer einer Wohnung, steht einem Miteigentümer der Fördergrundbetrag nur anteilig zu, unabhängig davon, ob die anderen Miteigentümer die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Eigenheimzulage erfüllen. Dagegen hat er Anspruch auf den ungekürzten Fördergrundbetrag, wenn die anderen Miteigentümer nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und deshalb keine Anspruchsberechtigten i.S. des § 1 EigZulG sind.


Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 3. Mai 2000 zusammen mit seiner Schwester "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Kaufvertrages) ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Hausgrundstück. Die Anschaffungskosten betrugen 539 493,51 DM.

Der Kläger bewohnt die Doppelhaushälfte zusammen mit seiner Ehefrau und seinen zwei minderjährigen Kindern. Seine Schwester lebt im Ausland und hält sich nur zu Besuchszwecken beim Kläger auf.

Mit seinem Antrag auf Eigenheimzulage begehrte der Kläger ab dem Jahre 2000 einen Fördergrundbetrag in Höhe von 5 000 DM sowie eine Kinderzulage in Höhe von 3 000 DM (zusammen 8 000 DM jährlich).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gewährte lediglich einen Fördergrundbetrag entsprechend der hälftigen Beteiligung des Klägers in Höhe von 2 500 DM zuzüglich 3 000 DM Kinderzulage (insgesamt 5 500 DM). Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 320 veröffentlichten Urteil statt. Es führte im Wesentlichen aus: Obwohl die Beteiligten an einer Gesamthandsgemeinschaft wie Miteigentümer zu behandeln seien, stehe dem Kläger der Fördergrundbetrag in voller Höhe zu. Denn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) sei der Fördergrundbetrag bei Miteigentum nur zu kürzen, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung seien. Anspruchsberechtigte seien nach der Legaldefinition in § 1 EigZulG nur unbeschränkt Steuerpflichtige i.S. des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Schwester des Klägers sei jedoch, da sie im Ausland lebe, nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG dem Kläger den Fördergrundbetrag mit dem Höchstbetrag von 5 000 DM und nicht nur anteilig entsprechend seiner Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gewährt.

1. Nach § 1 EigZulG haben unbeschränkt Steuerpflichtige i.S. des EStG --unter den weiteren Voraussetzungen des EigZulG-- Anspruch auf eine Eigenheimzulage. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EigZulG in der für den Streitfall anzuwendenden Fassung beträgt der Fördergrundbetrag jährlich 5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 5 000 DM. Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann der Anspruchsberechtigte den Fördergrundbetrag (nur) entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG).

a) Nach zutreffender Entscheidung des FG hat Anspruch auf Eigenheimzulage nicht die GbR, zu deren Gesamthandseigentum der Kläger und seine Schwester das Hausgrundstück erworben haben, sondern der Kläger. Denn anspruchsberechtigt sind nach § 1 EigZulG nur natürliche Personen ("unbeschränkt Steuerpflichtige i.S. des Einkommensteuergesetzes"). Objekte, die sich im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befinden, sind nach § 15 EigZulG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) den Gesellschaftern nach den für Bruchteilseigentum geltenden Regeln anteilig zuzurechnen, sodass die Gesellschafter, soweit es sich um natürliche Personen handelt, die Eigenheimzulage nach den für Miteigentümer geltenden Regeln beanspruchen können (Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz. 7; Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., S. 615; Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 1 Rz. 4, § 2 Rz. 51, 75).

b) Der Senat teilt auch die Rechtsauffassung des FG, dass dem Kläger der Fördergrundbetrag nicht nur anteilig, sondern in voller Höhe zusteht.

Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG ist der Fördergrundbetrag nur dann entsprechend den Miteigentumsanteilen aufzuteilen, wenn eine Wohnung im Eigentum mehrerer "Anspruchsberechtigter" steht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Begriff des Anspruchsberechtigten durch § 1 EigZulG gesetzlich definiert als unbeschränkt Steuerpflichtiger i.S. des EStG (Urteile vom 4. April 2000 IX R 25/98, BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652, und vom 5. Juni 2003 III R 47/01, BFHE 202, 327, BStBl II 2003, 744). Da die Schwester des Klägers im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat und ferner die Ausnahmen gemäß § 1 Abs. 2, 3 EStG nicht vorliegen, ist sie nicht unbeschränkt steuerpflichtig und damit nicht Anspruchsberechtigte i.S. von § 1 EigZulG.

c) Der Wortlaut der Regelungen in §§ 1, 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG ist eindeutig. Der Fördergrundbetrag ist danach nur dann entsprechend den Miteigentumsanteilen zu quoteln, wenn es sich bei den Miteigentümern um Anspruchsberechtigte handelt, also um unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige, die dem Grunde nach Anspruch auf eine Eigenheimzulage haben, auch wenn sie die Eigenheimzulage nicht in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können, weil die weiteren Voraussetzungen des EigZulG nicht erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652). Haben die Mitberechtigten dagegen mangels unbeschränkter Einkommensteuerpflicht keinen Anspruch auf Eigenheimzulage, ist nach dem Gesetzeswortlaut der Fördergrundbetrag nicht zu kürzen.

d) Wie das FG zu Recht entschieden hat, sind keine Gründe ersichtlich, die eine vom Wortlaut abweichende Auslegung gebieten.

aa) Aus der Entstehungsgeschichte lässt sich nicht herleiten, dass die Gewährung des vollen Fördergrundbetrags bei Miteigentum, wenn die anderen Miteigentümer nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, auf einem gesetzgeberischen Versehen beruht.

Das EigZulG lehnt sich grundsätzlich an den Tatbestand des § 10e EStG an (BTDrucks 13/2235, S. 14). Da das Wohnungseigentum aber nicht mehr durch den Abzug bestimmter Beträge "wie Sonderausgaben", sondern durch eine von der Steuerprogression unabhängige Zulage gefördert wird, wurde der Begriff des Steuerpflichtigen durch den Begriff des Anspruchsberechtigten ersetzt, der in § 1 EigZulG als unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger definiert ist und damit enger als der Begriff des Steuerpflichtigen ist, der auch beschränkt Steuerpflichtige umfasst. Insofern ist die Förderung des Wohnungseigentums eingeschränkt worden, weil § 50 EStG bei beschränkt Steuerpflichtigen die Anwendung des § 10e EStG nicht ausschließt. Allerdings wird aufgrund der erforderlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in der Regel ein Wohnsitz und damit unbeschränkte Steuerpflicht anzunehmen sein.

Nach § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG konnte der Steuerpflichtige "bei einem Anteil an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung" nur den entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG wie Sonderausgaben abziehen. Anteiliges Eigentum berechtigte daher immer nur zur Inanspruchnahme des anteiligen Abzugsbetrags, unabhängig davon, ob die Miteigentümer die Abzugsbeträge in Anspruch nahmen oder in Anspruch nehmen konnten oder ob sie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren.

In § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG wurde die Einschränkung der Förderung bei Miteigentum anders als in § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG formuliert. Es heißt nicht mehr "bei einem Anteil an einer Wohnung ...", sondern "sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung ...". In der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 13/2235, S. 16) wird hierzu ausgeführt, "Miteigentümer einer Wohnung können entsprechend der zu § 10e EStG geltenden Rechtslage den Fördergrundbetrag im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile in Anspruch nehmen". Diese Aussage trifft für die Mehrzahl der Miteigentumsfälle auch zu. Da der Gesetzgeber aber die bisherige Formulierung des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG nicht übernommen hat, ist davon auszugehen, dass die Eigenheimzulage anders als die Abzugsbeträge nach § 10e EStG dem anspruchsberechtigten Miteigentümer ungekürzt zustehen sollte, wenn die anderen Miteigentümer nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind.

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine Vorschrift nur dann gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (Senatsurteil vom 3. Februar 2000 III R 30/98, BFHE 190, 569, BStBl II 2000, 438, unter II. 2., m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.

Sinn und Zweck der Quotelung ist es sicherzustellen, dass die Eigenheimförderung wohnungsbezogen und der Fördergrundbetrag bei Herstellung oder Anschaffung eines Förderobjekts in der Regel nur einmal gewährt wird (Senatsurteil in BFHE 202, 327, BStBl II 2003, 744, m.w.N.). Die Gewährung des Fördergrundbetrags für den Anspruchsberechtigten in voller Höhe bei Mitbeteiligung eines nicht Anspruchsberechtigten steht nicht in Widerspruch zu diesem Zweck. Es kommt bei dieser Gestaltung im Regelfall nicht zu einer Vervielfältigung des Fördergrundbetrags. Denn solange der Miteigentümer nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, wird für das Objekt nur einmal Eigenheimzulage gewährt. Wird der Miteigentümer unbeschränkt steuerpflichtig und damit Anspruchsberechtigter und nutzt er seinen Anteil zu eigenen Wohnzwecken oder überlässt er ihn unentgeltlich einem Angehörigen, ggf. dem anderen Miteigentümer, steht den Miteigentümern jeweils nur der anteilige Fördergrundbetrag zu. Es wird sonach nur einmal die volle Eigenheimzulage für das Objekt gewährt.



Ende der Entscheidung

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