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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: III R 81/06
Rechtsgebiete: InvZulG 1996


Vorschriften:

InvZulG 1996 § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
Eine handwerklich hergestellte und gewartete Antennenanlage, deren Signale entgeltlich an Kunden übertragen werden, dient nicht der Erbringung handwerklicher Leistungen. Die Gewährung der erhöhten Investitionszulage für Wirtschaftsgüter, die dem in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerk dienen, ist daher ausgeschlossen.
Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist seit 1990 mit dem Gewerk "Elektroinstallateur, beschränkt auf Antennenbau" in die Handwerksrolle eingetragen. Sein Unternehmen errichtet Satellitenempfangsanlagen (sog. Betriebsteil Antennenbau) und überlässt die Rundfunk- und Fernsehsignale der Anlagen gegen Entgelt (sog. Betriebsteil Vermietung und Verpachtung). Die Anlagen bestehen aus Kopfstellen, die über Kabel mit Anschlusskästen im öffentlichen Verkehrsraum oder in Häusern verbunden sind, welche bei Hausanschlüssen wiederum durch ein Hausverteilernetz bis zu den Anschlussdosen der jeweiligen Privatwohnungen reichen.

Im ersten Kalenderhalbjahr 1994 begann der Kläger mit der Herstellung von Satellitenempfangsanlagen, die er zur Einkunftserzielung im "Vermietungsbereich" einsetzte. Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Investitionszulage auf Teilherstellungskosten dieser Anlagen in Höhe von 1 000 000 DM (Pos. 9-12 des Antrags auf Investitionszulage) zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 20 v.H. festgesetzt hatte, kürzte er sie nach einer Außenprüfung auf 8 v.H. und wies den dagegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1469). Es führte aus, der Kläger habe Anspruch auf die erhöhte Investitionszulage, weil seine beiden Betriebsteile --Errichtung von Satellitenempfangsanlagen und deren Vermietung-- zu dem eingetragenen Handwerk Elektroinstallateur gehörten. Nach § 45 der Handwerksordnung (HWO) i.V.m. der Verordnung über das Berufsbild und die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Elektroinstallateur-Handwerk vom 15. April 1975 (BGBl I 1975, 949) werde das Berufsbild des Elektroinstallateurs (inzwischen Elektrotechnikers) durch Planung, Berechnung, Bau, Errichtung, Prüfung, Inbetriebnahme, Wartung und Instandsetzung u.a. von Antennenanlagen charakterisiert. Von diesen Tätigkeiten ließen sich die ersten vier direkt dem Betriebsteil Antennenbau zuordnen. Die anderen vier würden zwar möglicherweise auch für die Errichtung, vor allem aber für den Betrieb einer fertigen Anlage benötigt. Damit umfasse der Kernbereich des Elektroinstallateur-Handwerks zumindest einen Teil der Tätigkeiten des Klägers, die er in seinem Betriebsteil Vermietung und Verpachtung ausübe. Die Erbringung von Dienstleistungen schließe die Einordnung als Handwerksbetrieb nicht aus, solange die wesentlichen Tätigkeiten dem Handwerk zuzuordnen seien. Dies sei aus der Auskunft der Handwerkskammer zu folgern, wonach eine fertig errichtete Anlage ständig überprüft werden müsse und ihr reibungsloser Betrieb infolge der Veränderung von Programmanbietern, Frequenzen und Kanälen und der verwendeten Technologien laufend technische Anpassungen, Erweiterungen und Aufrüstungen benötige, die handwerkliche Kenntnisse voraussetzten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Auskunft der Handwerkskammer zum Radio- und Fernsehtechnikerhandwerk ergangen, der Kläger aber Elektroinstallateur sei. Der Bedarf an handwerklichem "know-how" werde von der betreffenden Anlage und nicht vom Berufsbild des jeweiligen Handwerks bestimmt. Dieser Bedarf unterscheide den Streitfall auch vom Heizungs- und Lüftungsbauerhandwerk, bei dem die Errichtung von Heizstationen noch zum Handwerksbetrieb gehöre, ihr Betrieb hingegen nicht mehr (Senatsurteil vom 6. August 1998 III R 28/97, BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144). Heizstationen erforderten lediglich eine regelmäßige Wartung und Instandhaltung, der Betrieb einer Satellitenempfangsanlage dagegen auch eine ständige Überwachung und Anpassung. Wegen dieser Intensität handwerklicher Tätigkeit gehörten zumindest die wesentlichen Tätigkeiten beim Betrieb der Satellitenempfangsanlagen noch zum Handwerk. Dieser handwerkliche Charakter überwiege den kaufmännischen Bereich, insbesondere den Abschluss und die Abwicklung der jeweiligen Verträge. Auch der Bereich Vermietung und Verpachtung werde handwerksmäßig betrieben. Die HWO tendiere infolge moderner Anforderungen ganz allgemein und insbesondere im Bereich der Elektronik dahin, auch die nicht mehr so leicht wie ein Brötchen oder einen Schuh fassbaren Arbeitsergebnisse dem Handwerk zuzuordnen. Außerdem fasse sie einzelne spezialisierte Gewerke, wie die des Radio- und Fernsehtechnikers und Büroinformationselektronikers zum Gewerk des Informationstechnikers oder die des Elektroinstallateurs und -mechanikers u.a. zum Gewerk des Elektrotechnikers zusammen und verbreitere damit Berufsbild und Tätigkeitsfelder.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Satz 1 Nr. 3 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entgegen der Auffassung des FG kann der Kläger nur die Grundzulage beanspruchen.

a) Nach § 2 des grundsätzlich für alle nach dem 31. Dezember 1990 abgeschlossenen Investitionen geltenden InvZulG 1996 (vgl. § 11 Abs. 1 InvZulG 1996) sind die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens begünstigt. Die Zulage bemisst sich nach der Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen Investitionen. Im Wirtschaftsjahr entstandene Teilherstellungskosten können in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden (§ 4 Sätze 1 und 2 InvZulG 1996).

Für nicht nach § 3 Satz 3 InvZulG 1996 ausgeschlossene Investitionen, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Juli 1994 begonnen, sowie vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen hat, beträgt die Investitionszulage 8 v.H. (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1996). Sie erhöht sich auf 20 v.H. für Investitionen in Wirtschaftsgüter, die mindestens drei Jahre zum Anlagevermögen eines Betriebes gehören, der in die Handwerksrolle eingetragen ist, und in einem solchen Betrieb verbleiben (§ 5 Abs. 2 InvZulG 1996).

b) Die erhöhte Investitionszulage steht einem in die Handwerksrolle eingetragenen Anspruchsberechtigten nur für solche Wirtschaftsgüter zu, die ab Vornahme der Investition ausschließlich oder nahezu ausschließlich dem in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerk dienen (Senatsurteil vom 10. Mai 2001 III R 68/97, BFH/NV 2001, 1453, m.w.N.); die Verwendung in dem nicht begünstigten Bereich darf 10 v.H. nicht überschreiten (Senatsurteile vom 17. November 1998 III R 43/96, BFHE 188, 169, BStBl II 1999, 837; vom 19. Oktober 2006 III R 28/04, BFH/NV 2007, 1185). Wird in einem einheitlichen Betrieb neben dem eingetragenen Handwerk eine nichthandwerkliche Tätigkeit ausgeübt (sog. Mischbetrieb), so gehören nur diejenigen Wirtschaftsgüter zu dem in die Handwerksrolle eingetragenen Betrieb (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 1996), die dem handwerklichen Bereich zugeordnet werden können und dem eingetragenen Gewerk ausschließlich oder nahezu ausschließlich dienen (Senatsurteile in BFHE 188, 169, BStBl II 1999, 837; vom 7. September 2000 III R 57/97, BFHE 193, 187, BStBl II 2001, 40, und in BFH/NV 2007, 1185).

c) Das FG hat zutreffend angenommen, dass die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum handwerklichen Bereich sich insbesondere an den handwerklichen Berufsbildern zu orientieren hat, wie sie in den Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 45 HWO umschrieben sind (Senatsbeschluss vom 31. Mai 2005 III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632). Ihm ist aber nicht zu folgen, soweit es die Satellitenempfangsanlagen dem handwerklichen Bereich zugeordnet hat, weil Planung, Berechnung, Bau, Errichtung, Prüfung, Inbetriebnahme, Wartung und Instandsetzung von Antennenanlagen zum Berufsbild des Elektroinstallateurs bzw. Elektrotechnikers gehören.

Der Kläger nutzt die Empfangsanlagen für die Übertragung von Rundfunksignalen an seine Kunden --vom FG als "Vermietung und Verpachtung" bezeichnet--; dies liegt außerhalb des handwerklichen Berufsbildes. Denn die Antennenanlagen dienen nicht der Erbringung handwerklicher Leistungen, sondern sind --infolge Planung, Bau, Errichtung usw.-- deren Erzeugnis oder --für Wartung und Instandsetzung-- ihr Gegenstand. Weder die handwerkliche Herstellung eines Wirtschaftsgutes noch die Notwendigkeit seiner ständigen handwerklichen Überwachung oder Wartung reicht aus, um es als dem Handwerk dienend anzusehen. Durch die erhöhte Investitionszulage sollen vornehmlich die zur Ausübung des Handwerks erforderlichen Sachmittel wie z.B. Werkzeuge, Maschinen und Betriebsausstattung besonders gefördert werden, nicht aber vom Handwerker hergestellte Produkte oder von ihm gewartete Anlagen. Der streitgegenständliche Sachverhalt unterscheidet sich insoweit nicht von Fällen, in denen eine Anlage von einem nicht handwerklichen Betrieb selbst betrieben wird (vgl. das Senatsurteil in BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144, betr. Heizstation und den Senatsbeschluss vom 4. August 2005 III B 48/04, BFH/NV 2005, 2057, betr. Errichtung und mietweise Überlassung einer Telefonanlage durch einen Handwerker).

Ende der Entscheidung

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