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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.08.2005
Aktenzeichen: III S 23/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
FGO § 133a
FGO § 133a Abs. 1
FGO § 133a Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Mit Beschluss vom ... hat der Senat den Antrag der Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine bereits eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt.

In diesem Beschluss führte der Senat u.a. aus, die --mit Hilfe eines fachkundigen Bevollmächtigten vorgebrachten-- Darlegungen der Antragstellerin zu den geltend gemachten Zulassungsgründen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprächen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Antragstellerin habe keine im Revisionsverfahren klärbare Rechtsfrage dargelegt.

Die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage, ob der rechtswidrige Entzug eines Kindes durch die öffentliche Gewalt einer widerrechtlichen Kindesentziehung durch einen Elternteil gleichzustellen sei, sei nicht entscheidungserheblich. Aus den den Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanz i.S. von § 118 Abs. 2 FGO ergebe sich schon nicht der rechtswidrige Kindesentzug durch öffentliche Gewalt. Unabhängig davon könnte der Entzug eines Kindes durch öffentliche Gewalt einer Kindesentführung durch einen Elternteil nicht gleichgestellt werden (vgl. hierzu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Mai 1999 VI B 22/99, BFHE 188, 403, BFH/NV 1999, 1425).

Gegen den Beschluss des Senats wendet sich die Antragstellerin mit einer Anhörungsrüge (§ 133a FGO). Sie führt im Wesentlichen aus, der Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil eine Begründung des Beschlusses fehle. Es sei nicht erkennbar, weshalb der Entzug eines Kindes durch öffentliche Gewalt einer Kindesentführung durch einen Elternteil nicht gleichgestellt werden könnte. Dies genüge nicht den Begründungserfordernissen des Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Ferner sei in dem Beschluss ausgeführt worden, die Antragstellerin habe sich nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des BFH sowie mit der Literaturmeinung auseinander gesetzt. Diese Erwägung verstoße gegen Denkgesetze, da es nach dem Vortrag der Antragstellerin keine Rechtsprechung des BFH zu dieser Rechtsfrage gebe, mit der sie sich hätte auseinander setzen können. Schließlich habe der Senat gegen seine Erwägungspflicht und durch die Versagung der PKH zugleich gegen den Grundsatz auf Gewährung eines fairen Verfahrens verstoßen.

II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet.

Nach dem zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 133a Abs. 1 FGO (Art. 10 Nr. 2 des Anhörungsrügengesetzes --AnhRüG-- vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3220, BStBl I 2005, 370) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

1. Die Rüge der Antragstellerin ist statthaft. Sie richtet sich gegen einen PKH-Beschluss des BFH, gegen den ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Auch Beschlüsse fallen unter den Begriff der gerichtlichen Entscheidung i.S. des § 133a Abs. 1 FGO (BFH-Beschluss vom 17. Juni 2005 VI S 3/05, BFH/NV 2005, 1458, m.w.N.).

Der Senat lässt offen, ob im Streitfall die in § 133a Abs. 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen ordnungsgemäß "dargelegt" worden sind (vgl. hierzu Dürr in Schwarz, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, § 133a Rz. 20, 21, m.w.N.).

2. Die Rüge der Antragstellerin ist jedenfalls unbegründet.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133a Abs. 1 FGO kann mit dem (außerordentlichen) Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nur vorgebracht werden, das Gericht --im Streitfall der beschließende Senat-- habe im Rahmen der angegriffenen Entscheidung gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. § 133a FGO beschränkt die Möglichkeit einer Selbstkorrektur der gerichtlichen Entscheidung durch den "judex a quo" ausdrücklich auf diesen Verfahrensverstoß (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1458, m.w.N.).

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. August 2004 1 BvR 1557/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 81).

Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte für eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch den Senat vor. Der Senat hat in seinem PKH-Beschluss die Erfolgsaussichten der Antragstellerin für die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde geprüft und sie verneint. Der Senat hat dabei das Vorbringen der Antragstellerin im bezeichneten PKH-Verfahren zur Kenntnis genommen und auch in Erwägung gezogen.

Soweit die Antragstellerin rügt, der Senat habe den Beschluss nicht hinreichend begründet, hat die Rüge gleichfalls keinen Erfolg. In dem Beschluss hat der Senat ausdrücklich hervorgehoben, die Frage, ob ein rechtswidriger Kindesentzug durch öffentliche Gewalt einer Kindesentführung gleichzustellen sei, sei im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die vom Senat zu dieser Frage darüber hinaus vertretene Rechtsmeinung war mithin lediglich ein "obiter dictum", das deshalb auch keiner weiteren Begründung bedurfte.

Ferner ist der Vortrag, der Senat habe in dem Beschluss das Fehlen der Auseinandersetzung mit einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und Literaturmeinungen beanstandet und daher die ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO abgelehnt, schon der Sache nach unzutreffend. Insofern mangelte es ausweislich der Begründung des Beschlusses bereits an der gebotenen ordnungsgemäßen Darlegung einer klärbaren Rechtsfrage, so dass es auf eine etwaige Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung und Literatur nicht mehr ankam.

Ende der Entscheidung

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