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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: III S 27/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 126a
FGO § 133a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Rügeführerin (Klägerin) war getrennt veranlagt worden. Ihre auf Zusammenveranlagung mit dem verstorbenen Ehemann gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Die Revision wies der Senat gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch einstimmigen Beschluss vom 21. Juni 2007 III R 59/06 als unbegründet zurück. Seine Rechtsauffassung war den Beteiligten zuvor zur Stellungnahme mitgeteilt worden.

Mit der dagegen gerichteten Anhörungsrüge trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise durch offensichtliche Nichtberücksichtigung ihres Vortrages sowie durch die Wahl der Entscheidungsform verletzt. Der Senatsbeschluss lasse nicht erkennen, aus welchen Gründen die in der Literatur vertretene Auffassung abgelehnt werde, dass das Veranlagungswahlrecht vom überlebenden Ehegatten und nicht vom Erben auszuüben sei. Auch gehe der Beschluss von einem Interessengegensatz zwischen dem unbekannten Erben und ihr, der Klägerin, aus. Damit habe der Senat ihren wiederholten Vortrag unbeachtet gelassen, dass jeder Erbe nur das Interesse haben könne, die überschuldete Erbschaft auszuschlagen.

Da der Senat sich mit ihrem Vortrag nicht auseinandergesetzt habe, wäre eine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen, in der sich das Gericht der Kenntnisnahme ihrer Argumente nicht hätte entziehen können. Rechtliches Gehör sei auch hinsichtlich ihres Vortrages versagt worden, dass im Streitfall wegen einer Überraschungsentscheidung der Große Senat gesetzlicher Richter sei.

II. Die Anhörungsrüge wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 FGO).

1. Das gerichtliche Verfahren ist gemäß § 133a FGO fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundesverfassungsgericht --BVerfG--, Beschluss vom 4. August 2004 1 BvR 1557/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 81; Senatsbeschluss vom 31. Januar 2007 III S 33/06, BFH/NV 2007, 953). Namentlich bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen verpflichtet Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes die Gerichte dagegen nicht, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen (BVerfG-Beschluss vom 5. Dezember 1995 1 BvR 1463/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153).

Der Senat hat das gesamte Vorbringen der Klägerin zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen.

a) Zur Frage, ob das Veranlagungswahlrecht dem Erben des verstorbenen Ehegatten oder dem überlebenden Ehegatten zusteht, bezieht sich der Beschluss nicht nur auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und zustimmende Kommentarliteratur, sondern auch auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Mai 2007 IX ZR 8/06 (Deutsches Steuerrecht 2007, 1411) sowie die Erwägung, dass das Wahlrecht dem Erben nicht vorenthalten werden darf, weil er mit den steuerlichen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten des Erblassers belastet ist und die vermögensrechtlichen Folgen der Wahlrechtsausübung trägt.

b) Der Senat hat auch den Vortrag der Klägerin zur Interessenlage eines möglichen Erben bedacht, aber eine nähere Begründung seiner Auffassung, dass dieser den Erstattungsanspruch offensichtlich nicht der Klägerin überlassen würde, angesichts der eindeutigen Zivilrechtslage nicht für erforderlich gehalten. Im Falle der Annahme der Erbschaft würde jeder Erbe seine Haftung auf den Nachlass beschränken wollen, dazu müsste eine Nachlasspflegschaft angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet werden (§ 1975 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Auch wenn sich kein Verwandter zur Annahme der Erbschaft bereit fände, könnte auf Antrag eines Nachlassgläubigers eine Pflegschaft angeordnet werden (§ 1961 BGB); der Fiskus, auf dessen mögliche Erbschaft der Beschluss hingewiesen hat, ist zudem zur Ausschlagung nicht berechtigt (§ 1942 Abs. 2 BGB). Der Erstattungsanspruch wäre in jedem dieser Fälle zur teilweisen Tilgung der Nachlassschulden heranzuziehen.

c) Ausführungen zum Vortrag der Klägerin, wegen einer beabsichtigten Überraschungsentscheidung sei die mündliche Verhandlung erforderlich und der Große Senat gesetzlicher Richter des Streitfalles, sind unterblieben, weil der Senat sie für abwegig hielt.

Ende der Entscheidung

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