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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.07.2000
Aktenzeichen: IV B 102/99
Rechtsgebiete: FGO, EStG, AO 1977, BFHEntlG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 115 | |
EStG § 13a Abs. 8 a.F | |
EStG § 13a Abs. 8 a.F. | |
AO 1977 § 162 Abs. 1 | |
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6 |
Gründe
Auf die Darstellung des Tatbestands wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs verzichtet.
Die Beschwerde ist zum Teil unzulässig, im Übrigen aber unbegründet.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben sich zur Begründung ihrer Beschwerde "auf die Bestimmungen des § 115 (2), alle drei Alternativen, FGO" berufen. Gegenüber der Vorentscheidung greift jedoch keiner der drei Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch.
1. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet, als sich die Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage berufen haben (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ob Gemüsebau stets unter die gärtnerische Nutzung einzuordnen sei. Diese Frage ist nicht klärungsfähig, da das Finanzgericht (FG) entgegen der Auffassung der Kläger eine solche Behauptung nicht aufgestellt hat. Die Vorentscheidung unterscheidet im Gegenteil sehr wohl zwischen landwirtschaftlicher und gärtnerischer Nutzung in Bezug auf den Gemüsebau. Das FG hat dem Kläger vorgehalten, es fehlten konkrete Angaben dazu, welche Sorten Grobgemüse "als Hauptkultur in welchem Umfang, in welcher Fruchtfolge oder abweichenden Bewirtschaftungsweise und Vermarktung" tatsächlich in den Streitjahren angebaut worden seien; der Kläger genüge seiner Mitwirkungspflicht nicht damit, eine Gemüsebaunutzung von etwa 3 ha einzuräumen, zugleich aber einfach zu behaupten, 2 ha davon seien der landwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen (S. 21 des FG-Urteils).
2. Die Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist bereits unzulässig. Die Kläger haben zwar die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82 (BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226) und vom 17. März 1994 VI R 120/92 (BFHE 174, 89, BStBl II 1994, 536) als mögliche Divergenzentscheidungen genannt, aber weder abstrakte Rechtssätze aus diesen Entscheidungen noch solche Rechtssätze aus der FG-Entscheidung bezeichnet, die einander gegenüberzustellen wären. Eine solche Darlegung des Abweichens in einer konkreten Rechtsfrage wird aber in ständiger Rechtsprechung gefordert und aus dem Formerfordernis der Beschwerdebegründung abgeleitet (aus jüngerer Zeit Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1998 IV B 90/97, BFH/NV 1999, 799; s. auch Beschluss vom 9. Juni 1988 IV B 135/87, BFH/NV 1989, 700, m.w.N.).
3. Die Kläger können auch mit ihren Verfahrensrügen nicht durchdringen.
a) Die Verfahrensrüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch Erlass einer Überraschungsentscheidung ist jedenfalls unbegründet. Die Kläger tragen insoweit vor, ohne Hinweis in der mündlichen Verhandlung habe das Gericht in seiner Entscheidung "erstmals und neu die Behauptung" aufgestellt, der Gemüsebau sei stets als gärtnerische Nutzung zu qualifizieren. Dieser Vortrag ist unzutreffend. Wie bereits zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ausgeführt (zu 1.), unterscheidet das FG sehr wohl zwischen gärtnerischer und landwirtschaftlicher Nutzung durch Gemüsebau. Es hat zwar Bedenken angedeutet, ob eine solche Abgrenzung "tragfähig" sei, seine Zweifel aber ausdrücklich unentschieden gelassen, weil es im Streitfall davon ausging, dass der Kläger auf 2 ha gärtnerischen Gemüsebau betrieben habe.
b) Die übrigen Verfahrensrügen der Verletzung der Sachaufklärungspflicht wegen Nichterhebung angebotener Beweise durch Vernehmung des Prozessbevollmächtigten als Zeugen, Einholung eines Sachverständigengutachtens und "Zuziehung diverser Akten" sind von den Klägern nicht formgerecht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise schlüssig dargelegt. Eine schlüssige Rüge erfordert hier, dass die Tatsachen, die den Mangel ergeben, im Einzelnen angeführt werden und dargelegt wird, weshalb die Entscheidung des FG auf dem Mangel beruhen kann (Senatsbeschluss vom 13. September 1991 IV B 105/90, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148). Wird gerügt, das Gericht habe seine Sachaufklärungspflicht durch Übergehen eines Beweisantrags verletzt, ist in der Beschwerde u.a. auch darzulegen, dass nicht auf die Geltendmachung des Verfahrensmangels verzichtet worden ist. Denn das Übergehen eines Beweisantrags stellt einen verzichtbaren Verfahrensmangel dar (BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372, m.w.N.). Wenn der Beschwerdeführer im Klageverfahren --wie hier-- sachkundig vertreten war, sind daher mit der Beschwerde Ausführungen dazu zu machen, dass entweder die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder aber dass und warum die Rüge nicht rechtzeitig erhoben werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 120 Rz. 40, m.w.N.).
Insoweit fehlt es im Streitfall nicht nur an einer Darlegung der ermittlungsbedürftigen Punkte und einer Bezeichnung der Beweisthemen und Beweismittel, sondern vor allem an Ausführungen dazu, dass das Übergehen der Beweisangebote in der mündlichen Verhandlung, in der die Kläger vertreten waren, gerügt wurde. Beschränkt sich ein sachkundig vertretener Prozessbeteiligter --was hier nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift der Fall war-- darauf, in der mündlichen Verhandlung einen Sachantrag zu stellen, so ist das regelmäßig als Rügeverzicht hinsichtlich aller bis dahin erkennbaren Verfahrensmängel zu werten (Beschluss des BFH vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612).
c) Als Verfahrensrügen unzulässig sind schließlich auch die von den Klägern gerügten Verstöße gegen die allgemeinen Denkgesetze und die Gesetze der Logik. Dabei handelt es sich um materielle Rechtsfehler (ständige Rechtsprechung des BFH, s. etwa Senatsbeschluss vom 10. November 1994 IV B 23/94, BFH/NV 1995, 691, m.w.N.), die nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden können (s. auch Beschluss des BFH in BFH/NV 1999, 1612).
Im Kern machen die Kläger insoweit geltend, die Schätzung der Gewinne aus Sondernutzungen sei unzulässig, weil keine Verpflichtung zur Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. bestanden habe. Aus diesem Grunde habe der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, "auch wenn es mit Mühe verbunden" sei. Die das angefochtene Urteil tragende und ausführlich begründete Überzeugung des FG, die Kläger hätten ihre Mitwirkungspflichten verletzt, beruht aber im Wesentlichen auf der Beurteilung der hier gegebenen Sach- und Rechtslage, die im Rahmen des § 115 FGO auch hinsichtlich der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen ist, selbst wenn damit als Rechtsfolge notwendigerweise zugleich eine Begrenzung der dem Gericht obliegenden Sachaufklärungspflicht verbunden ist (s. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; auch Gräber/von Groll, a.a.O., § 76 Rz. 28 ff. und § 96 Rz. 9, m.w.N.).
Im Übrigen ist die Rechtsauffassung der Kläger unzutreffend, wonach die Gewinnschätzung deshalb unzulässig sei, weil es an einer Verletzung der Mitwirkungspflichten fehle, da die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen "nur das Ausfüllen der Anlage L in Verbindung mit der Steuererklärung" erfordere. Wie der Senat entschieden hat, bedeutet das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen oder -ausgaben nicht, dass das FA die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft übernehmen müsste (Senatsurteil vom 15. April 1999 IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481; s. auch BFH-Urteil vom 11. August 1992 VII R 90/91, BFH/NV 1993, 346). Auch wenn der Kläger nicht gezwungen war, seine Betriebseinnahmen und -ausgaben aufzuzeichnen und entsprechende Belege aufzubewahren, so trägt er doch wie jeder andere Steuerpflichtige die Gefahr, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann und deshalb die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) erfüllt sind. Es ist z.B. auch anerkannt, dass Betriebsausgaben nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie der Steuerpflichtige auf Verlangen durch Vorlage von Belegen nachweist (Senatsurteil in BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, sowie Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. D 55, und Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, 3. Aufl., Kap. 27 Rz. 5 ff.; s. auch das Senatsurteil vom 18. März 1993 IV R 3/92, BFHE 171, 177, BStBl II 1993, 549 zu § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht aufzeichnen muss, wie dies für die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung angenommen wird, die auch für die Ermittlung der Sondernutzungen im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Abs. 8 EStG a.F. üblich war. Er trägt dennoch die objektive Beweislast (Senatsurteil in BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, m.w.N.) und genügt dieser, indem er freiwillig und im eigenen Interesse alle Belege aufbewahrt.
Ende der Entscheidung
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