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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.03.1999
Aktenzeichen: IV B 107/98
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, ZPO
Vorschriften:
AO 1977 § 127 | |
FGO § 142 | |
ZPO § 114 |
Gründe
Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt Prozeßkostenhilfe (PKH) für eine Klage gegen Bescheide zur Gewinnfeststellung und Umsatzsteuer 1988 bis 1990 sowie Gewerbesteuermeßbetrag 1990 betreffend die ehemalige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Y-Club. Er macht geltend, Gesellschafter der GbR sei neben Herrn Ö und ihm auch noch Herr R gewesen.
Die GbR betrieb auf einem Grundstück, das einer weiteren GbR, bestehend aus dem Kläger, R und Frau Ö gehörte, eine Discothek. In einem bei dem Beklagten (Finanzamt --FA--) nach Geschäftseröffnung eingereichten Gesellschaftsvertrag mit Datum vom 2. Mai 1988 sind als Gesellschafter nur der Kläger und der 1993 verstorbene Ö aufgeführt. Die kaufmännische Verwaltung sollte nach dem Vertrag voraussichtlich dem Verwaltungsbüro des R übergeben werden. In den Steuererklärungen war R als Empfangsbevollmächtigter angegeben. Das FA ging bei Erlaß der Steuerbescheide davon aus, daß die GbR nur aus dem Kläger und Ö bestand.
Eine 1994 durchgeführte Steuerfahndungsprüfung führte zu Hinzuschätzungen bei den Gewinnen und Umsätzen für die Streitjahre. Im Verlauf der Fahndungsprüfung legte der Kläger einen weiteren Gesellschaftsvertrag mit dem Datum vom 2. Mai 1988 vor, demzufolge auch R Gesellschafter der GbR sein sollte und der die entsprechenden drei Unterschriften trägt.
Das FA schloß sich der im Prüfungsbericht vertretenen Auffassung an, der später vorgelegte Vertrag sei nur ein Entwurf gewesen. Ein Drittel der nach Hinzuschätzung ermittelten Gewinne behandelte es als Vergütung des R für die Beratung der GbR und zog diese Beträge als Betriebsausgabe ab. Gegen die entsprechend geänderten Umsatzsteuer-, Gewerbesteuermeß- und Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre erhob der Kläger Einspruch, mit dem er u.a. geltend machte, er sei nicht Gesellschafter der GbR gewesen. Der Höhe nach gab das FA den Einsprüchen teilweise statt.
Mit der Klage macht der Kläger nun geltend, die GbR habe entsprechend dem im Verlauf der Fahndungsprüfung vorgelegten Gesellschaftsvertrag aus drei Gesellschaftern bestanden. Einen weiteren Gesellschaftsvertrag habe er nie unterzeichnet. Der dem FA ursprünglich vorgelegte Vertrag könne nur abredewidrig unter Verwendung von Blankounterschriften erstellt worden sein. 1988 habe er, der Kläger, dem R zehn Briefbögen mit Blankounterschriften zur Abwicklung der Korrespondenz während Auslandsaufenthalten überlassen (Beweis Zeugnis Rechtsanwalt M). Im September oder Oktober 1990 habe er M noch eine Kopie des Gesellschaftsvertrags mit drei Gesellschaftern vorgelegt (Beweis Zeugnis M). Gegenüber den Mitarbeitern der Discothek und gegenüber Geschäftspartnern sei R als gleichberechtigter Gesellschafter aufgetreten. Dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen der Angestellten. Zwar habe der Kläger den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung von Personengesellschaften auf Seite 2 unterzeichnet, auf dem sich nur die zweite Unterschrift von Ö befinde. Bei Unterzeichnung sei er aber davon ausgegangen, daß nach ihm noch R und Ö unterzeichnen würden. Die Seite 3 des Fragebogens, auf der nur Ö und er als Gesellschafter ausgewiesen seien, habe er nicht ausgefüllt noch sei sie ihm bei Unterzeichnung vorgelegt worden. Die ganze steuerliche und kaufmännische Abwicklung sei dem darin erfahrenen R überlassen worden, dem eine Generalvollmacht und eine steuerliche Empfangsbevollmächtigung erteilt worden sei.
Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil das FA örtlich unzuständig gewesen sei. Die Gewinnfeststellungsbescheide seien außerdem deshalb fehlerhaft, weil ihm, dem Kläger, die von Ö und R gemeinsam unterschlagenen Einnahmen nicht als Gewinn zugerechnet werden könnten. Jedenfalls müßten die nach Vorwegentnahmen und Tätigkeitsentgelten verbleibenden Gewinne auf drei Gesellschafter verteilt werden.
Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auf eine fehlende örtliche Unzuständigkeit könne der Kläger sich nach § 127 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht berufen, weil in der Sache keine andere Entscheidung habe getroffen werden können. In bezug auf die Umsatzsteuerbescheide greife das Klagevorbringen schon deshalb nicht durch, weil als Unternehmer die nach außen aufgetretene GbR bestehend aus dem Kläger und Ö angesehen werden müsse. Im übrigen gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß R Gesellschafter gewesen sei. Im Verwaltungsverfahren habe R wiederholt in Abrede gestellt, Mitglied der GbR gewesen zu sein und den beim FA vorgelegten Vertrag gefälscht zu haben. Im Strafverfahren habe er die Existenz zweier Verträge damit erklärt, es sei anfänglich eine Gesellschaft mit drei Gesellschaftern geplant gewesen und vertraglich fixiert worden. Dieser Vertrag sei aber im gegenseitigen Einvernehmen zugunsten des vom Kläger mit Ö geschlossenen Vertrags aufgehoben worden.
Ö sei verstorben, habe aber zu Lebzeiten auf einem Vordruck des FA zur Prüfung der Steuerpflicht am 29. Juni 1989 angegeben, er sei neben dem Kläger zu 50 v.H. Mitgesellschafter. Frau Ö habe der Darstellung des Klägers widersprochen und mitgeteilt, nach ihrer Kenntnis habe es nur einen Vertrag zwischen dem Kläger und ihrem Mann gegeben; der Vertrag sei in ihrer Gegenwart unterzeichnet worden. Obwohl Frau Ö als Rechtsnachfolgerin ihres Mannes von der Zurechnung des FA in derselben Weise betroffen sei wie der Kläger, habe sie keine Einwendungen dagegen erhoben.
Auch der vom Kläger und Ö am 8. August 1988 unterschriebene Fragebogen weise beide Unterzeichner als je zur Hälfte beteiligt aus. Die Darstellung des Klägers, er habe ein nicht vollständig ausgefülltes und nachträglich ohne sein Wissen geändertes Formular unterzeichnet, halte das Gericht für wenig überzeugend. Es sei nicht davon auszugehen, daß sich diese Behauptung im Klageverfahren als erwiesen herausstellen werde.
Für das Bestehen einer Innengesellschaft mit R fehlten hinreichende Anhaltspunkte. Aus den Aussagen der Mitarbeiter der Discothek könne nicht der Schluß gezogen werden, daß der Kläger, Ö und R den Rechtsbindungswillen zur Führung der Discothek auf der Grundlage einer partnerschaftlichen Gleichordnung und für gemeinsame Rechnung gehabt hätten. Die Tätigkeit des R lasse sich auch mit seiner Stellung als Beauftragter für die kaufmännische Betriebsverwaltung erklären.
Der Kläger beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und ihm PKH unter Beiordnung von Rechtsanwältin S zu bewilligen.
Das FA beantragt in einer Stellungnahme, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung).
1. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder mindestens für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für einen Eintritt des angestrebten Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526, und vom 1. Juli 1998 IV B 140/97, BFH/NV 1999, 165). Im Beschwerdeverfahren hat das Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten eigenständig zu prüfen (BFH-Beschluß vom 12. August 1997 VII B 212/96, BFH/NV 1998, 433).
2. Der Senat hält es nach summarischer Prüfung für unwahrscheinlich, daß der Kläger mit seinem Klagebegehren Erfolg haben wird.
a) Soweit mit der Klage örtliche Unzuständigkeit des FA gerügt wird, kann dies nach den zutreffenden Ausführungen des FG gemäß § 127 AO 1977 nur dann zur begehrten Aufhebung der angefochtenen Bescheide führen, wenn diese inhaltlich fehlerhaft sind. Davon kann bei summarischer Betrachtung aus den nachstehenden Gründen nicht ausgegangen werden.
b) Die Behauptung des Klägers, R sei Mitglied der nach außen aufgetretenen GbR gewesen, dürfte sich voraussichtlich nicht beweisen lassen. Als Beweismittel kommen zunächst die beiden sich widersprechenden Gesellschaftsverträge in Betracht. Die Klage könnte nur dann Erfolg haben, wenn das Gericht zu dem Ergebnis käme, daß nicht der ursprünglich dem FA vorgelegte Vertrag, sondern der im Verlauf der Fahndungsprüfung vorgelegte Vertrag als rechtlich verbindlich von den Unterzeichnern geschlossen worden ist. Alle Indizien sprechen indessen dafür, daß die dem FA in Kopie vorgelegte Vertragsurkunde der verbindlich geschlossene Gesellschaftsvertrag ist. Dafür sprechen die abgegebenen Fragebögen zur Besteuerung der GbR und des Herrn Ö, die Steuererklärungen, die Außendarstellung der GbR, die Angaben von R und Frau Ö und die zeitnahe Vorlage dieses Vertrags beim FA. Dafür, daß der später vorgelegte Vertrag authentisch ist, sprechen allein die Aussagen der Mitarbeiter der Discothek. Den Angaben der Mitarbeiter wird aber für die Frage, welches Verhältnis rechtlich zwischen den drei handelnden Personen bestand (Gesellschaft, Betriebsführung), kein Gewicht beigemessen werden können.
Beweismittel, mit denen der Kläger seine Behauptung voraussichtlich beweisen könnte, sind nicht ersichtlich. Die Überlassung der Blankounterschriften kann als wahr unterstellt werden. Sie rechtfertigt für sich betrachtet nicht den Schluß auf eine Fälschung des Gesellschaftsvertrags. Gleiches gilt für die Vorlage des "Dreiervertrags" bei dem Rechtsanwalt M im Jahr 1990. Daß diese Urkunde existiert und der Kläger über sie verfügte, ergibt sich bereits aus der Vorlage bei der Fahndungsprüfung. Einen eindeutigen Beweis zugunsten der Behauptung des Klägers würde nach gegenwärtigem Verfahrensstand nur ein kriminaltechnisches Gutachten über die Unechtheit der Urkunde bringen, die gegenüber dem FA verwendet worden ist. Für ein solches Ergebnis einer Begutachtung besteht aber keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, wovon wohl auch der Kläger selbst ausgeht, da er die Erhebung dieses Beweises nicht angeregt hat.
c) Daß eine Innengesellschaft zwischen der aus dem Kläger und Ö gebildeten GbR und R bestanden hätte, wird vom Kläger nicht vorgetragen. Sonstige Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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