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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.04.2000
Aktenzeichen: IV B 114/98
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 § 90 Abs. 2
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Auf die Darstellung des Tatbestands wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) verzichtet.

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--)

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und der Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen muss nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. z.B. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628, und vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 61 f., m.w.N.).

b) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben vorgetragen, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) dadurch begrenzt würden, dass eine Mitwirkung durch Diebstahl, kriegerische Ereignisse und durch das "Serben-Embargo" unmöglich oder jedenfalls erschwert und ob in einem solchen Fall ein Abzug von Vermögensverlusten ausgeschlossen sei. Vorab sei allerdings zu prüfen, ob § 90 Abs. 2 AO 1977 überhaupt anzuwenden sei, weil es sich bei den geltend gemachten Verlusten um einen Inlandsvorgang gehandelt habe, der mit den kriegerischen Ereignissen in Serbien nur indirekt zu tun gehabt habe. Schließlich müsse der BFH Gelegenheit erhalten, "die unterschiedliche Rechtsauffassung zum BVerfG hinsichtlich der Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen, insbesondere im Hinblick auf die unwesentlichen Nebenbestimmungen, zu beseitigen".

Die von den Klägern zur erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten aufgeworfenen Fragen lassen sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten und sind durch die Rechtsprechung geklärt. Die Kläger haben sich auf einen Beweisnotstand wegen der Balkanunruhen in den Streitjahren berufen. Dabei handelt es sich um einen Sachverhalt, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der AO 1977 bezieht, so dass § 90 Abs. 2 AO 1977 anzuwenden ist. Die weitere von den Klägern aufgeworfene Frage nach einer Begrenzung der erhöhten Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO 1977 ist im Streitfall weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass sich aus § 90 Abs. 2 AO 1977 auch eine Beweisvorsorgepflicht ergibt (s. Senatsbeschluss vom 25. August 1986 IV B 76/86, BFHE 149, 381, BStBl II 1987, 481), die die Kläger allein schon dadurch verletzt haben, dass sie alle einschlägigen Geschäftsunterlagen in einem Fahrzeug aufbewahrt hatten und sich nunmehr auf einen Verlust dieser Unterlagen durch Diebstahl berufen, ohne über Kopien zu verfügen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Kaufmann in einem solchen Fall gezogen hätte.

Soweit die Kläger geltend machen, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob ein Ehegattenarbeitsverhältnis auch anzuerkennen sei, wenn unwesentliche Nebenbestimmungen einem Fremdvergleich nicht standhielten, ist die Beschwerde unzulässig. Insoweit entspricht ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zu der vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage bereits Stellung genommen, muss der Beschwerdeführer unter Auseinandersetzung mit der zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung und den ggf. in der Literatur dazu geäußerten Meinungen begründen, warum er eine weitere Klärung der Rechtsfrage gleichwohl im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des BFH in BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 12. Juni 1997 VI B 15/97, BFH/NV 1997, 880).

Gemessen an diesen Anforderungen haben die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der von ihnen für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage nicht ordnungsgemäß dargelegt. Dazu hätte u.a. gehört, dass sie Ausführungen dazu gemacht hätten, warum sich die Frage nicht aufgrund der umfangreichen Rechtsprechung zu Geschäften unter nahen Angehörigen beantworten lässt (vgl. hierzu etwa die Nachweise bei Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 4 Rdnr. 520 "Angehörige" unter e). Der Hinweis auf einen Beitrag von List (Neue Wirtschafts-Briefe F. 3, S. 9703) und die Einlassung, Nebensachverhalte müssten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- zurücktreten, wenn die Arbeit tatsächlich geleistet worden sei, genügen diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall hat die Vorentscheidung die Ablehnung des Ehegattenarbeitsverhältnisses gerade nicht auf unwesentliche Nebenbestimmungen des Vertrags gestützt, sondern festgestellt, dass die Hauptpflicht des Arbeitnehmers aus einem derartigen Arbeitsvertrag, die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, bei den vielfältigen anderweitigen Tätigkeiten des Klägers unmöglich gewesen sei. Diese Folgerung entspricht auch dem Beschluss des BVerfG vom 7. November 1995 2 BvR 802/90 (BStBl II 1996, 34), auf den sich die Kläger zu berufen scheinen.

2. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)

a) Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs greift nicht durch. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, die Frage, ob er, der Kläger, zwei oder drei Arbeitsverhältnisse eingehe, sei völlig unbedeutend, weshalb die steuerliche Anerkennung aus diesem Grunde nicht versagt werden könne; entscheidend sei nur, was er für das Unternehmen geleistet habe und ob die Vergütung dafür angemessen sei. Dies habe man "aufgrund der Verfahrensabläufe unterstellt". Nur der kleinste Hinweis hätte zur Benennung von Zeugen geführt.

Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (vgl. § 96 Abs. 2 FGO). Dass die Beteiligten mehrfach Gelegenheit zur Äußerung hatten, ergibt sich ausdrücklich aus der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 22. Mai 1997 und die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 1997. Sie können sich daher auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs nicht berufen, da sie die ihnen verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, nicht genutzt haben (vgl. BVerfG-Beschluss vom 1. Februar 1967 1 BvR 630/64, BVerfGE 21, 132, 137, m.w.N.).

b) Auch die mit gleicher Begründung erhobene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht greift nicht durch.

Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehört ebenso wie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln (BFH-Entscheidungen vom 22. September 1994 IV R 61/93, BFHE 176, 350, BStBl II 1995, 367; vom 18. Dezember 1970 VI R 313/68, BFHE 102, 202, BStBl II 1971, 591; vom 3. Juni 1992 II B 192/91, BFH/NV 1993, 34). Nachdem bereits während der Betriebsprüfung, vor allem aber in der Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 1996 das Arbeitsverhältnis entscheidend unter Hinweis darauf nicht anerkannt wurde, dass es bei mehreren Vollzeitarbeitsverhältnissen an der tatsächlichen Durchführung fehle, konnten die Kläger nicht davon ausgehen, dass es nur auf des Ergebnis der Bemühungen des Arbeitnehmers und die Angemessenheit des Arbeitslohns ankomme. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hatte insoweit u.a. darauf verwiesen, dass die Firma des Klägers als Subunternehmerin für die Klägerin tätig gewesen sei und der Kläger als Geschäftsführer der GmbH bereits ein Vollzeitarbeitsverhältnis unterhalten habe.

3. Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)

Auf der letzten Seite ihrer Beschwerdeschrift listen die Kläger insgesamt sieben Entscheidungen des BVerfG und des BFH jeweils mit einem Betreff als "abweichende Urteile" auf. Soweit damit eine Divergenzrüge erhoben werden sollte, ist sie unzulässig, weil es an einer Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze der Vorentscheidung und solcher der angeführten Divergenzentscheidungen fehlt (s. etwa BFH-Beschluss in BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

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