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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: IV B 121/02
Rechtsgebiete: FGO, EStG
Vorschriften:
FGO § 40 Abs. 2 | |
EStG § 10d |
Gründe:
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als selbständiger ...meister tätig, die mit ihm zusammenveranlagte Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als Angestellte. Der Kläger ist im Übrigen Eigentümer eines Hofs, dessen Flächen von 22 334 qm an 2 Landwirte verpachtet waren. Die Hofstelle wurde in den Streitjahren (1995 und 1996) von den Klägern bewohnt. Den Hof hatte der Kläger im Wege einer Erbauseinandersetzung zum 1. März 1990 erworben. Die Erbengemeinschaft, der der Kläger angehört hatte, bestand aus den Kindern des ursprünglichen Hofeigentümers, der die Flächen bereits 1976 verpachtet hatte, ohne die Betriebsaufgabe zu erklären. Nach dessen Tod im Jahre 1986 erklärte die Erbengemeinschaft zunächst Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und nach einer telefonischen Erörterung mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) bis zur Auseinandersetzung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Nach Abfindung seiner beiden Schwestern erklärte der Kläger weiterhin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte für die Wirtschaftsjahre 1994/95 und 1995/96 Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 15 133 DM und 12 117 DM durch Einnahmenüberschussrechnung.
Gegen die auf dieser Grundlage ergangenen Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, er beziehe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil die verpachteten Flächen Privatvermögen seien; die seinerzeitige Verpachtung an 2 Landwirte durch den Vater unter Zurückbehaltung der Hofstelle und Verschrottung des Inventars habe zur Betriebsaufgabe geführt. Weder durch den Vater noch die Mitglieder der Erbengemeinschaft oder durch ihn, den Kläger, sei eine Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit in Betracht gekommen.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus: Die Klage sei ungeachtet dessen zulässig, dass der Kläger eine durch den Wegfall des Freibetrags für Land- und Forstwirte höhere Steuerfestsetzung begehre. Bei weiterer Berücksichtigung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft könnten sich in der Zukunft Nachteile für den Kläger ergeben (Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 1972 VIII R 39/67, BFHE 108, 278, BStBl II 1973, 323, und vom 29. April 1992 XI R 5/90, BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969). Die Klage sei indessen unbegründet, weil der Betrieb bis zu den Streitjahren (1995 und 1996) nicht aufgegeben worden sei. Weder sei eine Betriebsaufgabe erklärt worden noch hätten die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen dadurch verloren, dass der Betrieb stark verkleinert worden sei.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Mit ihrer Beschwerde berufen sich die Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, machen die Abweichung von einer Entscheidung des BFH geltend und rügen einen Verfahrensmangel, auf dem die Vorentscheidung beruhen soll.
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Dabei kann offen bleiben, ob die von den Klägern herausgestellte Rechtsfrage, das Erfordernis einer Betriebsaufgabeerklärung in Verpachtungsfällen bedürfe gesetzlicher Regelung, grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig ist. Die Frage ist im Streitfall jedenfalls nicht klärungsfähig. Denn die Klage ist --entgegen der Auffassung des FG-- unzulässig, so dass die von den Klägern angestrebte Revision mit dieser Maßgabe zurückgewiesen werden müsste, ohne dass der Senat zu materiellen Fragen oder zu den mit der Beschwerde ebenfalls erhobenen Verfahrensrügen Stellung nehmen könnte (BFH-Beschluss vom 28. Februar 2002 V B 56/01, BFH/NV 2002, 805).
a) Nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein.
b) Im Streitfall begehren die Kläger, dass die Einkünfte aus der Verpachtung ihrer Parzellen als solche aus Vermietung und Verpachtung angesetzt werden und damit der Freibetrag für Land- und Forstwirte entfällt. Sie erstreben also eine höhere Einkommensteuer als festgesetzt.
Eine Klage mit dem Begehren, eine höhere Steuer festzusetzen ist grundsätzlich unzulässig (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 1989 I R 174/86, BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91; vom 19. Juli 1994 VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362; BFH-Beschluss vom 14. März 2000 V B 187/99, BFH/NV 2000, 1252).
c) Ausnahmsweise kann ein Kläger nach der vom FG zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung des BFH durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung in seinen Rechten verletzt sein. Danach kann eine Einkommensteuerveranlagung auch mit dem Ziel einer höheren Steuerfestsetzung angefochten werden, wenn die angesetzten Besteuerungsgrundlagen eine Bindung für zukünftige Veranlagungen herbeiführen (BFH-Urteil in BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969, Nr. 2 c der Gründe). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben, weil eine Entscheidung des Senats über das Vorliegen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung keine Bindungswirkung für einen künftigen Veranlagungszeitraum entfalten würde, in dem das FA von einer Entnahme oder Veräußerung von Einzelflächen bzw. von einer Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung hinsichtlich des verpachteten Betriebs ausginge.
Im Ertragsteuerrecht gilt der Grundsatz, dass die ermittelten Besteuerungsgrundlagen einen unselbständigen Bestandteil der Steuerfestsetzung bilden, der nicht mit in Bestandskraft erwächst; nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung sind die Besteuerungsgrundlagen deshalb in einer späteren Veranlagung selbständig zu ermitteln (BFH-Urteile vom 27. September 1988 VIII R 432/83, BFHE 155, 83, BStBl II 1989, 225; vom 25. April 1990 I R 136/85, BFHE 160, 529, BStBl II 1990, 905). Darum kann das FA auch für einen späteren Veranlagungszeitraum grundsätzlich davon ausgehen, dass der Kläger einen steuerpflichtigen Gewinnrealisierungstatbestand erfüllt habe.
d) Zu Unrecht hat sich die Vorentscheidung zur Bejahung einer Beschwer im Streitfall auf die Urteile in BFHE 108, 278, BStBl II 1973, 323 und in BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969 bezogen. Denn in der Entscheidung in BFHE 108, 278, BStBl II 1973, 323 standen dem Begehren einer höheren Steuerfestsetzung Nachteile aus der Auflösung passiver Rechnungsabgrenzungsposten in den Folgejahren gegenüber, während das Urteil in BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969 gerade zu dem Ergebnis gelangte, dass der Einkommensteuerbescheid für das Entnahme- bzw. Aufgabejahr keinen (Quasi-)Grundlagenbescheid für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Folgejahren darstelle. Eine solche, die Beschwer trotz des Begehrens einer höheren Steuerfestsetzung begründende Bindungswirkung wird namentlich durch den Bilanzenzusammenhang, Besonderheiten der verschiedenen Gewinnermittlungsarten und den Verlustabzug herbeigeführt. In diesem Sinne hat auch der Senat ungeachtet des Begehrens einer höheren Steuerfestsetzung wiederholt eine Beschwer angenommen (s. etwa Senatsurteile vom 19. Juni 1997 IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808; vom 10. Dezember 1992 IV R 17/92, BFHE 170, 145, BStBl II 1993, 344 zum Wechsel der Gewinnermittlungsart, und vom 29. August 1985 IV R 238/83, BFH/NV 1987, 504 zu § 10d des Einkommensteuergesetzes).
2. Ist demnach die Klage nicht zulässig, so ist es dem Senat auch verwehrt, die gerügte Divergenz und den geltend gemachten Verfahrensmangel unterlassener Zeugenvernehmung zu prüfen.
Ende der Entscheidung
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