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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: IV B 131/06
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 13a
EStG § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
EStG § 13a Abs. 5
FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IV B 130/06 IV B 131/06

Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Streitjahren (1996 bis 1999) mit Unterbrechungen ganztags als ... nichtselbstständig tätig. Darüber hinaus war er Pächter des landwirtschaftlichen Betriebs seiner Eltern mit einer landwirtschaftlichen Fläche von 11,9585 ha. Außerdem bewirtschaftete er eine zugepachtete Fläche von 2,78 ha. Nach einer vom Finanzgericht (FG) eingeholten Auskunft des Landwirtschaftsamtes X baute der Kläger --ähnlich wie im Streitjahr 1996-- in den Streitjahren 1997 bis 1999 ca. 4,44 bis 5,15 ha Getreide, ca. 1,33 bis 1,70 ha Silomais, über 6 ha Kleegras, ca. 0,1 bis 0,62 ha Kartoffeln und teilweise 0,01 bis 0,03 ha Futterrüben an. Außerdem wurden in allen Streitjahren durchschnittlich vier Milchkühe, sechs Mutterkühe, drei männliche Rinder, 16 bzw. 27 Schafe und eine Mutterziege gehalten.

Der Kläger lebte im Haushalt seiner Eltern. Sowohl der Vater des Klägers, geboren am ... 1927, als auch seine Mutter, geboren am ... 1934, arbeiteten im landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich mit. Bis Oktober 1998 lebte auch der Bruder des Klägers, der ebenfalls einer ganztägigen Beschäftigung nachging, im Haushalt der Eltern.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ermittelte den Gewinn des Klägers nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dabei setzte es gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5 EStG --in der in den Streitjahren geltenden Fassung-- den Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers (Klägers) und seiner Mutter mit insgesamt 0,6 einer Vollarbeitskraft (VAK) an. Die Einsprüche des Klägers blieben im Streitpunkt ohne Erfolg.

Mit seinen Klagen begehrte der Kläger zuletzt noch, den Wert der Arbeitsleistung mit lediglich 0,2 VAK anzusetzen. Das FG wies die Klagen nach Vernehmung einer Schwester des Klägers als Zeugin ab. Die Revision gegen seine Urteile ließ das FG nicht zu.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinen Nichtzulassungsbeschwerden.

II. Der Senat verbindet die Beschwerdeverfahren IV B 130/06 (betreffend die Einkommensteuer 1996) und IV B 131/06 (betreffend die Einkommensteuer 1997 bis 1999) gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung. Beide Verfahren betreffen die gleichen Rechtsfragen.

III. Die Beschwerden sind --bei nicht unerheblichen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind zumeist nicht schlüssig dargelegt, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert. Jedenfalls liegen sie nicht vor.

a) Das Vorbringen des Klägers, das FG habe Beweismittel verfahrensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

aa) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. aus neuerer Zeit Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. März 2007 VII B 175/06, BFH/NV 2007, 1716; s. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 69, 70, m.w.N.). Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69, 70, m.w.N.).

bb) Das Vorbringen des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

(1) Soweit der Kläger rügt, das FG habe Frau Y nicht als Zeugin vernommen, fehlt es schon an der Darlegung, dass der --sachkundig vertretene-- Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG einen Antrag auf Vernehmung der Zeugin gestellt oder das Übergehen eines schriftsätzlich bereits gestellten Beweisantrags gerügt hat. Nach dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers weder eine Beweiserhebung beantragt noch die Nichterhebung angebotener Beweise gerügt. Ebenso wenig hat der Kläger dargelegt, warum ihm eine solche Rüge ggf. nicht möglich gewesen sein sollte. Nach der Sitzungsniederschrift hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers rügelos zur Sache verhandelt und die Klageanträge gestellt. Auf das Rügerecht ist damit wirksam verzichtet worden (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

(2) Die Rüge, das FG hätte auch ohne entsprechenden Antrag ein Sachverständigengutachten zum Gesundheitszustand der Mutter des Klägers einholen müssen, ist ebenfalls unschlüssig. Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, warum sich --mangels eines Beweisantrags-- dem FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen, zumal die vom FG ursprünglich als Zeugin geladene Mutter des Klägers dem Gericht bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt hatte, sie mache von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Die Mutter des Klägers war aufgrund ihres Zeugnisverweigerungsrechts (§ 84 Abs. 1 FGO i.V.m. § 101 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung) auch nicht verpflichtet, die Begutachtung ihres Gesundheitszustands durch einen Sachverständigen zu dulden (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 144 ZPO). Im Übrigen hat der Kläger nicht dargelegt, dass er die Nichterhebung des Sachverständigenbeweises in der mündlichen Verhandlung gerügt hat oder warum ihm eine solche Rüge nicht möglich war.

(3) Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe verfahrensfehlerhaft ohne "jegliche medizinische Fachkenntnis" gemutmaßt, durch körperliche Bewegung sei einer Thrombosegefahr vorzubeugen, ist dem Kläger zwar darin zuzustimmen, dass der Verzicht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht i.S. des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO beinhalten kann, sofern dem FG die erforderliche eigene Sachkunde fehlt (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Mai 2004 VIII B 107/03, BFH/NV 2004, 1533, m.w.N.). Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass das Urteil des FG bei Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob körperliche Bewegung einer Thrombosegefahr vorbeuge, anders ausgefallen wäre. Hiervon kann auch nicht ausgegangen werden, weil es das FG schon nicht als erwiesen angesehen hat, dass die Mutter des Klägers in den Streitjahren überhaupt an einer wesentlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung litt. Die vom Kläger in der Beschwerdebegründung wiedergegebene Aussage der Zeugin Z zum Gesundheitszustand der Mutter ist der Sitzungsniederschrift nicht zu entnehmen. Einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls (§ 94 FGO i.V.m. § 164 ZPO) hat der Kläger nicht gestellt. Er hat im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht dargetan, warum er hiervon abgesehen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 23. September 1998 I B 53/98, BFH/NV 1999, 458, unter 2. der Gründe).

b) Der Kläger beanstandet ferner, das FG habe es versäumt, ihm einen Hinweis nach § 76 Abs. 2 FGO zu geben, dass er zum Nachweis dafür, dass seine Mutter bereits aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, im Betrieb mitzuarbeiten, ein ärztliches Attest vorlegen solle. Hierdurch sei auch sein Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Dieser Vortrag entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Verfahrensfehlern.

Soweit die Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) geltend gemacht wird, fehlt es an der erforderlichen substantiierten Darlegung, was der Kläger ohne eine solche (von ihm angenommene) Verletzung noch Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte. Der Kläger hätte in seiner Beschwerde zumindest ausführen müssen, ob und wie es ihm tatsächlich möglich gewesen wäre, die von ihm behauptete Erkrankung seiner Mutter in den Streitjahren durch ein ärztliches Attest zu belegen. Aus den gleichen Gründen hat auch die vom Kläger erhobene Gehörsrüge keinen Erfolg.

c) Die Rüge, das FG hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass es seinen Angaben und den Bekundungen der Zeugin Z nicht folge, greift ebenfalls nicht durch. Denn weder § 76 Abs. 2 FGO noch der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichten das FG, darauf hinzuweisen, dass es den Sachverhalt anders beurteilt als ein Beteiligter (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Juni 2003 IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437, und vom 29. April 2004 V B 43/03, BFH/NV 2004, 1303, unter II.5. der Gründe). Das FG ist auch nicht verpflichtet, seine vorläufige Beweiswürdigung oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung zahlreicher Einzelumstände offen zu legen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 56, m.w.N.).

d) Ohne Erfolg bleibt letztlich auch die Rüge, das FG habe dem Kläger sowie der Zeugin Z keine Gelegenheit gegeben, zur Berufstätigkeit des Vaters vor Eintritt in das Rentenalter vorzutragen bzw. auszusagen. Zum einen ist nicht dargelegt, warum der Kläger sowie sein Prozessbevollmächtigter gehindert gewesen sein sollte, hierzu alles Erforderliche vorzutragen und ihrerseits die Zeugin zur früheren Berufstätigkeit des Vaters zu befragen. Zum anderen hat der Kläger nicht dargelegt, dass das Urteil der Vorinstanz anders ausgefallen wäre, wenn das FG davon ausgegangen wäre, der Vater des Klägers sei Vollerwerbslandwirt gewesen.

2. Die (sinngemäß) erhobene Rüge, das Urteil der Vorinstanz weiche bezüglich des vom FG zugrunde gelegten Werts der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers von der Rechtsprechung des BFH ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO), ist nicht annähernd schlüssig. Hierzu wäre --woran es vorliegend fehlt-- erforderlich gewesen, dass die Beschwerde in nachvollziehbarer Weise erläutert, dass das vorinstanzliche Urteil auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von einem gleichfalls tragenden Rechtssatz einer konkret benannten Entscheidung des BFH abweicht (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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