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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.03.2000
Aktenzeichen: IV B 160/99
Rechtsgebiete: BGB, FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

BGB § 164 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) abgewiesen, weil die Klageschrift nicht handschriftlich unterzeichnet war. Dagegen hat der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muss sich --wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht-- jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--). Steuerberatungsgesellschaften sind von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 12. November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; verfassungsrechtlich bestätigt durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. August 1978 2 BvR 26/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1978, 420).

Die Beschwerde des Klägers ist von der B-Steuerberatungsgesellschaft mbH eingelegt worden. Prozesserklärungen sind auslegungsfähig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen (vgl. § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Die Auslegung hat jedoch insoweit eine Grenze, als zwar außer der Erklärung weitere Umstände zu berücksichtigen sein können, die Auslegung aber nicht zu der Annahme eines Erklärungsinhalts führen darf, für den sich in der Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen; denn in dieser Hinsicht kommt es auf die Verkörperung des Willens in der prozessualen Erklärung an (vgl. BFH-Urteil vom 1. April 1981 II R 38/79, BFHE 133, 151, BStBl II 1981, 532, m.w.N.).

Eine Auslegung der Beschwerdeschrift vom 3. Dezember 1999 ergibt, dass die Beschwerde von der B-Steuerberatungsgesellschaft mbH und nicht von dem Steuerberater A.B. eingelegt ist. Die Beschwerdeschrift hat den Briefkopf "B-Steuerberatungsgesellschaft mbH". Im Briefkopf sind die Geschäftsführer der GmbH, u.a. der Steuerberater A.B. genannt. Nach der in "Wir"-Form abgefassten Beschwerdeschrift wird der Kläger durch den Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft, Steuerberater A.B. vertreten. Die in der später für das Prozesskostenhilfe-Verfahren eingereichte Prozessvollmacht für das Beschwerdeverfahren ist auf die "Fa. B-Steuerberatungsgesellschaft-GmbH; vertreten durch ihren Geschäftsführer StB A.B." ausgestellt. Aus diesen Umständen ergibt sich, dass die Steuerberatungsgesellschaft die Beschwerde eingelegt hat.

Zwar trägt das Beschwerdeschreiben die Unterschrift "A.B." mit dem gleichlautenden maschinenschriftlichen Zusatz und der hinzugefügten Bezeichnung "Steuerberater". Dies erlaubt jedoch eine Umdeutung in eine eigene Erklärung des Unterzeichners schon deshalb nicht, weil der Steuerberater A.B. ausweislich des verwendeten Briefkopfes Geschäftsführer der GmbH ist (Beschluss des BFH vom 21. Dezember 1988 VIII R 173/84, BFH/NV 1989, 449, m.w.N.). Der Auslegung, dass es sich um ein Schreiben der Gesellschaft handelt, steht nicht entgegen, dass die Revisionsschrift nur von einer Person unterzeichnet ist, denn es ist rechtlich zulässig, dass eine GmbH durch einen Geschäftsführer vertreten wird. Im Hinblick auf den Rechtsgrundsatz des § 164 Abs. 2 BGB ist im Interesse der Rechtsklarheit davon auszugehen, dass eine unter dem Briefkopf einer GmbH von deren Geschäftsführer abgegebene Erklärung mangels irgendwelcher Einschränkungen als Erklärung der GmbH angesehen werden muss (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. März 1988 X B 101/87, BFH/NV 1988, 588; vom 8. August 1986 VIII R 64/85, BFH/NV 1987, 182; vom 20. Januar 1987 VI R 28/86, BFH/NV 1987, 387).

Die Beschwerde wäre aber auch deshalb unzulässig, weil der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Weise dargelegt hat. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, er verweise darauf, "dass in der Zwischenzeit andere oberste Bundesgerichte Klagen auch ohne Unterschrift zugelassen haben (Bundesverwaltungsgericht, Bundessozialgericht)". Es sei "nicht nachvollziehbar, warum Klagen per Telefax oder Telegramm zulässig sein sollen, bei denen also keine Unterschrift... vorliegen, aber Schriftstücke, die per ŽEinschreibenŽ eingereicht werden und nur Maschinenunterschrift tragen, nicht". Damit hat der Kläger nicht dargelegt, dass nach seiner Auffassung die Entscheidung des BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. den BFH-Beschluss vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Er hat weder ausgeführt, ob und in welchem Umfang die von ihm angesprochene Rechtsfrage umstritten ist (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozess, Rdnr. 153), noch hat er das allgemeine Interesse an der Klärung dieser Frage über den entschiedenen Einzelfall hinaus dargelegt.

Ende der Entscheidung

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