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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: IV B 163/03
Rechtsgebiete: FGO, ZPO
Vorschriften:
FGO § 82 | |
ZPO § 377 | |
ZPO § 380 | |
ZPO § 380 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 380 Abs. 1 Satz 2 |
Gründe:
Der Beschwerdeführer sollte als Zeuge in dem Rechtsstreit seiner Eltern (Kläger) gegen das beklagte Finanzamt vernommen werden. Das Finanzgericht (FG) erließ unter dem 9. Januar 2003 eine Ladung für den 6. März 2003, die an den Beschwerdeführer "zu laden über Rechtsanwälte ..." gerichtet wurde. Die Rechtsanwälte hatten sich bis dahin nur als Bevollmächtigte der Kläger bestellt. Sie nahmen für die Kläger mit Schriftsatz vom 11. Februar 2003 zu der Ladung Stellung und regten an, die Kinder der Kläger zunächst um eine schriftliche Zeugenaussage zu bitten. Hilfsweise werde um Mitteilung gebeten, welche Bescheinigungen vorgelegt werden müssten, um ggf. eine Verlegung des Termins zu erwirken. Möglicherweise sei eine Verlegung auf die Semesterferien sinnvoll, damit wenigstens der Beschwerdeführer vernommen werden könne. Der Berichterstatter als Einzelrichter vermerkte daraufhin, dass er telefonisch Ausweichtermine im Mai angeboten und die Bevollmächtigten um einen abgestimmten Terminvorschlag gebeten habe.
Unter dem 5. März 2003 teilten die Rechtsanwälte mit, die Klägerin könne einen Termin am 12. Juni 2003 wahrnehmen. Daraufhin erging am 6. März 2003 eine Ladung auf diesen Termin, die dem Beschwerdeführer wiederum über die Rechtsanwälte zugestellt wurde. Am 5. Juni 2003 teilten die Rechtsanwälte mit, der Beschwerdeführer werde an dem Termin nicht teilnehmen können, da er sich in der Prüfungsphase befinde. Er könne aber eine schriftliche Aussage zu den Akten reichen. Auf dieses Schreiben reagierte das Gericht nicht.
Zur mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2003 erschien der Beschwerdeführer nicht. Das Gericht sah sich gleichwohl in der Lage, auch ohne die Zeugenaussage des Beschwerdeführers sowie einer anderen nicht erschienenen Zeugin zu entscheiden, und verkündete am Schluss der mündlichen Verhandlung ein klageabweisendes Urteil.
Mit Beschluss vom 18. Juni 2003 setzte das FG gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von 200 €, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft fest. Der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer sei ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen. Nach § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 380 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sei ein Ordnungsgeld zwischen 5 und 1 000 € festzusetzen. Dass auch ohne die Zeugenvernehmung habe entschieden werden können, stehe einer Festsetzung nicht entgegen, sei aber bei der Bemessung des Ordnungsgelds berücksichtigt worden. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer persönlich am 28. Juni 2003 zugestellt.
Per Fax vom 11. Juli 2003 haben die Rechtsanwälte als Bevollmächtigte des Beschwerdeführers Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Zur Begründung machen sie geltend, Maßnahmen nach § 380 ZPO sollten unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen für die Parteien oder das Gericht keine nachteiligen Wirkungen entfalte. Hier habe sich die Vernehmung erübrigt. Außerdem habe der Beschwerdeführer triftige Gründe für sein Fernbleiben gehabt. Er studiere als Angehöriger der Bundeswehr und unterliege auch bei Praktika einer Präsenzpflicht. Ausweislich einer vom Versuchsleiter ausgestellten Bescheinigung hätte der Beschwerdeführer am Terminstag an einem Praktikum teilnehmen müssen, das unbedingte Voraussetzung eines Scheins gewesen sei. Außerdem sei rechtzeitig ein Verlegungsantrag gestellt worden.
Der Beschwerdeführer beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss vom 18. Juni 2003 aufzuheben.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist rechtzeitig innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses (§ 129 Abs. 1 FGO) eingelegt worden. Die Einlegung per Fax war zur Fristwahrung ausreichend.
Die Beschwerde ist begründet, weil der Beschwerdeführer zum Termin nicht ordnungsgemäß geladen war. Nach § 82 FGO i.V.m. § 380 Abs. 1 Satz 1 ZPO können Ordnungsmittel nur gegenüber einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen angeordnet werden. An einer ordnungsgemäßen Ladung des Beschwerdeführers i.S. des § 377 ZPO fehlt es hier, weil die Ladung nicht direkt an ihn gerichtet war, sondern über seine jetzigen Verfahrensbevollmächtigten erfolgte. Diese hatten sich jedoch bis dahin nur als Bevollmächtigte der Kläger, nicht jedoch auch als Bevollmächtigte des Beschwerdeführers bestellt. Mithin konnte die Ladung des Beschwerdeführers nicht wirksam an die Bevollmächtigten zugestellt werden.
Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob das FG gehalten gewesen wäre, auf die Ankündigung der Bevollmächtigten als Vertreter der Kläger zu reagieren, wonach der Beschwerdeführer im Hinblick auf eine Prüfungsphase nicht am Termin werde teilnehmen können.
Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist nicht zu treffen (Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen in sinngemäßer Anwendung des § 46 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten i.V.m. § 467 der Strafprozessordnung der Staatskasse zur Last (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 10. Januar 1986 IX B 5/85, BFHE 145, 314, BStBl II 1986, 270).
Ende der Entscheidung
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