Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.08.2004
Aktenzeichen: IV B 172/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 129
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Beschwerdeführer zu 1 (Kläger zu 1) sowie der 1997 verstorbene Ehemann der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 2 (Klägerin zu 2) waren Inhaber von Patenten für bestimmte Verfahren zur ... Zur Auswertung der Patente hatten sie eine GbR gegründet, die die Patente einer GmbH überließ, deren alleinige Gesellschafter ebenfalls der Kläger zu 1 und der Ehemann der Klägerin zu 2 waren. Mit Vertrag vom 20. Dezember 1994 verkaufte die GbR sämtliche Patente an die GmbH. Die GmbH hatte dafür 4,4 Mio. DM in mehreren Raten zu zahlen, die letzte Rate 13 Monate nach Vertragsabschluss.

Den Entwurf des Vertrags hatte die GbR zuvor dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) mit der Bitte um verbindliche Auskunft zu sieben den geplanten Verkauf betreffenden Rechtsfragen vorgelegt. Die Fragen betrafen

1. Angemessenheit des Kaufpreises von 4,4 Mio. DM; keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der GmbH;

2. Umsätze in nicht unmittelbarem funktionalen Zusammenhang mit Patenten nicht in patentbedingten Umsatzanteil einzubeziehen;

3. Mangels sachlicher Verflechtung keine Betriebsaufspaltung;

4. Anteile an GmbH kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen bei der GbR;

5. Kein Sonderbetriebsvermögen selbst dann, wenn FA Betriebsaufspaltung annimmt;

6. Veräußerung der Patente ist tarifbegünstigte Betriebsveräußerung;

7. Patente sind bei GmbH mit Anschaffungskosten von 4,4 Mio. DM zu aktivieren und abzuschreiben.

Nach einer Besprechung mit der jetzigen Bevollmächtigten der Kläger hatte das FA durch den Sachgebietsleiter zunächst mit Schreiben vom 30. November 1994 die verbindliche Auskunft erteilt, der Kaufpreis von 4,4 Mio. DM sei angemessen und eine vGA der GmbH werde nicht vorliegen. Nach schriftlicher Rückfrage der Klägervertreterin wegen der weiteren Anfragepunkte nahm das FA erneut mit Schreiben vom 14. Dezember 1994 und nunmehr zu allen Anfragepunkten Stellung. Zum letzten Anfragepunkt heißt es, die Patente seien bei der GmbH mit den Anschaffungskosten zu aktivieren und auf 15 Jahre abzuschreiben.

Der Gewinnfeststellungserklärung der GbR für das Jahr 1994 folgte das FA zunächst und stellte mit Bescheid vom 18. Oktober 1995 Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 4 453 193 DM (davon Veräußerungsgewinn 4 103 005 DM) gesondert und einheitlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Bei einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, von dem Kaufpreis von 4,4 Mio. DM entfielen 246 583 DM auf laufende Lizenzeinnahmen für 1994. Wegen der Stundung der Kaufpreiszahlung sei außerdem ein Zinsanteil von 49 912 DM in dem Kaufpreis enthalten, der im Jahr 1995 als Einnahmen der GbR aus Kapitalvermögen zu erfassen sei. Das FA folgte dem Prüfer und erließ am 4. April 1997 einen entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1994 und einen erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid 1995. In dem Bescheid für 1994 wurden die Einkünfte allerdings fälschlich als solche aus Gewerbebetrieb ausgewiesen. Am 5. Mai 1997 erging deshalb --nachdem zuvor bereits gegen beide Feststellungsbescheide Einspruch erhoben worden war-- ein nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) berichtigter Gewinnfeststellungsbescheid 1994, mit dem die Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit festgestellt wurden. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. März 1999 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Auch die anschließend erhobene Klage, mit der sich die Kläger auf die verbindliche Auskunft beriefen, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied: In der Sache bestehe zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass die vom 1. Januar bis zum 20. Dezember 1994 verdienten und mit dem Kaufpreis abgegoltenen Lizenzgebühren dem laufenden Gewinn zuzurechnen seien und dass die gestundete Kaufpreisforderung mit dem Barwert angesetzt werden müsse. Die angefochtenen Bescheide entsprächen deshalb dem materiellen Recht, das auch nicht durch eine das FA nach Treu und Glauben bindende Auskunft verdrängt werde. Der vom Bindungswillen der Behörde umfasste Inhalt einer Auskunft sei durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ergebe sich hier, dass Anfrage und Auskunft weder auf die Höhe der von der GbR 1994 erzielten laufenden Einkünfte noch auf die Höhe des Veräußerungsgewinns Bezug genommen hätten. Die Fragen hätten vielmehr vier Themenkreise betroffen:

1. Angemessenheit des Entgelts, keine vGA?

2. GmbH-Anteile Sonderbetriebsvermögen?

3. Veräußerungsgewinn tarifbegünstigt?

4. Aktivierung und Abschreibung der Patente bei der GmbH?

Während diese Fragen zum Teil schwierig zu beantworten gewesen seien --insbesondere die Angemessenheit des Kaufpreises-- und sich deshalb eine Vorabklärung empfohlen habe, habe die Berechnung des Veräußerungsgewinns keine besonderen Schwierigkeiten aufgeworfen. Es habe sich auch keine der Fragen der Kläger mit diesem Punkt befasst, so dass das FA keine Veranlassung zu einer Stellungnahme gehabt habe. Damit stimme überein, dass sich das FA bei seiner Antwort zu Frage 7 einer Äußerung zur Höhe der für die GmbH maßgeblichen Anschaffungskosten enthalten habe.

Die Revision ließ das FG nicht zu.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde berufen sich die Kläger darauf, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung und diene der Fortbildung des Rechts. Außerdem machen sie einen Verfahrensfehler geltend.

Die Beschwerde ist zumindest unbegründet und war daher zurückzuweisen.

1. Aus den von den Klägern herausgearbeiteten Rechtsfragen ergibt sich keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn über Rechtsfragen zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt und die klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar sind (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. z.B. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628, und vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).

Den von den Klägern bezeichneten Rechtsfragen fehlt mit einer Ausnahme die Klärungsbedürftigkeit insoweit, als es sich um nur auf den konkreten Sachverhalt des Streitfalls bezogene Rechtsfragen handelt. Darauf weist das FA zutreffend hin.

Abstrakt geklärt werden könnte allenfalls die Frage, ob und inwieweit ein FA verpflichtet ist, ein Ersuchen um verbindliche Auskunft daraufhin zu überprüfen, ob ihm auch in Bezug auf nicht ausdrücklich erbetene Auskünfte in jeder Hinsicht eine zutreffende Auslegung steuerrechtlicher Normen zu Grunde liegt und ob für den Fall, dass eine solche Pflicht bejaht wird, ein Pflichtverstoß zur Folge hätte, dass Treu und Glauben einer Anwendung des zutreffenden materiellen Rechts entgegenstehen. Indessen bedarf es keiner Klärung mehr, ob eine solche Pflicht besteht. Denn der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass eine verbindliche Auskunft nur auf Antrag zu erteilen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. September 1992 IV R 39/90, BFHE 169, 290, BStBl II 1993, 218, und vom 14. September 1994 I R 125/93, BFH/NV 1995, 369). Daraus folgt zugleich, dass eine verbindliche Auskunft auch nur zu erteilen ist, soweit ein entsprechender Antrag reicht. Die Behörde ist deshalb nicht verpflichtet, einen Katalog konkret gestellter Rechtsfragen daraufhin zu überprüfen, ob sich aus dem geschilderten Sachverhalt neben den ausdrücklich gestellten Fragen auch noch andere Rechtsfragen ergeben, die Bedeutung für die Besteuerung haben könnten. Die verbindliche Auskunft hat nicht zum Ziel, einen künftigen Sachverhalt umfassend zu begutachten, sondern nur vom Steuerpflichtigen konkret in Bezug auf den Sachverhalt formulierte steuerrechtliche Rechtsansichten zu bestätigen oder zu verneinen.

2. Einen Verfahrensmangel haben die Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise schlüssig dargelegt.

Eine schlüssige Rüge erfordert hier, dass die Tatsachen, die den Mangel ergeben, im Einzelnen angeführt werden und dargelegt wird, weshalb die Entscheidung des FG auf dem Mangel beruhen kann (Senatsbeschluss vom 13. September 1991 IV B 105/90, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148). Wird gerügt, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht durch Übergehen von Beweisanträgen verletzt, ist in der Beschwerdebegründung substantiiert darzulegen, welche Tatfragen aufklärungsbedürftig sind und welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat. Weiter sind die genaue Fundstelle des Beweisantrags und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme anzugeben und ist auszuführen, inwiefern das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Gerichts auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 120 Rz. 69, m.w.N.). In der Beschwerde ist außerdem darzulegen, dass nicht auf die Geltendmachung des Verfahrensmangels verzichtet worden ist. Denn das Übergehen eines Beweisantrags stellt einen verzichtbaren Verfahrensmangel dar (BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372, m.w.N.). Wenn der Beschwerdeführer im Klageverfahren --wie hier-- sachkundig vertreten war, sind mit der Beschwerde deshalb Ausführungen dazu zu machen, dass entweder die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder aber warum die Rüge nicht rechtzeitig erhoben werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864; Gräber/Ruban, a.a.O.).

Hierzu nimmt die Beschwerde in keiner Weise Stellung. Sie beschränkt sich auf das Vorbringen, es hätte Zeugenbeweis zu drei Fragen erhoben werden müssen. Weder werden Beweisthema und Beweismittel konkretisiert noch wird dazu Stellung genommen, dass auf das Rügerecht nicht verzichtet worden ist.

Ende der Entscheidung

Zurück