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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: IV B 209/03
Rechtsgebiete: ZPO, FGO
Vorschriften:
ZPO § 240 | |
ZPO § 250 | |
FGO § 72 Abs. 2 Satz 2 | |
FGO § 128 Abs. 1 | |
FGO § 128 Abs. 2 | |
FGO § 155 |
Gründe:
Nach Klageerhebung im Jahr 1995 wurde über das Vermögen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) im Januar 1999 das Konkursverfahren eröffnet. Die streitigen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerforderungen meldete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zur Konkurstabelle an. Sie wurden vom Konkursverwalter anerkannt.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2002 entschied das Finanzgericht (FG) durch den Berichterstatter, das Verfahren werde eingestellt. Zur Begründung heißt es, das Verfahren sei durch den Konkurs nach § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unterbrochen worden. Weder der Konkursverwalter noch der Kläger hätten sich seither zum Verfahren geäußert. Ein unterbrochenes Verfahren könne nicht durch das Gericht, sondern nur durch die Beteiligten in der Form des § 250 ZPO aufgenommen werden. Werde das Verfahren nicht aufgenommen, könne das Gericht die Akten weglegen und damit das Verfahren von Amts wegen ohne Entscheidung abschließen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Januar 1988 VII R 129/85, BFH/NV 1990, 104, und vom 16. September 1991 VII B 46/91, BFH/NV 1992, 400).
Mit der dagegen erhobenen Beschwerde macht der Kläger geltend, er nehme das Verfahren auf. Der BFH habe in den vom FG genannten Entscheidungen lediglich einer Registerlöschung zugestimmt, die nicht die Aufnahme des Verfahrens hindern solle. Zur Aufnahme sei er, der Kläger, schon während des Konkurses berechtigt, weil der Konkursverwalter die Aufnahme des Verfahrens abgelehnt habe. Weiter kündigt der Kläger Anträge für eine mündliche Verhandlung an und macht Ausführungen in der Sache. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 29. Oktober 2002 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 23. Oktober 2002 aufzuheben.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen und führt aus, der Kläger sei nicht berechtigt, das Verfahren fortzuführen. Denn die streitigen Forderungen seien vom Konkursverwalter zur Konkurstabelle anerkannt. Hilfsweise nimmt das FA auch in der Sache zum Klageverfahren Stellung (Schriftsatz vom 29. August 2003).
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beschwerde ist begründet. Der Beschluss vom 23. Oktober 2002 war aufzuheben.
1. Die Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss ist statthaft. Nach § 128 Abs. 1 FGO steht den Beteiligten gegen die Entscheidungen des FG, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an den BFH zu, soweit in der FGO nichts anderes bestimmt ist.
Eine abweichende Bestimmung dieser Art enthält die FGO für einen Beschluss über die Einstellung des Verfahrens nach Unterbrechung nicht. Zwar ist gegen Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme gemäß § 128 Abs. 2 FGO die Beschwerde nicht gegeben. Diese Regelung betrifft aber ausdrücklich nur Verfahrenseinstellungen nach Rücknahme der Klage, wie sie in § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO geregelt sind. Eine Verfahrenseinstellung ist auch keine prozessleitende Verfügung, gegen die nach § 128 Abs. 2 FGO keine Beschwerde erhoben werden könnte. Denn unter prozessleitenden Verfügungen sind nur solche Entscheidungen zu verstehen, die den Verfahrensablauf betreffen und eine abschließende Entscheidung des Gerichts vorbereiten sollen. Die abschließende Entscheidung über das Ende des Verfahrens selbst und damit die endgültige Ablehnung des Rechtsschutzbegehrens ist keine prozessleitende Verfügung (BFH-Beschluss vom 2. Dezember 1982 IV B 35/82, BFHE 137, 393, BStBl II 1983, 332).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Denn für die hier beschlossene Einstellung des Verfahrens gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Unterbrechung des Verfahrens durch Eröffnung eines Konkursverfahrens (jetzt Insolvenzverfahren) bewirkt nicht das Ende des Verfahrens. Dieses ruht vielmehr bis zu seiner ordnungsgemäßen Wiederaufnahme, längstens bis zur Beendigung des Konkursverfahrens (§ 240 Satz 1 ZPO). Eine verfahrensabschließende Einstellung des Verfahrens kommt deshalb nicht in Betracht.
Für seinen Einstellungsbeschluss kann sich das FG nicht auf die BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1990, 104 und in BFH/NV 1992, 400 berufen. Dort hatte der BFH entschieden, dass ein durch Konkurs unterbrochenes Verfahren in den Registern des Gerichts gelöscht werden kann, wenn die Fortsetzung des Verfahrens ungewiss ist. Die Löschung des Verfahrens in den Registern hindert dessen Fortsetzung nach Beendigung der Unterbrechung durch eine spätere Aufnahme des Verfahrens oder durch Aufhebung des Konkurses nicht. Sie hat deshalb nicht die Wirkung einer Verfahrenseinstellung.
Soweit das FG seine Entscheidung lediglich im Sinne einer Löschung in den Registern verstanden wissen wollte, hat es dieses nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht. Vielmehr lässt der auf Einstellung des Verfahrens gehende Tenor des Beschlusses keine Auslegung im Sinne einer bloßen Registerlöschung zu. Der Beschluss war deshalb aufzuheben.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Ähnlich wie ein Beschwerdeverfahren über die Aussetzung des Klageverfahrens (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. August 1988 VIII B 83/87, BFHE 154, 15, BStBl II 1988, 947, und vom 20. Oktober 1987 VII B 82/87, BFH/NV 1988, 387) ist das hiesige Beschwerdeverfahren ein unselbständiges Zwischenverfahren, das von der Kostenentscheidung bei endgültigem Abschluss des Klageverfahrens mit umfasst wird.
Ende der Entscheidung
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