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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 02.11.2004
Aktenzeichen: IV B 32/03
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Von einer Wiedergabe des Sachverhalts wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgesehen.

Die Beschwerde ist begründet.

Das Urteil des Finanzgerichts (FG) weicht vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. April 1996 VIII R 13/95 (BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325) ab und beruht auf dieser Abweichung.

1. Auf S. 6 der Urteilsreinschrift stellt das FG anhand eines (nicht als solches gekennzeichneten) Zitats aus dem BFH-Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325 dar, warum bei der Vermietung durch die zu einer vermögensverwaltenden GbR zusammengeschlossenen Gesellschafter die vermieteten Grundstücke Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der nutzenden gewerblichen Mitunternehmerschaft darstellen. Sodann fährt das FG fort: "Bei einer Personengesellschaft, die im Rahmen ihres Gewerbebetriebs an eine Schwestergesellschaft Dienstleistungen erbringt oder Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt, gelten diese Grundsätze dann aber nicht, da die von der Betriebsgesellschaft bezogenen Vergütungen ohnehin bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu erfassen sind". Aufbauend auf diesem Satz kommt das FG zu dem Ergebnis, dass die vermieteten Grundstücke im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung nur dann Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft sind, wenn die Besitzgesellschaft "originär" gewerblich tätig ist. Dieses Ergebnis widerspricht dem BFH-Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325. Der BFH weist an der vom FG zitierten Stelle (BFHE 181, 4, zweiter Absatz, BStBl II 1998, 326, rechte Spalte, zweiter Absatz) vielmehr darauf hin, dass die vermieteten Wirtschaftsgüter kein Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Personengesellschaft darstellen, wenn

(1) die vermietende Gesellschaft einen Gewerbebetrieb unterhält

oder

(2) gewerblich geprägt ist oder

(3) Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Personengesellschaft ist.

Letzteres gilt deshalb, weil auch die Besitzgesellschaft wegen der personellen und wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Betriebsunternehmen stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296).

Das Missverständnis des FG rührt offenbar daher, dass es in dem vorstehend wörtlich aus seinem Urteil zitierten Satz die Fallgruppen 1 und 3 zusammengezogen hat, ohne die 2. Fallgruppe, die das Bindeglied zwischen beiden darstellt, zur Kenntnis zu nehmen.

2. Die Abweichung war auch für das angefochtene Urteil tragend (vgl. zu diesem Erfordernis Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 59, m.w.N.). Maßgebend für die Ursächlichkeit ist der Rechtsstandpunkt des FG. Allerdings hat das FG angenommen, die Gesellschafter der Klägerin hätten sich zur Vermietung der Grundstücke nicht --wie im Fall des BFH-Urteils in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325-- zu einer Personengesellschaft (GbR) zusammengeschlossen, sondern den Grundbesitz als Bruchteilsgemeinschaft an die Klägerin vermietet. Diesem Unterschied hat das FG indessen keine Bedeutung beigemessen. Wäre es nicht in der vorstehend beschriebenen Weise vom BFH-Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325 abgewichen, hätte es die Frage beantworten müssen, ob die im BFH-Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325 aufgestellten Grundsätze auch dann gelten, wenn es sich bei dem Besitzunternehmen nicht --wie in dem vom BFH entschiedenen Fall-- um eine Personengesellschaft, sondern um eine Bruchteilsgemeinschaft handelt. Diese Frage wird unterschiedlich beantwortet (bejahend z.B. Oberfinanzdirektion --OFD-- München, Verfügung vom 10. Juni 1999, Der Betrieb --DB-- 1999, 1878; verneinend z.B. Strahl, Kölner Steuerdialog --KÖSDI-- 1998, 11533).

Da es auf die Rechtsauffassung des FG ankommt, ist es auch unerheblich, dass die Annahme des FG, die Gesellschafter hätten alle Grundstücke --auch das im Alleineigentum der Komplementärin stehende-- in ein und derselben Bruchteilsgemeinschaft an die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vermietet, kaum nachvollziehbar ist.

3. Die Zulassung der Revision scheitert nicht daran, dass die Abweichung nicht in zulässiger Weise dargelegt worden wäre. Denn die Klägerin rügt nicht die Abweichung des FG-Urteils vom BFH-Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325. Vielmehr macht sie die Abweichung vom BFH-Urteil in BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296 geltend. Es handelt sich dabei um eine Entscheidung, in der auf die ständige Rechtsprechung hingewiesen wird, der zufolge das Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Auf dieser Rechtsprechung basiert aber seinerseits das Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325. Zudem weist die Klägerin auf das Urteil in BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325 insoweit hin, als sie vorträgt, die Frage, ob die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) vertretene Auslegung dieses Urteils zutreffend sei, habe grundsätzliche Bedeutung. Da die Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sich nicht klar voneinander trennen lassen, kann der BFH die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zulassen, wenn der Beschwerdeführer zwar nicht die Abweichung, wohl aber die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in zulässiger Weise dargelegt hat (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Februar 1961 VIII B 193.60, DVBl 1961, 382; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 44; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Aufl., § 160a Rz. 19a, m.w.N.). Das gilt jedenfalls dann, wenn --anders als im Fall des BFH-Beschlusses vom 28. Januar 1971 V B 58/70 (BFHE 101, 44, BStBl II 1971, 246)-- die grundsätzliche Bedeutung ausdrücklich auf fehlerhafte Auslegung des Divergenzurteils gestützt ist.

4. Im Hinblick auf die zu erwartenden Stellungnahmen der Beteiligten im Revisionsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Geht man davon aus, dass der Senat im Revisionsverfahren an der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung zur Bilanzierung der zur Nutzung überlassenen Gegenstände im Fall der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung festhalten wird, so wird im zweiten Rechtszug zu klären sein, ob im Streitfall als Vermieterin gegenüber der Klägerin eine GbR auftrat, was auch konkludent hätte geschehen können oder ob Vermieterinnen zum einen die Komplementärin allein und zum anderen eine aus beiden Gesellschaftern bestehende Bruchteilsgemeinschaft waren (vgl. hierzu Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 15 Rz. 858; Brandenberg, DB 1998, 2488, 2490; Neu, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1999, 493; vgl. auch BFH-Urteil vom 29. August 2001 VIII R 34/00, BFH/NV 2002, 185).



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