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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.12.1998
Aktenzeichen: IV B 33/98
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 93 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Von einer Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sämtlich entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet und dargelegt haben. Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.

a) Soweit die Kläger rügen, das Finanzgericht (FG) habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, weil es nicht alles objektiv Mögliche und ihm Zumutbare unternommen habe, um den Sachverhalt hinsichtlich der strittigen Fahrten aufzuklären und die zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erforderlichen Tatsachen mit dem erforderlichen Grad der Gewißheit festzustellen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 76 Abs. 1 FGO; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Februar 1997 X R 111/95, BFH/NV 1997, 734), ist ein Verfahrensmangel nicht schlüssig dargetan. Bei der Rüge der Verletzung der von Amts wegen gebotenen Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) gehören hierzu Ausführungen zu den auch ohne Antrag aufzuklärenden Tatsachen und zu den zu erhebenden Beweisen. Ferner muß die Beschwerde erkennen lassen, aus welchen Gründen ein durch einen sachkundigen Prozeßbevollmächtigten vertretener Kläger keine entsprechenden Beweisanträge gestellt hat, gleichwohl aber sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung von sich aus aufdrängen mußte. Des weiteren ist darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sie auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 17. November 1997 VIII B 12/97, BFH/NV 1998, 608; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Anm. 40). Daran mangelt es hier bei allen Punkten. Insbesondere behaupten die Kläger mit der Beschwerde nicht, das FG habe Beweisanträge übergangen (vgl. zur Ablehnung von Beweisanträgen das von den Klägern genannte BFH-Urteil vom 29. Januar 1997 XI R 70/96, BFH/NV 1997, 511). Laut Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 1997 haben die Kläger keine Beweisanträge gestellt. Sie tragen zudem nicht vor, welche Aufklärung sich dem FG hätte aufdrängen müssen. Auch geben sie nicht an, aufgrund welcher konkreten Beweismittel das FG zu der Feststellung hätte gelangen sollen, der geltend gemachte Kfz-Aufwand sei in dem behaupteten Umfang betrieblich veranlaßt gewesen. Statt dessen wendet sich die Beschwerde im wesentlichen gegen die Würdigung des vom FG festgestellten Sachverhalts. Ein etwaiger Fehler wäre jedoch ein Verstoß gegen das materielle Recht und somit der Prüfung im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1998, 608, und vom 5. Januar 1998 V B 76/97, BFH/NV 1998, 727).

b) Die Kläger haben auch den geltend gemachten Verfahrensmangel einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO; Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; vgl. den von den Klägern zitierten BFH-Beschluß vom 11. September 1996 VIII B 58/95, VIII B 59/95, BFH/NV 1997, 298) nicht schlüssig gerügt. Rechtliches Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, daß sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist Sache der Beteiligten (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Anm. 33 sowie Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO Tz. 22 b, jeweils m.w.N.). Das Recht auf Gehör bezieht sich vor allem auf Tatsachen und Beweisergebnisse. Doch folgt aus § 93 Abs. 1 FGO, wonach der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung die Streitsache tatsächlich und rechtlich zu erörtern hat, daß die Beteiligten auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen bewahrt werden sollen (Gräber/von Groll, a.a.O., Anm. 32). Deshalb kommt in besonders gelagerten Fällen eine Verletzung des Rechts auf Gehör in Betracht, wenn das Gericht die Beteiligten nicht auf eine Rechtsauffassung hinweist, die es seiner Entscheidung zugrunde legen will (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. Juli 1997 1 BvR 1934/93, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1997, 2305). Das ist z.B. der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen (oder tatsächlichen) Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 1996 VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124, und vom 31. Juli 1997 III B 31/95, BFH/NV 1998, 325). Ein Beteiligter darf auch nicht mit einer Tatsachenwürdigung überrascht werden, die von keiner Seite vorausgesehen werden konnte. Können die Beteiligten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt Beweismittel benennen, ist das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, seine vorläufige Beweiswürdigung während des Verfahrens offenzulegen (BVerfG-Beschluß in NJW 1997, 2305). Regelmäßig besteht somit weder eine umfassende Aufklärungs- oder Hinweispflicht noch eine Pflicht zum allgemeinen Rechtsgespräch. Vielmehr genügt es, daß die Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten (BFH-Urteil vom 21. März 1996 XI R 82/94, BFHE 180, 316, BStBl II 1996, 518, m.w.N.).

Im Streitfall hatten die Kläger ausreichend Gelegenheit, sich zu der Streitsache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern. Sie konnten zu den dem Urteil zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen Stellung nehmen und sich auf die möglichen rechtlichen Folgerungen durch das Gericht einstellen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte bereits in der Einspruchsentscheidung im einzelnen aufgeführt, daß ein Fahrtenbuch nicht geführt worden sei und die aufgelisteten Fahrten nicht zu einem höheren betrieblichen Nutzungsanteil führten. Das lag z.B. daran, daß die geltend gemachte betriebliche Veranlassung nicht zeitnah festgehalten und trotz Aufforderung nicht belegmäßig nachgewiesen worden war. Das FA ist deshalb davon ausgegangen, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei Einkaufsfahrten neben beruflichen Besorgungen auch private miterledigt worden seien. Insbesondere hat das FA berücksichtigt, daß der sonst ohne besonderen Nachweis regelmäßig anzusetzende private Nutzungsanteil von 30 bis 35 % nicht angesetzt werden könne, weil der Streitfall einen Zahnarzt betrifft, der Patienten so gut wie nicht oder gar nicht aufsucht und zudem Fahrten zwischen Wohnung und Praxis ausfielen. Diese Auffassung hatte das FA im Klageverfahren aufrecht erhalten. Dennoch haben die durch ihren Bevollmächtigten vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG keine weiteren Belege vorgelegt. Unter diesen Umständen ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von den Klägern weder dargetan noch sonst ersichtlich.

2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die Kläger räumen selbst ein, daß das FG nicht von dem Senatsurteil vom 6. März 1980 IV R 93/76 (nicht veröffentlicht --NV--) abgewichen ist. Es ging dort ebenfalls um den beruflich bedingten Anteil der Kfz-Kosten eines Zahnarztes, der kein Fahrtenbuch geführt hatte und bei dem keine Fahrten zwischen Wohnung und Praxis angefallen waren. Der erkennende Senat setzte den betrieblichen Anteil damals mit nur 10 % an, obwohl die Vorinstanz 25 % anerkannt hatte. Das FG ist auch nicht von dem BFH-Urteil vom 4. September 1996 XI R 20/96 (BFH/NV 1997, 336) abgewichen. Der dort entschiedene Sachverhalt ist mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Der BFH entschied damals darüber, ob die Schätzung des Privatanteils der Kfz-Kosten eines selbständig tätigen Rechtsanwaltes mit 15 % zu hoch war. Dazu führte der BFH wie die Vorinstanz aus, daß eine solche Schätzung an der unteren Grenze liege. Im übrigen ist es ständige Rechtsprechung, daß das FG zur Schätzung des privaten Nutzungsanteils berechtigt ist, wenn der Steuerpflichtige keine objektiv nachprüfbaren Unterlagen (wie z.B. ein Fahrtenbuch) vorlegt (BFH-Urteil vom 28. November 1990 X R 119/88, BFH/NV 1991, 306). Handelt es sich um ein besonders großes oder teures Fahrzeug, so kann der private Nutzungsanteil weit über den im Streitjahr sonst üblichen Anteil von 20 bis 25 % hinaus geschätzt werden (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1987 III R 267/84, BFH/NV 1989, 300).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der BFH (vgl. z.B. Beschluß vom 11. April 1996 V B 133/95, BFH/NV 1996, 718) es nicht beanstandet hat, wenn das FA die Kosten der unternehmensfremden Verwendung nach der 1 %-Regelung schätzt. Auch hier handelt es sich um eine Frage des Einzelfalls. Mit der Frage, wie ein Arbeitnehmer den in der Überlassung eines Kfz liegenden Vorteil zu besteuern hat, hat das nichts zu tun (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 146/88, BFHE 168, 194, BStBl II 1992, 700, und Beschluß vom 20. August 1997 VI B 83/97, BFHE 183, 568, BStBl II 1997, 667).

3. Unter diesen Umständen kommt der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage nach der Höhe der Schätzung auch keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), weil sie weitgehend von der tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalls abhängt (vgl. BFH-Beschluß vom 11. April 1996 V B 133/95, BFH/NV 1996, 718). Zwar ist das Senatsurteil vom 6. März 1980 IV R 93/76 (NV) für die Jahre 1968 bis 1970 ergangen. Das ändert aber nichts daran, daß bei einem Zahnarzt, der keine objektiv nachprüfbaren Unterlagen (wie z.B. ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch) vorlegt, auch heute noch der private Nutzungsanteil für ein teures Fahrzeug besonders hoch anzusetzen ist, wenn --wie bei einem Zahnarzt-- erfahrungsgemäß keine Fahrten zu Patienten und wie hier keine Fahrten zwischen Wohnung und Praxis anfallen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der seit dem 1. Januar 1996 geltenden Fassung die private Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen ist. Unabhängig davon, ob diese Regelung --wie die Kläger meinen-- im Hinblick auf entsprechende Richtlinien (Abschn. 31 Abs. 7 Satz 3 Nr. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien) bereits im Streitjahr angewandt werden kann, setzt sie voraus, daß es sich bei dem Kfz um Betriebsvermögen handelt. Davon kann der Senat indes im Streitfall mangels entsprechender Darlegung in der Beschwerde nicht ausgehen. Der Kläger ermittelt nämlich seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG.

Ende der Entscheidung

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