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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: IV B 34/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 74
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger war bis zum 30. Juni 1992 Gesellschafter der in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Musikband (im Folgenden: GbR). Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden war es zu Rechtsstreitigkeiten gekommen. Hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Anteile an künftigen Verwertungserlösen der unter seiner Mitwirkung entstandenen Musikaufzeichnungen kam eine Vereinbarung darüber zustande, auf welche Weise und in welchem Umfang der Kläger an den Erlösen zu beteiligen sein sollte.

Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr (1992) schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gemäß §§ 155 Abs. 2 und 162 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) die auf den Kläger entfallenden Einkünfte aus seiner Beteiligung an der GbR. Dabei wurden auch Lizenzforderungen der GbR berücksichtigt, die nach Meinung des FA im Rahmen einer Auseinandersetzungsbilanz wegen des insoweit erforderlichen Übergangs von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Betriebsvermögensvergleich zu berücksichtigen waren. Rückstellungen wegen drohender Schadensersatzforderungen der ehemaligen Mitgesellschafter gegen den Kläger berücksichtigte das FA nicht. Der Kläger könne in seinem Einzelunternehmen keine Rückstellungen für Schadensersatzleistungen im Zusammenhang mit der GbR bilden. In die nach §§ 155 Abs. 2 und 162 Abs. 3 AO 1977 vorzunehmende Schätzung des Gewinns beim Ausscheiden des Klägers könnten Rückstellungen nicht eingehen, weil die Einkünfte nach dem Ausscheiden in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln seien.

Nach insoweit erfolglosem Einspruch machten die Kläger mit der Klage geltend, die Lizenzeinnahmen seien nach Vereinnahmung zu erfassen, während für die Schadensersatzansprüche Rückstellungen gebildet werden müssten. Das FA hält zwischenzeitlich, nach Abschluss einer Außenprüfung bei der GbR, nicht mehr an seiner Auffassung fest, die Lizenzforderungen seien im Rahmen eines Übergangsgewinns der GbR zu erfassen.

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung betreffend das Verfahren wegen Einkommensteuer 1992 wurde am 15. September 2005 festgestellt, dass der Gewinnfeststellungsbescheid 1992 für die GbR bis dahin nicht bestandskräftig geworden war.

Daraufhin beschloss das Finanzgericht (FG), das Verfahren nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu einer abschließenden Entscheidung im Verfahren der GbR gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1992 auszusetzen. Würden in einem Verfahren gegen einen Folgebescheid Einwendungen erhoben, über die in einem gesonderten Grundlagenverfahren zu entscheiden sei, müsse das FG regelmäßig das den Folgebescheid betreffende Verfahren so lange aussetzen, bis eine abschließende Entscheidung im Grundlagenverfahren herbeigeführt sei. Über die im hiesigen Klageverfahren streitigen Fragen sei vorrangig im Gewinnfeststellungsverfahren zu entscheiden. Dort neige der Senat allerdings dazu, dass eine fiktive Zwischenbilanz hätte aufgestellt werden müssen, in der auch eine Rückstellung hätte gebildet werden können.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde machen die Kläger geltend, sie hätten einen Anspruch darauf, entsprechend ihrer Einkommensteuererklärung veranlagt zu werden. Das Klagevorbringen betreffe nicht die Einkünfte aus der Beteiligung an der GbR, sondern die Einkünfte des Klägers als Einzelunternehmer, auch soweit es um die Bildung von Rückstellungen gehe. Hierüber sei abschließend im Einkommensteuerbescheid zu entscheiden. Soweit später Änderungen des Gewinnfeststellungsbescheids erfolgen sollten, wären diese durch nachträgliche Änderungen des Einkommensteuerbescheids zu berücksichtigen. Im Übrigen sei bisher nicht beachtet worden, dass die Beteiligung an der GbR Betriebsvermögen des Einzelunternehmens sei, so dass alle Kosten im Zusammenhang mit der Beteiligung im Einzelunternehmen abziehbar seien. Der Kläger könne auch auf Erklärungen der GbR bezüglich abziehbarer Kosten nicht einwirken.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den Beschluss des FG vom 15. September 2005 aufzuheben.

Das FA hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Es hält die Aussetzung des Verfahrens aber für zutreffend. Die Kläger könnten im Verfahren über den Gewinnfeststellungsbescheid Sonderbetriebsausgaben geltend machen. Auch soweit der Anteil an der GbR Betriebsvermögen des Einzelunternehmens sein sollte, müsse der Gewinnanteil außerhalb der eigenen Steuerbilanz zugerechnet werden.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

Nach § 74 FGO kann ein Verfahren ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet oder von einer anderen Verwaltungsbehörde als der beklagten Behörde festzustellen ist. Die Entscheidung des FG über die Aussetzung des Verfahrens ist eine Ermessensentscheidung.

a) Da nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Klage gegen den Folgebescheid auch insoweit zulässig ist, als Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid erhoben werden, ist es nach Auffassung des BFH allerdings regelmäßig geboten und zweckmäßig, dass das FG den Streit um die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheids aussetzt, solange noch unklar ist, ob und wie der (ebenfalls) angegriffene Grundlagenbescheid geändert wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 1988 IX B 18/88, BFH/NV 1989, 525, m.w.N.).

Das gilt auch, wenn die Finanzbehörde zunächst einen Steuerbescheid (Folgebescheid) erlassen hat und der Grundlagenbescheid noch nachgeholt werden soll (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1989, 525, und BFH-Urteil vom 7. November 1996 IV R 72/95, BFH/NV 1997, 574). Die im Folgebescheid nach § 155 Abs. 2 AO 1977 vorläufig angesetzten Besteuerungsgrundlagen müssten anderenfalls unberücksichtigt bleiben; denn in einem Rechtsstreit über den Folgebescheid kann nicht geklärt werden, was im Verfahren über den Grundlagenbescheid zu klären ist. Das FG übt danach sein Ermessen fehlerfrei aus, wenn es in einem solchen Fall die Aussetzung des Verfahrens beschließt.

b) Im Streitfall ist über die von den Klägern begehrte Bildung einer Rückstellung für Schadensersatzverpflichtungen vorrangig in dem Verfahren betreffend die Gewinnfeststellung der GbR zu entscheiden. Sollte die Rückstellung im Rahmen einer Sonderbilanz des Klägers erfasst werden können, käme eine Rückstellungsbildung im Einzelunternehmen des Klägers schon deshalb nicht mehr in Betracht.

Entgegen der Ansicht der Kläger sind Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Beteiligung an der GbR auch nicht dann im Rahmen des Einzelunternehmens zu erfassen, wenn die Beteiligung Betriebsvermögen des Einzelunternehmens wäre. Das FA hat diesbezüglich zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beteiligung an einer Personengesellschaft steuerrechtlich nicht als ein Wirtschaftsgut behandelt wird und auch bei der Ermittlung des Gewinns, den der Gesellschafter aus einem Einzelunternehmen erzielt, nicht berücksichtigt wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. September 1976 I R 171/75, BFHE 120, 222, BStBl II 1977, 259, und vom 22. Januar 1981 IV R 160/76, BFHE 132, 538, BStBl II 1981, 427).



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