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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.12.1998
Aktenzeichen: IV B 42/98
Rechtsgebiete: FGO, EStG
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 | |
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 |
Gründe
Von einer Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dabei kann dahinstehen, ob --wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) meint-- der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt und bezeichnet hat. Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
1. Die Rechtssache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
a) Die von dem Kläger aufgeworfene Frage, ob die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte auch dann gilt, wenn der Steuerpflichtige in seiner Wohnung eine eigene Betriebsstätte unterhält, in der er die eigentliche geistige Leistung seiner gesamten betrieblichen Tätigkeit erbringt, ist nicht weiter klärungsbedürftig. Mit Urteil vom 7. Dezember 1988 X R 15/87 (BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421) hat der Bundesfinanzhof (BFH) für den Fall des in einer Einliegerwohnung unterhaltenen häuslichen Arbeitszimmers entschieden, daß die mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG angestrebte Gleichbehandlung der Fahrtkosten bei Selbständigen und Arbeitnehmern eine möglichst genaue und verläßliche Abgrenzung zwischen den beschränkt abzugsfähigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte einerseits und den unbeschränkt abzugsfähigen Aufwendungen für Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten andererseits verlange. Danach greift § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG auch dann ein, wenn die Betriebsstätte ein baulich nicht getrennter Teil der Wohnung ist, keine in sich geschlossene Einheit bildet und die Wohnung dem Ganzen das Gepräge gibt. Doch sind die baulichen Gegebenheiten, d.h. die räumliche Trennung, nicht erheblich, wenn sich die Betriebsstätte in unmittelbarer Nähe der Wohnung befindet (BFH-Urteil in BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421). Entscheidend ist vielmehr, daß das Wohnhaus oder die Wohnung Ausgangs- und Endpunkt der täglichen Fahrten ist, und zwar unabhängig davon, welchen Raum der Steuerpflichtige jeweils unmittelbar vor oder nach der Fahrt als ersten aufsucht. An diesen Grundsätzen hat der BFH in dem Urteil vom 16. Februar 1994 XI R 52/91 (BFHE 174, 65, BStBl II 1994, 468) sogar für den Fall einer Zweigstelle festgehalten (vgl. auch Urteil vom 21. März 1995 XI R 93/94, BFH/NV 1995, 875). Der erkennende Senat hat wiederholt entschieden, daß trotz des Trends zur Bildung örtlich getrennter Kanzleien die Fahrten eines Rechtsanwalts von seinem häuslichen Büro, in dem er auch Mandanten empfing, zu der in einem anderen Ort gelegenen Kanzlei nach dem Willen des Gesetzgebers nur beschränkt abzugsfähig sind (vgl. Senatsbeschluß vom 8. Dezember 1994 IV B 34/94, BFH/NV 1995, 595, m.w.N.). Eigentlicher Zweck dieser Fahrten ist nämlich das regelmäßige Aufsuchen der Betriebsstätte und die Rückkehr zur Wohnung (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1995 IV R 74/94, BFH/NV 1996, 117). Der Charakter dieser Fahrten verliert sich nach der Rechtsprechung des BFH selbst dann nicht, wenn in dem häuslichen Büro familienfremde Arbeitskräfte angestellt sind, Kunden oder Mandanten empfangen werden oder sogar der größte Teil des Umsatzes von dort aus getätigt wird (vgl. BFH-Urteile vom 11. Dezember 1987 III R 183/84, BFH/NV 1988, 357, und vom 27. Oktober 1993 I R 99/92, BFH/NV 1994, 701, m.w.N.). Regelungszweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG ist es nämlich, daß die Aufwendungen der Gewerbetreibenden und Freiberufler für diese regelmäßigen Fahrten nur in demselben Umfang wie die entsprechenden von Arbeitnehmern berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 5/95, BFH/NV 1997, 279).
b) Geklärt ist ferner, daß demgegenüber Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen mehreren beruflichen Niederlassungen unbegrenzt abzugsfähig sind, und zwar auch dann, wenn sich eine der Niederlassungen und die Wohnung im selben Gebäude befinden (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 701). Doch unterhält der Steuerpflichtige --ungeachtet des Umfangs der betrieblichen Nutzung-- im sog. Wohnbereich auch dann keine Betriebsstätte in diesem Sinne, wenn sich die häusliche Betätigung als notwendige Vor- oder Nacharbeit für die "Außenbetätigung" darstellt (zuletzt BFH-Urteile vom 19. August 1998 XI R 90/96, BFH/NV 1999, 41; vom 22. April 1998 XI R 59/97, BFH/NV 1998, 1216, und in BFH/NV 1997, 279), es sei denn, der Steuerpflichtige würde in diesem im häuslichen Bereich angesiedelten Arbeitsraum den Kernbereich seiner Tätigkeit erbringen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 701). Da das Finanzgericht (FG) jedoch festgestellt hat, daß der Kläger den eigentlichen Kernbereich seiner Tätigkeit in X erbrachte, besteht kein Klärungsbedarf (vgl. Dürr, in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rz. 32, m.w.N.).
Schließlich ist bereits geklärt, daß Fahrten zwischen der Wohnung und ständig wechselnden Beschäftigungsstellen unbeschränkt abzugsfähig sind, weil sich der Steuerpflichtige in diesem Fall nicht durch eine entsprechende Wohnsitznahme einrichten kann (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 279).
2. Aus diesen Ausführungen ergibt sich zugleich, daß das angefochtene Urteil nicht auf einer Abweichung von der Rechtsprechung des BFH beruht. Insbesondere liegt keine Divergenz zu dem BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 701 vor. Allerdings hat der BFH dort ausgeführt, daß die Frage, ob Ausgangs- und Endpunkt der Fahrt zur Beschäftigungsstelle die Wohnung oder eine Betriebsstätte sei, vom FG unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten sei. Von diesem Rechtsgrundsatz ist indes das FG ausdrücklich ausgegangen. Ob seine Würdigung des Sachverhalts zutreffend oder zwingend ist, ist für das Vorliegen einer Divergenz unerheblich (BFH-Beschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211).
3. Zu Recht weist das FA zum angeblichen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der mangelnden Sachverhaltsaufklärung darauf hin, daß es sich insoweit um einen verzichtbaren Verfahrensmangel handelt (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152 unter II. 3. c bb) und der Kläger in der Beschwerdeschrift nicht angegeben hat, welche benannten und welche möglichen Beweismittel das FG übergangen oder nicht ausgeschöpft habe. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 19. November 1997 hat der durch seinen jetzigen Bevollmächtigten vertretene Kläger keine weiteren Beweisanträge gestellt und auch den jetzt behaupteten Verfahrensmangel nicht gerügt. Auch hat er nicht dargetan, was das Ergebnis der nicht vorgenommenen Sachaufklärung mutmaßlich gewesen wäre (vgl. zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht z.B. den BFH-Beschluß vom 12. März 1998 III B 21/97, BFH/NV 1998, 1233).
4. Ob der Kläger in seinem Schriftsatz vom 5. Juni 1998 Gründe für eine Zulassung der Revision ordnungsgemäß vorgetragen hat, kann dahinstehen. Denn sie wären erst nach Ablauf der Beschwerdefrist und damit verspätet vorgebracht worden (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Juli 1996 VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124, m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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