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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.04.2002
Aktenzeichen: IV B 51/01
Rechtsgebiete: AO 1977, 2.FGOÄndG


Vorschriften:

AO 1977 § 164
AO 1977 § 164 Abs. 2 Satz 1
AO 1977 § 165
AO 1977 § 165 Abs. 2
AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 1
2.FGOÄndG Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Sie ist --sofern nicht bereits unzulässig-- jedenfalls unbegründet.

1. Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757) richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften (FGO a.F.), wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Das ist hier der Fall.

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) zuzulassen.

Eine Rechtssache hat u.a. dann keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sich die Lösung unmittelbar aus dem Gesetz herleiten lässt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 28, m.w.N.). Das ist hier der Fall.

a) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gehen unzutreffend davon aus, das Finanzamt (FA) sei verpflichtet, einen Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung --AO 1977--) oder einen Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 AO 1977) um einen entsprechenden Hinweis zu ergänzen, wenn die Möglichkeit bestehe, dass der betreffende Steuerbescheid auch wegen Erlasses oder Änderung eines Grundlagenbescheides nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geändert werden könne. Die Änderungsvorschriften des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 einerseits und der §§ 164 Abs. 2 Satz 1 und 165 Abs. 2 AO 1977 andererseits unterscheiden sich in grundlegender Weise. Die Änderungsmöglichkeiten nach §§ 164 Abs. 2 Satz 1 und 165 Abs. 2 AO 1977 hängen davon ab, dass der ursprüngliche Verwaltungsakt eine Regelung, d.h. eine behördliche Willenserklärung, über den Vorbehalt der Nachprüfung oder die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung enthielt. Dagegen besteht die Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 wegen Erlasses oder Änderung eines Grundlagenbescheides kraft Gesetzes, unabhängig davon, ob sie im Folgebescheid --der dem Grundlagenbescheid zeitlich vorangegangen sein kann-- angeordnet ist. Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Folgebescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, vorläufig oder ohne jede Zusatzbestimmung ergangen ist. Folglich erübrigt sich auch ein Hinweis auf die Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 im Folgebescheid - so wie sich beispielsweise in einem zivilrechtlichen Vertrag der Hinweis auf gesetzliche Anfechtungs- oder Kündigungsrechte erübrigt.

b) Es bedarf offenkundig auch keiner höchstrichterlichen Klärung, dass in einem Fall wie dem Streitfall der Tatbestand der Verwirkung nicht erfüllt ist. Bestand keine Pflicht des Beklagten und Beschwerdegegners (FA), auf die Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 hinzuweisen, so kann die Verwirkung auch nicht durch reinen Zeitablauf eingetreten sein (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. August 1993 VII R 69/91, BFHE 173, 1, BStBl II 1995, 846 unter II. 2. f). Die Kläger mussten --solange die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen war-- mit der Möglichkeit einer Änderung des Einkommensteuerbescheides rechnen.

c) Auch der Umstand, dass der ursprüngliche Steuerbescheid vom 22. November 1995 eine Steuererstattung zur Folge hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn man der Meinung sein wollte, ein klarstellender Hinweis des FA auf den noch ausstehenden Grundlagenbescheid und die damit verbundene Möglichkeit einer Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 wäre trotz Fehlens einer entsprechenden Verpflichtung sinnvoll gewesen, um die Kläger auf die Ratsamkeit einer Steuerrücklage hinzuweisen, so kämen zur Kompensation des Unterlassens eines solchen Hinweises allenfalls Maßnahmen der Stundung in Betracht. Dagegen lässt sich nicht ernstlich in Betracht ziehen, das Unterbleiben einer solchen Klarstellung müsse dazu führen, dass die von den Klägern geschuldeten Mehrsteuern überhaupt nicht eingefordert werden dürften.

3. Die Verfahrensrüge ist nicht in zulässiger Weise erhoben (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 66, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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